Die Geschichte von Zeb: Roman (German Edition)
Pimmeln?«, sagt Swift-Fuchs. »Zu viel des Guten, sag ich euch. Die kommen einem ja zum Hals wieder raus.« Sichtlich schockiert und insgeheim wütend dreht sich Elfenbeinspecht weg. Einige lachen, andere runzeln die Stirn. Swift-Fuchs provoziert gern mit derben Sprüchen, vor allem die Männer; um zu beweisen, dass sie nicht nur aus einem hübschen Körper besteht, vermutet Toby.
Zeb sitzt am anderen Tischende. Er ist später dazugekommen; bisher hat er sich aus der Diskussion rausgehalten. Er scheint sich nur für sein Fladenbrot zu interessieren. Swift-Fuchs wirft ihm einen Blick zu: Ist das, was sie sagt, für ihn bestimmt? Er beachtet sie nicht; aber warum auch? Wie hieß es immer in den Liebeskummer-Blogs zum Thema Büroflirt: Wer sich demonstrativ ignoriert, der hat was miteinander.
»Diese Typen brauchen keine Mitwirkung«, sagt Crozier. »Die stürzen sich auf alles mit ner F… Entschuldige, Toby. Auf alles, was Röcke trägt.«
»Röcke!«, sagt Swift-Fuchs, lacht erneut und zeigt dabei ihre weißen Zähne. »Hinter welchem Mond lebst du denn? Hast du irgendeine von uns in letzter Zeit im Rock gesehen? Bettlaken zählen nicht.« Sie rotiert abwechselnd die Schultern wie ein Laufstegmodel. »Na, wie findet du meinen Rock, der mir bis unter die Achseln geht?«
»Lass ihn in Ruhe, er ist minderjährig«, sagt Manatee. Crozier zieht ein seltsames Gesicht: Wut? Beschämung? Ren sitzt neben ihm. Er grinst sie verlegen an, legt ihr die Hand auf den Arm. Sie sieht ihn stirnrunzelnd an wie eine Ehefrau.
»Die machen doch gerade am meisten Spaß, diese Minderjährigen«, sagt Swift-Fuchs. »Verspielt, wie sie sind. Die platzen geradezu vor Endorphinen und ihre Nukleotidsequenzen sind zum Dahinschmelzen – Telomere ohne Ende.« Ren starrt sie mit versteinerter Miene an.
»Er ist nicht minderjährig«, sagt sie. Swift-Fuchs lächelt.
Sehen es die Männer am Tisch?, fragt sich Toby. Die Schlammschlacht, die in der Luft liegt? Nein, wahrscheinlich nicht. Progesterontechnisch sind sie auf einer anderen Wellenlänge.
»Die Bedingungen müssen stimmen«, sagt Manatee. »Für die Gruppenkopulation. Die Frau muss läufig sein.«
»Für ihre eigenen Frauen ist das ja okay«, sagt Beluga. »Da gibt es klare hormonelle Signale, sowohl visuelle als auch olfaktorische. Aber unsere Frauen kommen bei ihnen so an, als wären sie unentwegt läufig.«
»Vielleicht sind sie’s ja«, sagt Manatee grinsend. »Sie wollen’s nur nicht zugeben.«
»Sag ich ja: zwei unterschiedliche Spezies«, sagt Beluga.
»Frauen sind keine Hunde«, sagt Weiße Segge. »Ich finde dieses Gespräch anstößig. Ich finde, ihr solltet nicht so über uns reden.«
»Wir diskutieren hier rein wissenschaftlich«, sagt Zunzuncito.
»Hey«, sagt Rebecca. »Ich meinte doch nur, es wäre toll, wenn wir ein paar Eier hätten.«
Zeit zum Arbeiten, die Morgensonne ist noch nicht zu heiß. Leuchtend rosa Kudzumotten hängen in den Schatten, Schmetterlingsschwärme in Blau und Magenta liefern sich Luftkämpfe, goldene Honigbienen versammeln sich auf den Polybeeren-Blüten.
Toby hat wieder Gartendienst, sie jätet und entschneckt. Ihre Flinte steht gegen den Zaun gelehnt: Sie möchte sie griffbereit haben, egal, wo sie gerade ist, schließlich weiß man nie. Überall um sie herum wächst und gedeiht es, Unkraut wie Nutzpflanzen. Sie kann regelrecht hören, wie sie sich durch die Erde schieben, wie die zarten Wurzeln nach Nährstoffen schnuppern und sich zwischen die benachbarten Wurzeln drängen, während die Blätter ihre Chemiewolken in die Luft entlassen.
Sankt Vandana Shiva der Samen , schrieb sie heute Morgen in ihr Heft. Und Sankt Nikolai Vavilov, Märtyrer . Und sie fügte die traditionelle Gärtner-Beschwörung hinzu: Lasst uns Sankt Vandana und Sankt Vavilov gedenken, die leidenschaftlich für die Erhaltung uralter Samen gekämpft haben. Sankt Vavilov, der während der Belagerung von Leningrad die Samen sammelte, nur um dem Tyrannen Stalin zum Opfer zu fallen; und Sankt Vandana, der rastlosen Kriegerin gegen die Biopiraterie, die sich dem Wohl der lebenden Gemüsewelt in all ihrer Vielfalt und Schönheit opferte. Gebt uns die Reinheit eures Geistes und eure Entschlusskraft.
Toby durchfährt plötzlich eine Erinnerung: von sich selbst, als sie bei den Gärtnern Eva Sechs war und zusammen mit der alten Pilar dieses Gebet aufsagte, bevor sie sich gemeinsam an die Bohnen machten und die notwendige Schneckenumsiedlung vornahmen. Manchmal ist das
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