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Die Geschichte eines Sommers

Die Geschichte eines Sommers

Titel: Die Geschichte eines Sommers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wingfield Jenny
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umgebracht hast, weil er mit Tante Bernice rumgemacht hat.«
    Toy hatte wieder angefangen zu schnitzen, aber diesmal sah er sie dabei an. Swan glaubte, noch nie so durchdringend grüne Augen gesehen zu haben. Toys zottige rostfarbene Augenbrauen waren etwas in die Höhe gewandert. Sie hatte einen empfindlichen Nerv getroffen und wünschte, sie hätte es nicht getan. Immerhin kannte sie jetzt die Antwort auf ihre Frage.
    »Pass bloß auf, wie du über deine Tante Bernice redest«, sagte Toy. Seine Stimme klang heiser, als wäre seine Kehle ganz trocken. »Und jetzt beweg deinen kleinen Hintern und verschwinde.«
    »Aber ich hab das doch nicht böse gemeint«, protestierte Swan. Toy antwortete nicht, sondern zog stattdessen einen dreckigen alten Lappen hinter der Kasse hervor und fing an, die Theke zu wischen, die eigentlich gar nicht gewischt werden musste.
    »Ich wollte mich doch nur mit dir unterhalten.«
    Toy blickte nicht mal auf, sondern rieb immer weiter an einem imaginären Fleck herum. Swan existierte für ihn nicht mehr.
    Sie drehte den Kopf zum Fenster. Sie würde den Laden nicht verlassen, nur weil Onkel Toy es ihr befohlen hatte. Unter Schimpf und Schande den Rückzug anzutreten, das war nicht ihr Stil. Vor dem Haus hielt ein glänzend roter Chevrolet-Apache-Kleinlaster an der Zapfsäule. Der Fahrer, ein Mann mit scharfen Gesichtszügen und rabenschwarzem Haar, drückte auf die Hupe. Neben ihm auf dem Vordersitz saß eine Frau. Sie war mollig, hatte mittelblonde Haare und hielt ein Baby im Arm. Ein nur wenig größeres Kind stand zwischen der Frau und ihrem Mann auf dem Sitz, und hinten im Wagen saßen zwei Jungen von etwa vier und acht Jahren. Der Mann mit den scharfen Gesichtszügen drückte wieder auf die Hupe, diesmal länger.
    Swan warf einen besorgten Blick zu Onkel Toy hinüber, der den Putzlappen wieder hinter die Kasse steckte und sich ganz offensichtlich Zeit ließ.
    »Verdammt noch mal!«, brüllte der Mann an der Zapfsäule und stieg hastig aus dem Lieferwagen. Er war sehr klein, etwa einen Meter sechzig, wirkte jedoch ziemlich kräftig, denn er war drahtig und muskelbepackt. Mit schnellen Schritten lief er auf den Laden zu, Kopf und Schultern vorgestreckt, als wollte er alle in seinem Innern nach draußen zerren und zu Staub zertrampeln. Als er die Tür erreichte, trat Toy heraus, sodass sie mit voller Wucht zusammenstießen. Der kleine Mann knallte mit dem Kopf gegen Toys Zwerchfell. Eigentlich hätte ein solcher Zusammenprall ihn zu Boden werfen müssen, doch er wurde nur abrupt abgebremst, trat einen Schritt zurück, legte den Kopf in den Nacken und starrte Toy wütend an.
    Inzwischen war Swan von der Eiscremetruhe heruntergerutscht und hatte sich zur Tür geschlichen. Einen Moment lang glaubte sie, der kleine Mann würde Onkel Toy ins Gesicht spucken. Anscheinend hatte er nie etwas von der Sache mit Yam Ferguson gehört.
    »Kann ich etwas für Sie tun, Mr Ballenger?«, fragte Toy locker.
    »Sie könnten mir was von Ihrem verdammten Benzin in die Karre tun, wenn’s Ihnen nicht zu viel Mühe macht«, blaffte Mr Ballenger. Seine Augen, die so schwarz waren, dass man nicht sehen konnte, wo die Pupille aufhörte und die Iris begann, sprühten Funken.
    »Kein Problem«, sagte Toy gelassen und trat an Ballenger vorbei ins Sonnenlicht. Swan folgte ihm mit ein paar Schritten Abstand, sodass ihr Onkel sie nicht sehen konnte. Während Toy das Benzin einfüllte, beobachteten ihn die beiden Jungen schweigend vom Rücksitz des Wagens aus. Ihre Haare und Augen waren genauso schwarz wie die ihres Vaters. Und obwohl ihre Gesichter noch etwas Weiches und Kindliches hatten, war die Ähnlichkeit mit dem Mann nicht zu übersehen.
    »Na, wie geht’s euch beiden?«, fragte Toy. Die Jungen saßen steif wie Zinnsoldaten da und starrten ihn an. Die Frau mit dem Baby drehte sich ein wenig nach hinten und lächelte, allerdings nur leicht. Toy hatte das offenbar nicht mitbekommen, was gut so war, denn ihr Mann hatte es bemerkt. Swan beobachtete, wie seine stechend schwarzen Augen zwischen seiner Frau und Toy hin- und herhuschten. Die Frau drehte sich wieder nach vorn, und Toy tankte den Wagen voll und hängte den Zapfhahn ein.
    »Was macht das?«, fragte Ballenger mit breiter Brust und spielte dabei an seinem Gürtel herum, fuhr mit den Fingern über die Schnalle. Dabei grinste er auf eine Weise, als wüsste er von etwas, das sonst noch niemand ahnte.
    »Heute kostet’s nichts«, sagte Toy.
    Ballenger starrte erst

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