Die Geschichte von Zeb: Roman (German Edition)
gesellt und kommt nun mit ihnen zurück. Die anderen Craker warten schweigend bei der Schaukel, während die Organschweine sich nähern.
Jetzt treten Napoleon Bonaparte und sechs andere Männer vor: Es sieht aus wie eine Pissparade. Ja, sie pinkeln in einer Reihe. Sie zielen vorsichtig und pinkeln mit Ehrfurcht, aber sie pinkeln. Als sie fertig sind, treten sie zurück. Drei neugierige Ferkel preschen vor, schnuppern an der Erde und laufen quiekend zurück zu ihren Müttern.
»Da«, sagt Blackbeard. »Seht ihr? Es ist sicher.«
Die Craker stellen sich im Halbkreis hinter ihrer Uringrenze auf. Sie fangen an zu singen. Die Schweineherde teilt sich in zwei Gruppen, und die beiden Eber rücken langsam vor. Dann werfen sie sich auf die Seite, und ihre blumenbedeckte Last rutscht zu Boden. Sie wuchten sich wieder hoch und schieben mit Hufen und Rüsseln die Blumen zur Seite.
Es ist ein totes Ferkel. Ein ganz kleines, mit durchgeschnittener Kehle. Die Vorderhufe sind mit einem Seil zusammengebunden. Das Blut ist noch rot, es sickert aus der klaffenden Nackenwunde. Sonst ist es unberührt.
Jetzt bildet die ganze Herde einen Halbkreis um die – was eigentlich – Totenbahre? Den Katafalk? Die Blumen, das Laub – es ist ein Begräbnis. Toby muss an den Eber denken, den sie im AnuYu geschossen hatte – und wie sie damals Farnwedel und Blätter auf seinem Kadaver fand, als sie hinging, um Maden zu sammeln. Elefanten, hatte sie damals gedacht. Elefanten waren für so etwas bekannt. Wenn jemand, den sie lieben, stirbt.
»Scheiße«, sagt Jimmy. »Hoffentlich hat nicht einer von uns das Schweinchen da umgelegt.«
»Das glaube ich nicht«, sagt Toby. Das hätte sie mitbekommen. Es hätte kulinarisches Gerede gegeben.
Die beiden Ferkelträger sind an die Pissgrenze getreten. Abraham Lincoln und Sojourner Truth sind auf der anderen Seite. Sie knien sich hin, bis sie mit den Schweinen auf Augenhöhe sind, Kopf an Kopf. Die Craker hören auf zu singen. Alles schweigt. Dann singen die Craker weiter.
»Was passiert da gerade?«, fragt Toby.
»Sie reden, o Toby«, sagt Blackbeard. »Sie bitten um Hilfe. Sie wollen, dass diejenigen gestoppt werden. Diejenigen, die ihre Schweinebabys töten.« Er holt tief Luft. »Zwei Schweinebabys – eins mit dem Stock, eins mit einem Messer. Die Großen Schweine wollen, dass die, die getötet haben, sterben.«
»Sie bitten um Hilfe? Sie bitten die …« Das Wort Craker bringt sie nicht über die Lippen, so nennen sie sich nicht selbst. »Sie bitten deine Leute um Hilfe?«
Wenn es darum geht zu töten, wie sollen die Craker da helfen?, fragt sie sich. Die MaddAddamiten behaupten, die Craker seien von Natur aus gewaltfrei. Sie kämpfen nicht, sie können gar nicht kämpfen. Sie sind nicht dazu imstande. Sie sind nicht dafür geschaffen.
»Nein, o Toby«, sagt Blackbeard. »Sie bitten euch um Hilfe.«
»Uns?«, fragt Toby.
»Euch alle. Alle, die hinter dem Zaun stehen, die mit den zwei Häuten. Sie wollen, dass ihr ihnen mit euren Stöcken helft. Sie wissen, wie ihr tötet, nämlich, indem ihr Löcher schießt. Und dann blutet es. Sie wollen, dass ihr Löcher in die drei Männer schießt. Mit Blut.« Er sieht aus, als wäre ihm etwas schlecht: Das hier fällt ihm nicht leicht. Toby will ihn in den Arm nehmen, aber das wäre herablassend: Er hat sich für diese Aufgabe selbst entschieden.
»Hast du gerade gesagt, drei Männer?«, fragt Toby. »Sind es nicht nur zwei?«
»Die Großen Schweine sagen, es sind drei«, sagt Blackbeard. »Sie haben drei gerochen.«
»Das ist nicht gut«, sagt Zeb. »Sie haben einen Rekruten gefunden.« Er und Nashorn tauschen einen düsteren Blick aus.
»Die Chancen stehen also etwas schlechter«, sagt Nashorn.
»Ihr sollt dafür sorgen, dass sie bluten«, sagt Blackbeard. »Drei mit Löchern und mit Blut.«
»Wir«, sagt Toby. »Wir sollen das tun.«
»Ja«, sagt Blackbeard. »Die mit den zwei Häuten.«
»Warum reden sie dann nicht mit uns?«, fragt Toby. »Warum reden sie nur mit euch?«
Ach so, denkt sie. Natürlich. Wir sind zu dumm, wir verstehen ihre Sprache nicht. Es geht nicht ohne Dolmetscher.
»Es ist leichter für sie, mit uns zu reden«, sagt Blackbeard schlicht. »Und wenn ihr ihnen helft, die drei bösen Männer zu töten, werden sie nie wieder aus eurem Garten essen. Oder jemanden von euch«, fügt er mit ernster Miene hinzu. »Selbst wenn ihr tot seid, werden sie euch nicht essen. Und sie bitten euch darum, keine blutenden Löcher
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