Die Geschichte von Zeb: Roman (German Edition)
sich danach, nur ein einziges Mal ihren geliebten verlorenen Sohn Zebulon zu sehen, der vom rechten Wege abgekommen sei, was kein Wunder sei, bei dem Vater. Aber sie bete für ihn, wo immer er sei.
Dieser verlorene Sohn hatte die volle Absicht, verloren zu bleiben; wenn auch die Versuchung, sich als geisterhafte Stimme aus dem Jenseits in eine von Trudys Online-Klageveranstaltungen einzuhacken und sie zu denunzieren, immens war. Eine DNA vom Feinsten, die er da geerbt hatte: einen Psychopathen und Hochstapler als Vater und eine selbstsüchtige Lügnerin mit obsessiver Liebe zum Mammon als Mutter. Er konnte nur hoffen, dass Trudy nicht nur narzisstisch und geldgeil, sondern auch noch ein billiges Flittchen war, das Hochwürden gründlich betrogen und mit irgendeinem mysteriösen Fremden im Gartenschuppen eine schnelle Nummer geschoben hatte. In dem Fall wird Zeb wohl von seinem echten, namenlosen Vater – einem wanderarbeitenden Gartenbauprofi, der die beringten und armreifbehangenen Frauen seiner höherrangigen Kunden flachzulegen pflegte – seine zweifelhafteren Talente geerbt haben müssen: Frauen rumkriegen, behende durch virtuelle wie echte Fenster schlüpfen, Diskretion als Grundwert und Unsichtbarkeit unter einem nicht immer zuverlässigen Deckmantel.
Vielleicht war Hochwürdens Hass auf Zeb deswegen so groß: Er wusste, dass Trudy ihm ein Kuckucksei ins Nest gelegt hatte, konnte sich aber aufgrund ihrer gemeinsamen Aktivitäten im Steingarten nicht direkt an ihr rächen. Also blieb nur töten oder das Luder erdulden. Hätte Zeb bloß daran gedacht, etwas von Hochwürdens DNA mitgehen zu lassen – ein paar Haare oder abgeschnittene Fußnägel –, dann hätte er einen Test machen lassen und seinen Frieden finden können. Oder auch nicht. Zumindest wüsste er, wer seine Eltern waren.
Bei Adam dagegen war die Sache eindeutig: Die Ähnlichkeit zu Hochwürden war nicht von der Hand zu weisen. Auch wenn sie durch Fenellas Beitrag natürlich verfeinert worden war. Das arme Mädchen ging typmäßig eher in Richtung Kirche – blankgeschrubbte Hände, kein Nagellack, Haare aus dem Gesicht, schlichte weiße Höschen – und war stets darauf aus, Gutes zu tun und den Menschen zu helfen. Ein armes Opfer. Der große Perversling hatte sie bestimmt mit Sprüchen traktiert, dass sie ihm eine unbezahlbare Helferin und dies eine höhere Berufung sei, und bestimmt hatte er ihr klargemacht, dass man auf Spaß und Freude überhaupt verzichten müsse, wenn man ihm und seiner Mission dienen wolle. Zebs Vermutung nach wird er auch mit dem weiblichen Orgasmus wenig Geduld gehabt haben. Die beiden müssen für normale Begriffe miserablen Sex gehabt haben.
Darüber dachte Zeb nach, wenn er tagsüber in seinem feuchten Starburst-Versteck vor dem Fernseher lag oder sich auf seiner klumpigen, fleckigen Matratze hin und her warf, während draußen vor seiner dürftig verriegelten Tür gekreischt und geschrien wurde. Instinkte, drogeninduzierte Ausgelassenheit, Hass, Angst, Wahn. Die Schreie waren graduell verschieden. Nur bei denjenigen, die mittendrin verstummten, musste man sich Sorgen machen.
Endlich meldete sich Adam. Treffpunkt, Uhrzeit, ein paar Bekleidungsvorschriften. Kein Rot, kein Orange, ein schlichtes braunes T-Shirt, wenn möglich. Kein Grün: Grün war eine politisch befrachtete Farbe, vor allem angesichts der Hetzkampagne gegen die Ökos.
Treffpunkt war eine unscheinbare Happicuppa-Filiale in New Astoria, in mittelbarer Nähe zu den halb versunkenen und gefährlich instabilen Gebäuden am Wasser. Zeb saß eingeklemmt hinter einem der überzüchteten kleinen Happicuppa-Tischchen, auf einem der klitzekleinen Stühlchen, die ihn an den Kindergarten erinnerten – schon damals hatte er nicht auf die Stühle gepasst –, trank langsam seinen Happicuppuccino, stärkte sich mit einem Kickriegel und fragte sich, was für Ideen Adam ihm wohl auftischen würde. Bestimmt hatte er einen Job für ihn – ansonsten hätte er das Treffen nicht vorgeschlagen –, aber was für einen? Schädlingssammler? Nachtwächter bei einem Hinterhof-Massenhundezüchter? Was für Kontakte könnte Adam von seinem unbekannten Ort aus gepflegt haben?
Adam hatte angedeutet, dass er bei dem Treffen einen Mittelsmann als Boten einsetzen werde, aber Zeb hatte seine Bedenken: Die beiden hatten immer nur sich gegenseitig über den Weg getraut und sonst niemandem. Unberechenbarkeit war die einzig sichere Tarnung.
Von seinem engen Platz aus
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