Die Geschichte von Zeb: Roman (German Edition)
mal ne Zeitlang den Ball flachhalten müsse, bis Gras über die Sache gewachsen sei.
»Was haste denn gemacht, in der Nase gebohrt?«, fragte Zeb, und Chuck lachte mit seinem toten Pferdegebiss. Er sagte, die Bärenbrücke sei wohl etwas für Kerle, die, na ja, sowas wie die Fremdenlegion, und Zeb sagte, die Fremden – was, und damit war das schon mal erledigt.
Nicht dass sich der Typ durch unhöfliches Benehmen hätte abschrecken lassen. Chuck ließ ihn in Ruhe, schaffte es aber dennoch, allgegenwärtig zu sein. War Zeb in der Bar und arbeitete seinem Kater für den nächsten Morgen entgegen, tauchte auf einmal Chuck neben ihm auf, machte auf Kumpel und wollte die nächste Runde ausgeben. Ging er aufs Klo, nahm Chuck da auf ektoplasmatische Weise Gestalt an; oder wenn Zeb im schäbigeren Teil von Whitehorse durch die Straße ging, siehe da, kam ihm Chuck entgegen. Sehr wahrscheinlich, dass er in Zebs Besenkammer von einem Zimmer Zebs Sachen durchwühlte, wann immer Zeb nicht da war.
»Meinetwegen gern«, sagte Zeb. »In meiner dreckigen Wäsche war nichts als dreckige Wäsche, denn die echte dreckige Wäsche war ja in meinem Kopf.«
Aber was sollte das Ganze? Denn irgendwas sollte es auf jeden Fall. Erst dachte Zeb, Chuck sei schwul und wolle was von ihm, aber das war es nicht.
Über die nächsten Wochen flogen Chuck und Zeb zusammen ein paar Ladungen aus. Im Kugelfisch saßen immer zwei Mann; einer flog, einer döste vor sich hin. Zeb versuchte Chuck als Partner zu meiden, und inzwischen sträubten sich ihm bei seinem Anblick die Nackenhaare, aber bei der erstbesten Gelegenheit, nämlich als Zebs eigentlicher Partner zur Beerdigung einer Tante gerufen wurde, hatte sich Chuck den freien Platz gekrallt, und beim zweiten Mal hatte der andere Partner eine Lebensmittelvergiftung. Zeb fragte sich, ob Chuck die beiden Männer für ihre Ausfälle bezahlt hatte. Oder ob er die Tante stranguliert und Kolibakterien auf die Pizza gestreut hatte, damit es echt aussah.
Er wartete, bis sie in der Luft waren, damit Chuck endlich mit der Frage rausrücken konnte. Vielleicht wusste er von Zebs früheren Eskapaden und hatte bei einer bislang unbekannten Gruppe von Unterweltlern angeheuert, die Zeb engagieren wollte, um einen fetten Hackerangriff zu starten, oder irgendein Plutokrat sollte erpresst werden, oder er war ein mit Cyberpiraten verbandelter Tagelöhner, der einen professionellen Deckmantel brauchte, um die Entführung eines Konzernwissenschaftlers voranzutreiben.
Oder aber es war ein Trick – Chuck würde irgendeinen eklatant illegalen Scherz vorschlagen, Zebs Zustimmung mitschneiden, und schon würden sich die gewaltigen Hummerscheren des sogenannten Justizsystems über ihn niedersenken und zugreifen; vielleicht gäbe es irgendeinen ulkigen Erpresserbrief, als könnte man irgendetwas aus einem Stein pressen.
Aber auf diesen beiden Flügen geschah nichts Ungewöhnliches. Wohl um Zeb in Sicherheit zu wiegen. Ihm zu suggerieren, dass Chuck harmlos sei. War sein harmloses Getue ein ausgeklügelter Winkelzug?
Fast hätte es geklappt. Zeb kam sich allmählich paranoid vor. Zuckte schon bei der kleinsten Bewegung zusammen. Zerbrach sich wegen einer aalglatten Pappnase wie Chuck den Kopf.
Der Morgen des Absturzes fing ganz normal an. Frühstück, irgendein anonymes Klappbrötchen mit mysteriösem Inhalt, ein paar Tassen Koffeinersatz, eine Scheibe getoastetes Spanholz. Die Bärenbrücke bezog ihre Lebensmittel zu Dumpingpreisen: Bei einer so edelmütigen Sache wurde erwartet, dass man sich in Bescheidenheit übte, Pseudonahrung aß und das gute Futter den Bären überließ.
Dann das Einladen des biokompostierbaren Abfalls säckeweise mit dem Gabelstapler in den Bauch des Schraubers. Zebs planmäßiger Flugpartner war ausgefallen – nachdem er sich angeblich in einem der Abschleppschuppen nach dem Einwurf irgendwelcher schwachsinniger Pharmazeutika großkotzig beim Tanzen auf dem scherbenübersäten Boden die nackten Füße aufgeschnitten hatte –, eigentlich hätte Zeb mit einem gar nicht üblen Kerl namens Rodge fliegen sollen. Doch als er einsteigen wollte, stand Chuck vor ihm, aufgepimpt in seiner nagelneuen Reiß- und Klettverschlussnummer, und lächelte ihn mit seinen großen weißen Pferdezähnen an, wobei die Augen ausdruckslos blieben.
»Hat Rodge nen Anruf gekriegt?«, fragte Zeb. »Ist die Oma gestorben?«
»Der Vater, genau genommen«, sagte Chuck. »Schönes Wetter heute. Hey, ich hab dir n Bier
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