Die Geschichte von Zeb: Roman (German Edition)
und wird sie immer hören.«
»So wie ich das verstehe«, sagte Toby, »stimmt es genau mit dem überein, was du ihnen erzählt hast. Das ist ihr Evangelium.«
»Weiß ich selber, dass ich ihnen genau den Scheiß erzählt habe!«, sagt Jimmy. »Sie wollten die grundlegenden Dinge wissen, woher sie kommen und was das alles sollte mit den verwesenden Toten vor der Tür. Irgendwas musste ich ihnen ja erzählen.«
»Also hast du dir eine schöne Geschichte ausgedacht«, sagte Toby.
»Hätte ich ihnen die elende Wahrheit erzählen sollen? Also ja. Und ja, ich hätte es etwas schlauer anstellen können, und ja, ich bin kein Supernerd, und ja, Crake muss gedacht haben, ich hätte den IQ einer Aubergine, weil er mich bespielt hat wie ne Maultrommel. Ich könnte kotzen, wenn ich höre, wie sie im Staub kriechen vor diesem elenden Crake und ihm ständig ihre elenden Loblieder singen, sobald nur sein Name auftaucht.«
»Aber es ist die einzige Geschichte, die wir haben«, sagt Toby. »Also müssen wir damit arbeiten. Jetzt, wo ich die Feinheiten verstanden habe.«
»Wie auch immer«, sagt Jimmy. »Übernimm du den Laden. Mach einfach genau so weiter. Du kannst Sachen dazuerfinden, leg dich ruhig ins Zeug, die schlucken alles. Wie ich höre, stehen sie gerade total auf Zeb. Spinn den Plot ruhig weiter, das hat Potenzial. Lass sie nur nie dahinterkommen, was für ne elende Verarschung das Ganze ist.«
»Das ist sehr manipulativ«, sagt Toby. »Mir den schwarzen Peter zuzuschieben.«
»Nee, schon klar«, sagt Jimmy. »Tut mir leid. Wobei du echt gut bist, von dem, was ich so höre. Mach, was du willst; du kannst ihnen immer sagen, sie sollen sich verpissen.«
»Dir ist schon klar, dass wir uns gewissermaßen im Belagerungszustand befinden«, sagt Toby.
»Die Painballer. Klar. Ren hat’s mir erzäht«, sagt er nüchterner.
»Wir dürfen es also nicht zulassen, dass diese Leute zu viel allein durch die Gegend streifen. Sie würden wahrscheinlich umgebracht werden.«
Jimmy denkt darüber nach. »Und jetzt?«
»Du musst mir helfen«, sagt Toby. »Wir sollten unsere Geschichten abgleichen. Ich tappe die ganze Zeit im Dunkeln.«
»Woanders kann man auch nicht tappen, was das Thema Crake anbelangt«, sagt Jimmy betrübt. »Willkommen im Wirbelwind. Er hat ihr die Kehle durchgeschnitten, wusstest du das? Der liebe, gütige Crake. Sie war so hübsch, sie war … Wollte ich nur noch mitgeteilt haben. Aber ich hab den Wichser abgeknallt.«
»Wessen Kehle?«, fragt Toby. »Wen hast du abgeknallt?« Aber Jimmy hat die Hände vors Gesicht geschlagen und seine Schultern beben.
Ferkel
Toby ist ratlos. Ist eine tröstliche mütterliche Umarmung in Ordnung, vorausgesetzt, sie ist dazu in der Lage, oder würde Jimmy das als aufdringlich empfinden? Wie wär’s mit einem geschäftigen Kopf hoch im Krankenschwesterton oder einem lahmen Rückzug, auf Zehenspitzen zur Tür hinaus?
Bevor sie sich entscheiden kann, kommt Blackbeard ins Zimmer gelaufen. Er ist ungewöhnlich aufgeregt. »Sie kommen! Sie kommen!«, sagt er. Es ist fast ein Schrei, eine Seltenheit für einen Craker: nicht mal die Kinder schreien.
»Wer?«, fragt sie. »Die bösen Männer?« Wo hat sie nochmal ihre Flinte? Das ist der Nachteil der Meditationen: Man wird nicht mehr vernünftig aggressiv.
»Sie sind es! Komm, komm!«, sagt er und zerrt erst an ihrer Hand, dann an ihrem Laken. »Die Großen Schweine. Ganz viele!«
Jimmy hebt den Kopf. »Organschweine. Oh, fuck«, sagt er.
Blackbeard ist begeistert. »Ja! Danke, dass du ihn rufst, Schneemensch-Jimmy! Wir werden ihn brauchen, um uns zu helfen«, sagt er. »Die Großen Schweine haben einen Toten.«
»Einen toten was?«, fragt Toby, aber er ist schon wieder aus der Tür.
Die MaddAddamiten haben alles stehen und liegen gelassen und versammeln sich hinter dem Zaun. Einige haben sich mit Äxten, Harken und Schaufeln bewaffnet.
Crozier, der mit seiner Mo’Hairschafherde auf die Weide gezogen sein muss, eilt über den Parkweg zurück. Manatee begleitet ihn mit dem gemeinsamen Spraygewehr.
»Sie kommen von Westen«, sagt Crozier. Die Mo’Hairschafe scharen sich um ihn.
»Sie sind … Es ist ganz komisch. Sie marschieren. Es sieht aus wie eine Schweineparade.«
Die Craker versammeln sich an der Schaukel. Sie wirken in keiner Weise verängstigt. Sie unterhalten sich leise, ehe die Männer langsam nach Westen loslaufen, als wollten sie dem, was sich auf dem Parkweg nähert, entgegengehen. Einige Frauen gehen
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