Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Geschichte von Zoe und Will

Die Geschichte von Zoe und Will

Titel: Die Geschichte von Zoe und Will Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Halbrook
Vom Netzwerk:
überspült wurde. Ein süß-salziger Geschmack überzog meinen Gaumen, und der Geruch seines Autos vermischte sich mit dem Moschus seiner Haut. Die Stille im Wagen hüllte uns sanft ein. Er war weich, behutsam, sodass ich nichts weiter spürte als den leichten Druck seiner Lippen, das hauchzarte Kitzeln seines Atems, seine Fingerspitzen auf meinem Rücken.
    Ein neuartiges Verlangen.
    Als er den Kopf hob und mir den Pony erneut zur Seite strich, habe ich gewusst, dass ich für einen Kuss von ihm eine Million Mal das Risiko eingehen würde, mich heimlich davonzustehlen.
    Aber jetzt muss ich mich nicht mehr davonstehlen, damit mein Dad, der Will vom ersten Augenblick an gehasst hat, nichts mitbekommt. Er hat ihn einen »Bastardwaisen« genannt. Ich bin nicht sicher, ob das überhaupt Sinn macht, aber meinem Dad hat der Name gefallen. Will hat die Beschimpfung ignoriert. Er hat alles ignoriert, was mein Dad zu ihm gesagt oder ihm angetan hat … aber nicht die Dinge, die mein Dad mir antat. In Will steckt genug Hass auf meinen Dad, um eine Lebensphilosophie daraus zu machen.
    Das ist nun Vergangenheit. Hier, in dieser Rostlaube, kann ich Wills Mund genießen, die Fältchen um seine Augenwinkel streicheln, den erdigen Geruch seiner warmen Haut an meiner spüren.
    »Ich liebe es, dich zu küssen«, sage ich, während ich auf meine Seite des Autos zurückklettere. »Aber ich fände es auch toll zu lernen, wie man dieses alte Ding fährt.«
    Wills Hand fliegt an seine Brust, und er verzieht bei meinen Worten das Gesicht. »Schshh, das meint sie nicht ernst«, flüstert er dem zersprungenen Armaturenbrett zu.
    Ich bin immer noch wie benommen von unserem Kuss, und so knalle ich den Fuß auf die Kupplung, lege den ersten Gang ein und ersetze den Druck auf das linke Pedal mit dem auf das rechte. Es ist eine Trial-and-Error-Methode, bei der ich ein kleines bisschen von der Kupplung runtergehe, während ich gleichzeitig mehr Gas gebe. Aber nach einer Minute im Schneckentempo rolle ich den Highway mit respektablen zehn Meilen die Stunde hinab, und mein Fuß ist nun nicht mehr auf der Kupplung.
    »Okay, und wie werde ich schneller?« Ich drücke ein wenig aufs Gaspedal, aber das Geräusch des Motors hört sich nicht gut an.
    »Jetzt musst du hochschalten. Siehst du die Anzeige hier? Die zeigt dir die Drehzahl pro Minute an. Du kannst der Nadel zusehen und in den nächsthöheren Gang schalten, wenn die dreitausend erreicht ist, aber es ist besser, einfach zuzuhören. Fahr ein bisschen schneller. Das ist es. Hörst du, wie der Motor aufheult? Das ist der Zeitpunkt, wenn du hochschalten musst.«
    Ich höre es. Ich drücke die Kupplung durch und lege die Hand auf den Schaltknüppel. Will führt mich in den zweiten Gang.
    »Gut gemacht.«
    Sein Lob baut mich auf, gibt mir das Gefühl, ich könnte fliegen.
    »Du bist ein guter Lehrer.«
    »Nicht wirklich, aber ich kenne meinen Schrotthaufen hier in- und auswendig.«
    Er nennt sein Auto einen Schrotthaufen, und es ist wahrlich keine Augenweide, aber es bedeutet ihm sehr viel. Er hat zwei Sommer lang gespart, um sich den Wagen zu kaufen und alle Reparaturen durchzuführen, die es braucht, damit er so geschmeidig läuft, wie er es tut. Ich weiß, Will hat noch mehr vor, aber das muss warten, bis wir beide eine Arbeit gefunden haben.
    Er führt meine Hand in den dritten und dann in den vierten Gang, doch inzwischen düsen wir längst die Straße hinunter. Es ist berauschend, wie der Vorgeschmack echter Freiheit, die Kontrolle über eine Maschine zu haben, die einen weit, weit weg von dort bringen kann, woher man kommt. Ich genieße die Fahrt so sehr, dass ich einfach an dem Diner vorbeifahre, in dem wir eigentlich essen wollten.
    »Ups.« Ich drehe am Lenkrad, aber wir sind immer noch ziemlich schnell, und ich weiß nicht, wie man das Tempo drosselt. Ich kann den Fuß nicht vom Gas nehmen, weil ich mich erinnere, was beim letzten Mal passiert ist, und bremsen wäre zwecklos. Ich lenke so gut ich kann, lege mich mit meinem gesamten Gewicht in die Drehung. Die Räder kreischen auf der Straße, und ich stoße einen Schrei aus. Wir steuern auf einen Graben zu. »Will!«
    »Ist okay. Drück gleichzeitig auf Bremse und Kupplung. Ich schalte runter.«
    Es ist zu viel, um alles im Kopf zu behalten – das Lenkrad und das Schalten und das Bremsen, die Kupplung, das Gas –, mein Kopf dreht sich, und da ist der Graben, und meine Füße verheddern sich unter dem Armaturenbrett. Ich habe die Kupplung

Weitere Kostenlose Bücher