Die Geschichte von Zeb: Roman (German Edition)
setzt sich Swift-Fuchs zu ihnen. Heute trägt sie eine Shorts, ein blass schimmerndes, ärmelloses Top und einen Schlapphut in Pink und Pastellgrün. Sie hat sich Zöpfe geflochten und die Zopfenden mit Hello-Kitty-Klemmen befestigt. Es ist der Schulmädchenlook, und in früheren Zeiten wäre sie niemals damit durchgekommen, denkt Toby. Als hochqualifizierte Genetikerin, die sie mal war, hätte sie Spott und Statusverlust zu fürchten gehabt und wird sich erwachsen gekleidet haben, um ihre gesellschaftliche Stellung zu propagieren. Aber was Rang und Status betrifft, ist der Lack längst ab – was genau will sie jetzt also propagieren?
Sei nicht so ungnädig, ermahnt Toby sich selbst. Immerhin hat sie jede Menge riskiert: Sie war eine Informantin der MaddAddamiten, bevor sie von Crake entführt und zum Weißkittel-Hirnsklaven im Paradies-Gebäude gemacht wurde, genau wie die anderen entführten MaddAddamiten. Die meisten hatte er sich einfach weggeholt.
Nur Zeb nicht: Ihn hatte Crake nie zu fassen bekommen. Er hatte seine Spuren immer zu gut verwischt.
»Na, ihr«, sagt Swift-Fuchs, streckt die Arme und schiebt Elfenbeinspecht ihre Brust entgegen. »Mann, ich könnte direkt wieder ins Bett gehen! Habt ihr gut geschlafen? Ich ja überhaupt nicht! Wir müssen unbedingt was gegen die Insekten unternehmen.«
»Es gibt Spray«, sagt Rebecca. »Wir haben noch immer was von dem Zitruszeug.«
»Das geht immer ab«, sagt Swift-Fuchs. »Dann wird man gestochen und man wacht auf und hört Leute reden und so weiter, wie in einem dieser Motels mit den Pappwänden, wo man unter falschem Namen absteigt.« Sie lächelt Elfenbeinspecht an und schenkt Manatee keine Beachtung, der sie mit verkniffenen Mundwinkeln anstarrt. Missfällt sie ihm oder ist er scharf auf sie?, fragt sich Toby. Bei manchen Männern ist das schwer zu sagen.
»Ich finde, wir sollten ne Sperrstunde für Stimmbänder ausrufen«, fährt Swift-Fuchs fort und wirft Toby einen Seitenblick zu. Ich hab dich gehört , will dieser Blick sagen. Wenn du in deinem fortgeschrittenen Alter unbedingt noch sexuellen Aktivitäten nachgehen musst, dann tu wenigstens einen Dämpfer drauf. Toby spürt, wie ihr die Röte ins Gesicht steigt.
»Mein liebes Fräulein«, sagt Elfenbeinspecht. »Ich möchte doch schwer hoffen, unsere mitunter erhitzten nächtlichen Gespräche haben Euch nicht aus dem Schlaf gerissen. Manatee, Tamaraw und ich …«
»Nein, nein, ihr wart das nicht, und es waren auch keine Gespräche«, sagte Swift-Fuchs. »Seh ich da etwa Choco-Nutrinos? Von denen hab ich mal ne ganze Ladung ausgekotzt, damals, als ich noch hin und wieder verkatert war.«
Amanda steht vom Tisch auf, schlägt sich die Hand vor den Mund und eilt davon. Ren folgt ihr.
»Was ist eigentlich mit der los?«, sagt Swift-Fuchs. »Haben sie der das Hirn rausgenommen? Oder war die schon immer so drauf?«
»Du weißt doch, was sie durchgemacht hat«, sagt Rebecca mit leichtem Stirnrunzeln.
»Ja, klar, aber die soll sich allmählich mal wieder einkriegen. Mal mit anpacken, wie alle anderen auch.«
Wut steigt in Toby auf. Swift-Fuchs ist nie die Erste, die sich zum Arbeiten meldet, und sie hat weder je einen Painballer aus der Nähe gesehen noch wurde sie benutzt wie ein Prostibot, in Ketten gelegt wie ein Hund, regelrecht ausgeweidet. Amanda ist zehnmal mehr wert als sie. Aber davon abgesehen ist sich Toby darüber im Klaren, dass sie Swift-Fuchs ihre abfälligen Bemerkungen von vorhin übelnimmt; ganz zu schweigen von der halbdurchsichtigen Bluse und den süßen Shorts. Und der Brustbewaffnung und den Kleinmädchenzöpfen. Passt schlecht zu deinen sprießenden Fältchen, möchte sie am liebsten sagen. Das hast du von deinen Sonnenbädern .
Wieder lächelt Swift-Fuchs, aber nicht in Tobys Richtung, sondern direkt an ihr vorbei. Das volle Programm mitsamt Zähnen und Grübchen. »Na?«, sagt sie mit sanfterer Stimme. Toby fährt herum: Es sind Nashorn und Katuro.
Und Zeb. Natürlich, wer sonst.
»Morgen allerseits«, sagt Zeb mit ebenmäßiger Stimme: nichts Besonderes für Swift-Fuchs. Übrigens auch nicht für Toby: Nacht ist Nacht und Tag ist Tag.
»Braucht jemand was?«, fragt er. »Wir sichten mal wieder die Gegend. Wir kommen an ein paar Läden vorbei.« Seine wahre Absicht muss er nicht eigens ausbuchstabieren, denn die liegt auf der Hand: Alle wissen, dass er nach den Painballern Ausschau halten wird. Es ist eine Patrouille.
»Natron«, sagt Rebecca. »Oder auch Backpulver.
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