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Die Geschichte von Liebe und Sex

Titel: Die Geschichte von Liebe und Sex Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lutz van Dijk
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Anhänger gewinnt, bezeichnet er sich auch als Sohn Gottes. Maria ist nach frühen christlichen Überlieferungen noch die Mutter von Jesus und Josef sein Vater. Erst später, nach seiner Hinrichtung am Kreuz, berichten Matthäus und Lukas, zwei Anhänger von Jesus, dass Maria keine normale Mutter war, sondern eine Jungfrau, die ihr Kind vom Heiligen Geist empfangen habe.
    Die Geburt von Jesus durch eine junge Frau, die keinen sexuellen Verkehr mit einem anderen Menschen hatte – dieser Gedanke wird das Christentum in den kommenden Jahrhunderten immer wieder inspirieren und herausfordern.

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Weitere Informationen zum biblischen Abraham auch in: van Dijk, Lutz: Die Geschichte der Juden , Frankfurt/M. 2001, S. 18 – 25.

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Von Jungfrauen und Hexen
    Einerseits war Jesus in seinen Moralvorstellungen radikaler als die Juden: Für ihn war es schon ein Sünde, nur an Ehebruch zu denken. Gleichzeitig mildert er diese sehr rigide Moral ab, indem er behauptet, Gott würde selbst schlimmste Verbrechen vergeben, wenn die Sünder sie nur aufrichtig bereuen. Das Credo seiner Bergpredigt »Liebe deinen Nächsten wie dich selbst!« setzte klare Grenzen für Hass, Rache und Ungerechtigkeiten.
    Über das Sexualleben von Jesus ist wenig bekannt. Als Junge war er eher ein Einzelgänger, der mit zwölf Jahren sogar auf deutliche Distanz zu seiner Mutter ging. Als junger Mann umgab er sich mit zwölf männlichen Freunden, seinen Jüngern, die ihn begleiteten und mit denen er mehr oder weniger zusammenlebte. Kinder hatte er vermutlich keine. Gleichwohl gab es immer wieder Theorien, dass Jesus zumindest eine sexuelle Beziehung zu einer Frau hatte, die Maria Magdalena hieß und tatsächlich auch in verschiedenen Bibelstellen erwähnt wird. Einem breiten Publikum wurde diese Theorie in jüngster Vergangenheit durch das Buch (und den späteren Film) The Da Vinci Code (2003) des US-Amerikaners Dan Brown (* 1946) bekannt.
    |91| Zu den eifrigsten Anhängern von Jesus wurde um das Jahr 32 der Jude Saulus, der bis dahin die Verfolgung und Ermordung der ersten Christen unterstützt hatte. Er war damals Anfang 20, benannte sich um in Paulus und begann, neue christliche Gemeinden in Zypern, Kleinasien und Griechenland, hier vor allem in Korinth, zu gründen. In seinen Briefen an die Korinther legt er seine fundamentalistischen Vorstellungen über Liebe und Sex dar, die darin gipfeln, dass er selbst die Ehe nur als Notlösung »für die Schwachen« ansieht, die ihrer sexuellen Nöte nicht anders Herr werden könnten. »Weder die Hurer noch die Abgöttischen noch die Ehebrecher noch die Weichlinge noch die Knabenschänder werden«, so Paulus (1. Korinther 6,9), jemals »das Reich Gottes ererben«. Dies sei denen vorbehalten, die allem Sex entsagen. Die Römer scheren sich wenig um seine Ideale und lassen ihn um 60 n. Chr. in Rom öffentlich als Aufrührer hinrichten.
    Nach Paulus hat der Kirchenlehrer und spätere Bischof Augustinus (354 – 430) den wohl größten Einfluss auf christliche Sexualmoral. Augustinus lebte bereits zu einer Zeit, in der die Christenverfolgung eingestellt worden waren und das Christentum toleriert wurde. Zu seinen Lebzeiten, im Jahr 380, wurde es sogar zur römischen Staatsreligion. In seiner Jugend gab sich Augustinus, wie er in seinen später ausführlich niedergeschriebenen Bekenntnissen zugab, selbst ausgiebig der Lust hin: Er begann mit Sex als 15-jähriger Junge und hatte mit 17 bereits eine feste Geliebte, mit der er auch mindestens ein Kind zeugte. Nach seiner Bekehrung zum Christentum mit 34 Jahren beschreibt er diese erste Liebesbeziehung als Selbstbeschmutzung und quält sich mit der Frage, warum Gott die sexuelle Lust überhaupt in der Welt zugelassen hat. Nach langem Grübeln entscheidet er, dass Gott nichts damit zu tun hat und sexuelle Lust Teufelswerk ist. Augustinus zufolge gab es auch im Paradies keine Lust – bis Eva eines Tages die Lust und die Sünde durch den Biss in den verbotenen Apfel einführte. Da nach der Vertreibung aus dem Paradies Adam und Eva zu normal sterblichen Menschen wurden, ist die sexuelle Lust auch für Krankheit, Tod und Verderben generell verantwortlich.
    Seine Gedanken wurden von vielen christlichen Kirchenvätern in den kommenden Jahrhunderten immer wieder aufgegriffen und weitergesponnen: Frauen insgesamt seien besonders gefährdet, sich der unkontrollierten |92| Lust hinzugeben. Es sei daher völlig unmöglich, dass Maria Gottes Sohn durch einen so

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