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Die Geschichte von Zeb: Roman (German Edition)

Die Geschichte von Zeb: Roman (German Edition)

Titel: Die Geschichte von Zeb: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Atwood
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Meisterexperiments durch die Einführung möglicher minderwertiger Segmente schon gar nicht, denn die Craker würden irgendwann ein Megagoldesel sein. So zumindest habe er die Sache dargestellt, sagt Tamaraw.
    »Natürlich hat er uns die ganze Zeit verarscht«, sagt Manatee.
    »Das ist zwar richtig, aber es ist ja trotzdem was dabei rumgekommen«, sagt Elfenbeinspecht.
    »Fragt sich nur, was«, sagt Manatee. »Dieser Wichser.«
    »Die Frage ist doch weniger wie als warum «, sagt Elfenbeinspecht und sieht dabei in den Himmel, als wenn Crake tatsächlich dort oben säße und mit Donnerstimme antworten könnte. »Warum hat er’s getan? Warum hat er den tödlichen Virus in die OrgassPluss-Pille eingeschleust? Warum wollte er die Menschheit ausrotten?«
    »Vielleicht war er einfach nur exzessiv gestört«, sagt Manatee.
    »Mal anders gedacht, und auch der Gerechtigkeit halber, vielleicht hat er ja alle anderen genau dafür gehalten«, sagt Tamaraw. »Mit unserer kaputten Biosphäre und der Erderwärmung.«
    »Und wenn die Craker seine Lösung waren, wird er gewusst haben, dass er sie vor Leuten wie uns schützen muss, mit unserer aggressiven und mörderischen Art.«
    »Genau so denken doch alle Größenwahnsinnigen«, sagt Manatee.
    »Er wird die Craker als indigenes Volk gesehen haben, keine Frage«, sagt Elfenbeinspecht. »Und den Homo sapiens sapiens als raffgierigen, räuberischen Konquistadoren. Und in gewisser Hinsicht …«
    »Immerhin hatten wir Beethoven«, sagt Manatee. »Und, nun ja, Weltreligionen und was nicht alles. Dass dieser Haufen hier was Vergleichbares auf die Reihe kriegt, steht zu bezweifeln.«
    Weiße Segge sitzt daneben, sieht die anderen aufmerksam an, ist aber möglicherweise in Gedanken woanders. Wenn jemand Stimmen hört, denkt Toby, dann sie. Ein hübsches Mädchen, denkt Toby, vielleicht die Hübscheste unter den MaddAddamiten und auch die Jüngste. Gestern hatte sie vorgeschlagen, eine morgendliche Yogastunde und Meditationsgruppe ins Leben zu rufen, aber niemand hatte angebissen. Sie trägt ein graues Bettlaken mit weißen Lilien; ihre schwarzen Haare sind im Nacken zusammengedreht.
    Amanda sitzt am Tischende. Sie ist bleich und apathisch. Lotis Blue und Ren glucken um sie herum und drängen sie zu essen.
    Rebecca trinkt eine Tasse von dem, was sie nun notgedrungen als Kaffee bezeichnen. Als Toby sich setzt, wendet sie sich ihr zu.
    »Es gibt mal wieder Schinken«, sagt sie zu Toby. »Und Pfannkuchen aus Kudzu. Ach, und wenn du willst – auch ein bisschen Choco-Nutrino.«
    »Choco-Nutrino?«, fragt Toby. »Wo hast du das denn her?« Choco-Nutrino war ein verzweifelter Versuch gewesen, nach der globalen Kakaomissernte halbwegs genießbare Frühstücksflocken für Kinder herzustellen. Angeblich bestand es aus gebrannten Sojabohnen.
    »Zeb und Nashorn und die anderen haben es irgendwo aufgelesen«, sagt Rebecca. »Und Shackie. Frisch ist was anderes und frag bloß nicht nach dem Haltbarkeitsdatum, also sollten wir’s gleich essen, denk ich.«
    »Meinst du?«, fragt Toby. Die Choco-Nutrinos sind in einer Schale. Sie sehen aus wie kleine Kieselsteine, braun und befremdlich, Granulat vom Mars. Solches Zeug haben die Leute früher ständig gegessen, denkt sie. Es war für sie völlig normal.
    »Café zur Letzten Chance«, sagt Rebecca. »Kleiner Nostalgietrip. Klar, ich fand das Zeug auch immer ekelhaft, aber mit nem Schuss Mo’Hairmilch geht’s. Außerdem sind da Vitamine und Mineralstoffe drin. Zumindest laut Packung. Also brauchen wir eine Weile mal keinen Schlamm zu essen.«
    »Schlamm?«, fragte Toby.
    »Na, du weißt schon, wegen der Spurenelemente«, sagt Rebecca. Manchmal kann Toby nicht sagen, ob sie Witze macht oder nicht.
    Toby hält sich an den Schinken und die Kudzu-Kuchen. »Wo sind die anderen?«, fragt sie bewusst sachlich. Rebecca zählt sie auf: Crozier hat schon gegessen und bringt die Mo’Hairschafe auf die Weide. Beluga und Shackleton geben ihm Begleitschutz, mit einem Spraygewehr für zwei. Schwarznashorn und Katuro haben letzte Nacht Wache geschoben und schlafen noch.
    »Und Swift-Fuchs?«, fragt Toby.
    »Die lässt sich Zeit«, sagt Rebecca. »Hält ein Nickerchen. Gestern Nacht hat sie wieder im Gebüsch rumgemacht. Mit dem einen oder anderen Verehrer.« Ihr Lächeln bedeutet: Genau wie du .
    Zeb ist noch nicht aufgetaucht. Toby versucht sich nicht allzu offensichtlich umzusehen. Hält er auch ein Nickerchen?
    Als sie ihren letzten bitteren Schluck Kaffee trinkt,

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