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Die Geschichte eines Sommers

Die Geschichte eines Sommers

Titel: Die Geschichte eines Sommers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wingfield Jenny
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gewischt und erklärt, sie hätte keinen Grund zu weinen. Es wäre alles überhaupt nur ihre Schuld gewesen, weil sie ihn so verrückt gemacht hätte, und außerdem hätte er es halt einfach wissen müssen. Er hätte niemals eine Frau lieben können, die bereits von einem anderen Mann benutzt worden war.
    Das Wort »benutzt« hätte ihr damals zu denken geben müssen. Hätte es. Doch dann hatte er bereits von Heirat geredet, und darüber hatte sie alles andere mehr oder weniger vergessen. Sie hatte nicht gewusst, worauf sie sich da einließ, aber das war ihr schon ziemlich bald klar geworden.
    Ihre Lage bedrückte sie mal mehr, mal weniger. Als sie zum ersten Mal so richtig schlimm gewesen war, als Ras sie das erste Mal mit einem Lederriemen geschlagen hatte, hatte sie ihre Eltern noch angefleht, sie wieder bei sich aufzunehmen. Doch die hatten nur gesagt, sie habe sich ihr Bett gemacht, nun solle sie gefälligst auch darin schlafen. Danach schien es ihr unmöglich zu sein, Ras zu verlassen.
    Und obwohl Geraldine das selbst nicht verstand, gab es auch Zeiten, wo sie ihn gar nicht verlassen wollte . Natürlich war Ras brutal zu ihr, aber hinterher machte er es immer wieder gut. Nach einer Weile war es sogar so, dass die Brutalität ihr gesamtes Leben nur noch intensiver machte, und irgendwie war sie mittlerweile davon überzeugt, dass die Intensität das Höchste überhaupt sei. Selbst zu den Zeiten, in denen sie am liebsten fortgelaufen wäre, fiel es ihr schwer, sich ein Leben ohne »das alles« vorzustellen.
    Ras langte über das etwas größere Kind hinweg, einen Jungen, der gerade in die Gegend starrte und Nase und Mund mit den Fingern erkundete. Er griff seiner Frau unter den Rock, fuhr innen am Oberschenkel entlang und kniff dann rabiat in das empfindliche Fleisch. Geraldine, die immer noch dem Baby – ihr einziges Mädchen – den Rücken klopfte, hielt kurz inne und biss die Zähne zusammen.
    »Ihr Weiber seid doch alle gleich«, sagte Ras. »Wollt immer das, was ihr nicht habt. Na ja, in einer Minute sind wir zu Hause, dann werd ich dir was zeigen, was du noch nie erlebt hast.«
    Wieder dieses Lachen. Es steigerte sich in bedrohliche Höhen, als würde es gleich außer Kontrolle geraten. Sein Lachen konnte urplötzlich umschlagen, Klang und Ausdruck ändern oder einen wie eine Kugel ins Herz treffen. Oder in den Kopf.
    Geraldine blendete Ras einfach aus. Das musste man mit ihm manchmal tun. Einfach an andere Dinge denken, das war die einzige Möglichkeit. Sie versuchte ihren Gedanken wiederzufinden, doch in ihrem Kopf war es träge und düster geworden. Sie wollte die wunderbare Idee unbedingt wiederfinden, diese rosige Idee, die sich um Toy Moses gerankt hatte, den Beschützer der Hilflosen. Doch die Idee hatte ihre Leuchtkraft verloren. Selbst wenn sie sie jetzt wiederfinden würde, würde es nichts bringen. Wenn eine Sternschnuppe erloschen ist, hat es keinen Sinn, sich noch etwas zu wünschen.
    »Womit hat Onkel Toy Yam Ferguson umgebracht?«
    »Was?«
    »Was hat er benutzt? Einen Revolver? Ein Messer? Oder was?«
    Swan saß in der Badewanne, bis zum Hals im Schaum versunken. Ihre Mutter hatte über das Waschbecken gebeugt dagestanden und sich selbst die Haare gewaschen, doch bei Swans Frage war Willadees Kopf fast senkrecht in die Höhe geschnellt, sodass sie sich nun das Shampoo aus den Augen wischen musste.
    »Wer hat dir erzählt, Onkel Toy hätte jemanden umgebracht?«
    »Lovey.«
    »Lovey redet entschieden zu viel.«
    »Sie ist aber nicht die Einzige, die das gesagt hat. Vor langer Zeit hab ich mal gehört, wie du mit Oma Calla darüber geredet hast.«
    Willadee beugte sich wieder über das Waschbecken und hielt den Kopf unter das fließende Wasser. Das Shampoo schäumte auf und lief in Rinnsalen hinab.
    »Und was haben Oma und ich gesagt?«
    »Daran kann ich mich nicht mehr so genau erinnern.«
    »Dann ist es ja gut.«
    »Ich meine nur, wenn ein Verwandter von mir einen Mord begangen hat, dann steht es mir doch wohl zu, die Einzelheiten zu erfahren«, beschwerte sich Swan.
    »Eher steht dir eine Tracht Prügel zu.«
    Willadee nahm eine Haarsträhne und fuhr mit Daumen und Zeigefinger darüber, wollte wissen, ob es quietschte. Als es das tat, warf sie den Kopf zurück, wickelte sich ein Handtuch um die Haare und verließ das Badezimmer.
    »Hat er ihn nun umgebracht oder nicht?« , brüllte Swan ihr hinterher.
    »Ja!«, brüllte ihre Mutter zurück. Es konnte zwar manchmal eine Weile dauern, bis

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