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Die Geschichte von Zeb: Roman (German Edition)

Die Geschichte von Zeb: Roman (German Edition)

Titel: Die Geschichte von Zeb: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Atwood
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bin, kann ich nicht mehr für deine Sicherheit garantieren. Nimm mit deinem Springer meinen Läufer.«
    »Das wäre ein schlechter Zug«, sagte Zeb. »Das eröffnet den Weg zu …«
    »Nimm ihn einfach«, sagte sie ruhig. »Behalt ihn in der Hand. Ich habe einen anderen, den ich in die Schachtel zurücklegen werde. Niemand wird merken, dass ein Läufer fehlt.«
    Zeb bettete den Läufer in seine Hand. Solche Tricks hatte er bei Slaight gelernt, damals in seiner Zeit in der Schwimmenden Welt. Geschickt schob er ihn in seinen Ärmel.
    »Was soll ich denn damit?«, fragte er. Wenn Pilar nicht mehr da war, wäre er allein auf einsamer Flur.
    »Nur abliefern«, sagte sie. »Ich fälsche dir einen Tagespass mit einer passenden Geschichte; man wird dich fragen, was du im Plebsland zu schaffen hast. Sobald du den HelthWyzer-Komplex verlassen hast, wartet eine neue Identität auf dich. Nimm den Läufer mit. Es gibt eine Sexclub-Kette namens Scales and Tails, guck’s im Netz nach. Such die nächstgelegene Zweigstelle auf. Das Passwort lautet ölig . Man wird dich reinlassen. Dort gibst du den Läufer ab. Er enthält etwas; die Leute dort werden wissen, wie man ihn öffnet.«
    »Bei wem soll ich ihn abgeben?«, fragte Zeb. »Was ist denn da überhaupt drin? Wer sind die Leute dort ?«
    »Vektoren«, sagte Pilar.
    »In welchem Sinne?«, fragte Zeb. »Mathematische Vektoren?«
    »Sagen wir, biologische. Vektoren für Bioformen. Und diese Vektoren stecken wiederum in anderen Vektoren, die wie Vitaminpillen aussehen: drei Sorten, weiß, rot und schwarz. Und die Pillen stecken in einem anderen Vektor, nämlich dem Läufer. Und der wird wiederum von einem Vektor transportiert, nämlich von dir.«
    »Was ist das, in den Pillen? Drogen? Computerchips?«
    »Mitnichten. Frag besser nicht«, sagte Pilar. »Aber was immer du tust, schluck niemals eine dieser Pillen. Wenn du das Gefühl hast, du wirst beschattet, lass den Läufer in irgendeinen Gully fallen.«
    »Und was ist mit Glenn?«, fragte Zeb.
    »Schachmatt«, sagte Pilar und stieß seinen König um. Lächelnd stand sie auf. »Glenn wird seinen Weg machen«, sagte sie. »Er weiß nicht, dass sein Vater ermordet wurde. Er weiß es noch nicht. Oder nicht direkt. Aber er ist sehr gescheit.«
    »Sie meinen, er wird selber draufkommen«, sagte Zeb.
    »Hoffentlich nicht zu bald«, sagte Pilar. »Er ist zu jung für so eine schlechte Nachricht. Er wird vielleicht nicht in der Lage sein, den Dummen zu spielen, anders als du.«
    »Ist nicht nur gespielt«, sagte Zeb. »Zum Beispiel, ganz konkret, wo wechsle ich meine Identität? Und wie komme ich an den Pass?«
    »Geh in den MaddAddam-Chatroom, dort wartet ein volles Paket auf dich. Dann verwischst du dein aktuelles Gateway. Du kannst es dir nicht leisten, auf diesen Rechnern Abdrücke zu hinterlassen.«
    »Heißt das, neue Gesichtsbehaarung?«, fragte Zeb, um die Stimmung aufzuheitern. »Für meine neue Identität? Und peinliche Hosen?«
    Pilar lächelte. »Ich hatte meinen Beeper die ganze Zeit ausgeschaltet«, sagt sie. »An Barbecuetagen dürfen wir das, solange wir in Sichtweite bleiben. Ich schalte ihn jetzt wieder an. Sag nichts, was andere nicht hören dürfen. Gute Reise.«

Scales and Tails
    Zeb holte seinen USB -Stick aus dem Versteck in der Schreibtischschublade, entfernte die Hustenbonbons, die wie Seepocken daran festklebten, aktivierte auf seinem Rechner Hallo Darmparasit!, schlüpfte in das gierige Maul des blinden Albtraumwurms und gelangte per Lotusblatt-Pathway in den MaddAddam-Chatroom. Und siehe da, dort wartete schon sein Instruktionspaket, wobei nichts darauf hindeutete, wer es ihm hinterlassen hatte. Er öffnete das Paket, merkte sich den Inhalt, hastete zurück und verwischte dabei seine Spuren. Dann zertrümmerte er den USB -Stick – genauer gesagt legte er ihn unter den Fuß seines Bettes und spang mehrmals aufs Bett –, um anschließend die Teile in verschiedenen Toiletten herunterzuspülen. Die Metall- und Plastikteile wären für sich genommen nicht so leicht runtergegangen, aber wenn man sie einbettet in …
    »Schon gut«, sagt Toby. »Ich bin im Bilde.«
    Zebs neuer Name war Hektor. Hektor der Vektor, dachte er sich. Irgendwer hatte einen ziemlichen bescheuerten Humor, aber dass es Pilar war, bezweifelte er: Sie war weniger der humorvolle Typ.
    Aber natürlich konnte er seine neue Identität erst dann aktivieren, wenn er Mauern und Überwachungskameras von HelthWyzer West hinter sich gelassen hatte. Bis

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