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Die Geschichte von Zoe und Will

Die Geschichte von Zoe und Will

Titel: Die Geschichte von Zoe und Will Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Halbrook
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Börse zieht. Ich versuche, nicht zu den Polizisten zu blicken, die einen Meter entfernt sitzen. Warum habe ich keinen einzigen Gedanken darauf verschwendet, dass uns jemand folgen könnte? Ich dummes, naives Mädchen.
    Die Kellnerin nimmt die Rechnung, und Will schielt in das Münzfach seiner Geldbörse, als würde er zählen, was wir noch haben. Unser einziges Geld ist das, was nach dem Kauf seines Wagens übrig geblieben ist. Ich weiß nicht, wie viel das ist, aber ich kann die Schuldgefühle nicht abschütteln, die an mir nagen, weil er für alles zahlt. Irgendwie muss ich etwas beisteuern.
    »Fertig?« Seine Stimme ist gespielt fröhlich, seine Augen strahlen unnatürlich hell.
    »Ich kann noch mal versuchen zu fahren, sobald wir weit genug von der Polizei weg sind.«
    Er lacht, dann zieht er mich rasch in seine Arme, um es zu verbergen.
    »Wohl eher nicht. Lass uns einfach wieder losfahren und die Musik aufdrehn. Das wird schon helfen. Wir halten an, wenn es wärmer ist, und legen uns kurz aufs Ohr, okay?«
    Er trägt ein T-Shirt, als wäre es längst warm. Ich streiche mit den Händen über seine nackten Unterarme, die mit mondsichelförmigen Narben übersät sind und deren Geschichte ich noch nicht kenne. Seine Arme sind schmal, aber stark, und mit einem Mal bin ich überzeugt, dass er einfach alles regeln kann. Selbst im Halbschlaf. Selbst wenn wir gejagt werden.
    Die laute Musik hilft. Insbesondere, da es lauter Rock ist und Will die Liedtexte nicht kennt. Das hindert ihn allerdings nicht daran, aus voller Lunge mitzugrölen, obwohl ihm jegliches musikalisches Talent fehlt.
    »… if a braid weight should fall …«
    Ich verschlucke mich an einem Schluck Wasser.
    »So heißt das nicht!«
    »… runaway with my horse … «
    »Wieder falsch!«
    Ich lache noch lauter, als er sich beim Gitarrensolo auf die Lippe beißt und mit den Fäusten in der Luft trommelt. Sein schwarzes Haar flattert ihm ums Gesicht, während er sich zum Rhythmus bewegt, und seine warmen Augen glitzern.
    »Nein! Das ist so peinlich!«
    Er dreht noch weiter auf, und das Auto wackelt zu seinen Bewegungen. Er rollt das Fenster herunter und steckt den Kopf und die Schultern hinaus.
    » I’ll go wherever you go, Zoe Benson! «, schreit er in den Wind.
    »Komm rein!« Ich packe ihn am T-Shirt und versuche gleichzeitig, die Tränen wegzuwischen, die mir das Gesicht herablaufen. Der Wagen schlingert, und ich schreie lachend auf, auch wenn es mir völlig egal ist, ob wir ein zweites Mal an diesem Tag im Graben landen.
    »Wohin auch immer du gehst!«
    »So wie du fährst, schaffen wir es wahrscheinlich nicht viel weiter als bis zu dem Feld dort«, sage ich, als er sich endlich wieder zurück ins Auto bequemt und meine Hand schnappt, um sie mit lauter Küssen zu bedecken.
    »Macht nichts, Baby. Solange ich bei dir bin. Du bringst mich dazu, alle möglichen verrückten Dinge zu tun.«
    »Oh, ich bin sicherlich nicht dafür verantwortlich, dass du dir beim Tanzen auf die Lippe beißt.«
    Er grinst mich an, und mir kommt der Gedanke, dass ich mich wohl daran gewöhnen könnte, diesem Psychotanz zuzuschauen.
    Es ist kalt, aber ich kurble ebenfalls mein Fenster herunter und streiche mit der Hand durch die Zugluft. Das Haar peitscht mir ums Gesicht, aber es kümmert mich nicht. Es ist mir gleich, dass meine Lippen austrocknen oder meine Ohren brennen. Ich sauge die klare Luft in meine Lungen, und der Schmerz ist köstlich. Ich habe das Gefühl, als könnte ich meinen ganzen Körper aus dem Fenster strecken und mich vom Wind an den Ort tragen lassen, den Will für uns ausgesucht hat.
    Am frühen Nachmittag ist er völlig erschöpft, und selbst das Wasser und die Musik helfen nicht mehr.
    »Wir könnten uns Red Bull oder einen Kaffee kaufen«, schlage ich vor, als sich seine Augenlider schließen und der Wagen aus keinem anderen Grund langsamer wird, als dass Will vergisst, aufs Gas zu drücken.
    Er reißt die Augen auf, als gelte es, etwas zu beweisen. »Nee, ich hab vor ein paar Meilen ein Schild für einen Rastplatz gesehen. Der sollte jeden Augenblick kommen.«
    Als wir den Rastplatz erreichen, biegt Will auf den Parkplatz, der von kargem goldbraunem Ödland gesäumt ist. Wir steigen aus dem Auto, strecken uns und gehen zur Toilette. Ich nehme Wechselklamotten mit und wasche mich so gut es geht mit den harten Seifenflocken und feuchten Papierhandtüchern. Es ist nicht viel, aber ich fühle mich einen Hauch weniger schmutzig, als ich zum Wagen

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