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Die Geschichte von Zeb: Roman (German Edition)

Die Geschichte von Zeb: Roman (German Edition)

Titel: Die Geschichte von Zeb: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Atwood
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Tiere schießen konnte. Volle Punktzahl für Adam, dachte Zeb.
    War es möglich, dass Adam dieses Spiel selbst entworfen hatte? Ein Spiel mit seinem eigenen Namen als Administrator? Dabei hatte er an Tieren als solchen nie Interesse gezeigt. Wobei, wenn man’s bedenkt, hatte er Hochwürdens Deutung der Genesis, nämlich, dass Gott die Tiere zur Freude und zum Nutzen des Menschen geschaffen habe und der Mensch sie daher nach Lust und Laune ausrotten dürfe, immer verachtet. War Urzeit-Exitus vonseiten Adams ein Stück Anti-Hochwürden-Aufstandbekämpfung? War er irgendwie unter die Ökos geraten? Vielleicht hatte er beim Rauchen irgendeines hirnzerbrutzelnden Halluzinogens ein Bekehrungserlebnis gehabt und hatte mit einer Pflanzenfee angebandelt. Wobei das unwahrscheinlich war: Es war Zeb, der mit chemischen Substanzen experimentiert hatte und nicht Adam. Dennoch musste Adam in irgendwelche Kreise geraten sein, ganz sicher, denn allein würde er so etwas niemals zustande bringen.
    Zeb folgte dem Lotusblatt-Pathway. Er klickte auf Ja und wurde weitergeleitet. Willkommen, Geisterbär. Willst du ein Anfänger-Spiel spielen oder willst du ein Großmeister-Spiel spielen? Laut Adams Anweisungen sollte er Zweiteres wählen, also klickte Adam auf Großmeister.
    Gut. Finde deinen Playroom. MaddAddam wird dich empfangen.
    Der Pfad zum Playroom war kompliziert und führte im Zickzack durch diverse Pixel auf unverfänglichen Websites von einer Koordinate zur nächsten: meist Werbeseiten, aber auch einige Listen: DIE TOP TEN OSTERHASEN - GRUSELBILDER , DIE ZEHN GRUSELIGSTEN FILME DER WELT , DIE ZEHN SCHAURIGSTEN SEEUNGEHEUER .
    Zeb stieß auf ein Portal zwischen dem Oberbiss eines derangierten lila Plüschhasen mit einem völlig verängstigten Kleinkind auf dem Schoß, von dort durch einen Grabstein in einem Filmstill aus Nacht der lebenden Toten und schließlich zum Auge eines Quastenflossers. Dann war er am Ziel.
    Willkommen im Playroom von MaddAddam, Geisterbär. Du hast Post.
    Zeb klickte auf Öffnen.
    Hallo , hieß es in der Mail. Siehst du, es funktioniert. Hier sind die Koordinaten für den Chatroom nächste Woche. A.
    Minimalistisches Arschgesicht, dachte Zeb. Er hat nicht vor, mir auch nur irgendwas zu sagen.
    Er besorgte sich die empfohlene Garderobe oder zumindest einen Großteil davon: Die Nickelbrille war zu viel des Guten, genau wie die Schuhe. Er leierte die Hosen und Oberteile aus – bekleckerte sie, wetzte sie ein bisschen durch und schickte sie durch mehrere Waschgänge. Dann warf er seine alten Klamotten in diverse Müllcontainer und verwischte in seinem geschmacklosen Starburst-Zimmer so weit wie möglich seine Biospuren.
    Nachdem er seine Mietschulden beglichen hatte – Geldeintreibern wollte er nach Möglichkeit aus dem Weg gehen –, zog er einmal über den Kontinent bis nach San Francisco. Den Anweisungen folgend meldete er sich bei HelthWyzer, legte seine gefälschten Papiere vor und unterzog sich dem Empfangsmenuett des mopsgesichtigen Grüßaugusts – nach dem Motto Hey, Kollege, schön, dass du da bist, wir werden alles tun, damit du dich bei uns wohlfühlst.
    Keiner sagte Buh! Er wurde erwartet, er wurde akzeptiert. Lief alles wie geschmiert.
    HelthWyzer West teilte ihm eine Junggesellen-Wohneinheit im firmeneigenen Hochhaus zu. Die Gebäude hatten gar nichts Heruntergekommenes: hübsche Landschaftsgestaltung um den Eingang herum, Pool auf dem Dach und funktionierende Sanitäranlagen und Elektrik, wobei die Inneneinrichtung eher spartanisch war. Im Raum stand ein breites Bett, was schon mal optimistisch stimmte. Der Begriff Junggeselle wurde bei HelthWyzer also offenbar nicht mit Askese gleichgesetzt.
    Im Bürogebäude befand sich eine Kantine, für die man ihm eine Magnetkarte ausstellte, auf der registriert wurde, was er aß: Alle hatten ein Guthabenkonto und durften alles bestellen, was auf der Karte stand. Das Essen war echt, keine Pseudopampe wie bei der Bärenbrücke. In den Drinks war sogar Alkohol, eigentlich das Mindeste, was man von einem Drink erwarten konnte.
    Die HelthWyzer-Frauen waren kurz angebunden, hatten zu tun und wenig Zeit für Smalltalk und – so seine Vermutung – keinerlei Sinn für billige Anmache, also ließ er es gleich sein; doch obwohl er sich geschworen hatte, bei persönlichen Kontakten wegen der möglichen Fragen, die sie generieren könnten, Vorsicht walten zu lassen, war er ja nicht aus Stein. Ein paar der jüngeren Frauen hatten bereits nach seinem

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