Die Geschichte von Zoe und Will
kann ihr nicht sagen, dass es sein könnte, dass ich mich vor Leute stelle, ohne auch nur einen einzigen Ball zu treffen. Ich könnte wahrscheinlich werfen. Vielleicht sogar fangen. Aber einen verschwommenen weißen Fleck schlagen zu wollen, der auf meinen Magen zufliegt, erscheint mir irgendwie unmöglich. Etwas zu treffen, das so schnell auf mich zuschießt, kann echt nicht einfach sein.
Es ist irgendwann zwischen Mittag- und Abendessen, als wir uns wieder auf den Weg machen. Überrascht bemerke ich, dass sie sich eine Tasche, die zu ihren Füßen liegt, schnappt und zwei Äpfel, ein paar Kräcker und Käsewürfel herausholt (die in den knisternden Plastiktütchen mit den kleinen roten Spießen) und eine Schachtel mit Tierkeksen, die mit Zuckerguss und Streuseln überzogen sind.
»Wo kommt das her?«
»Das habe ich aus dem Kofferraum geholt, als du geschlafen hast. Es war in meinem Kosmetikkoffer.« Sie hebt leicht ihr Kinn. »Ich habe mein Make-up nicht mitgenommen.«
Verdammt noch mal. Ehrfurcht durchströmt mich von Kopf bis Fuß, als wäre ich in einen Regenschauer gekommen, der mich erinnert, was für ein Trottel ich bin. Ich hätte keine Sekunde daran zweifeln dürfen, dass sie allein auf dem Rastplatz herumlaufen kann. Das muss ich mir hinter die Ohren schreiben. Ich muss sie ganz allein stark werden lassen, denn ein Kerl wie ich wird sie nicht retten können.
Sie legt Käsestücke auf die Kräcker und gibt sie mir, während ich fahre. Wir teilen uns einen Apfel, reichen ihn nach jedem Bissen hin und her. Wir versuchen beide, nur wenig abzubeißen, um sicherzugehen, dass der andere genug hat.
Ich werfe das Kerngehäuse aus dem Fenster. Sie stopft mir einen Keks in den Mund, aber ich merke es kaum. Etwas blitzt im Rückspiegel auf.
Ich muss noch mal schauen, weil ich nicht sicher bin, was ich gesehen habe. Sie gibt mir einen zweiten Keks, ich kann mich nicht erinnern, den ersten überhaupt gegessen zu haben. Ich beiße hinein. Die Streusel knacken unter meinen Zähnen. Ich schaue noch mal.
Etwas glitzert auf dem Dach des SUV hinter uns. Ich kann nicht sagen, was es ist. Noch nicht. Es könnte viereckig sein. Zu weit weg, aber ich bremse nicht ab, um sie aufholen zu lassen. Ich drücke das Gaspedal durch, beschleunige, will Abstand zwischen uns bringen. Ich werfe einen Blick in den Seitenspiegel und hoffe, dass der Wagen nicht in Wirklichkeit näher ist, als es scheint.
»Fahr langsamer, Will. Du wirst noch angehalten werden.«
»Jeder hier draußen fährt so schnell«, erkläre ich ihr. Wie der SUV. Wohin zum Teufel wollen die so schnell? Wir fliegen dahin, und Zoe hat Angst. Mit einer Hand hält sie sich an der Tür fest, die andere liegt auf dem Armaturenbrett.
»Will!«
Aber wir müssen weiter oder wir sind am Arsch. Ich kontrolliere das Stück Highway, das vor uns liegt. Dann den Rückspiegel. Warum hat er kein Licht an? Der Abstand wächst. Ich fahre ihm davon. Ich umklammere das Lenkrad so fest, dass sich Schweiß in meinen Handflächen bildet. Felder fliegen vorbei, und falls ich die Kontrolle verliere, werden wir eine lange Zeit nicht anhalten.
Eine Stadt taucht auf, von der Art, in der man langsamer fahren muss, höchsten fünfundzwanzig Meilen die Stunde. Ich gebe ein letztes Mal Gas, lasse den SUV noch weiter zurückfallen. Es ist ein Koloss von einem Auto, aber die Lichter sind nur schwer auszumachen. Er bremst ab, biegt in eine Nebenstraße ein. Ich nehme den Fuß vom Gaspedal.
Suchscheinwerfer für die Jagd. Das war alles, was sie auf dem Dach hatten.
Meine Muskeln entspannen sich. Ich lehne den Kopf zurück. Zoe schaut mich an.
»Ich hab’s nur ausgetestet. Wollte sehen, wie schnell das Baby hier fahren kann.«
Zoe lässt die Hand vom Armaturenbrett gleiten. »Jungs.« Sie lacht.
Ich bin nicht sicher, ob sie mir glaubt. Ich sollte ihr von dem Geld erzählen. Nein, noch nicht. Nicht, bis wir in Vegas sind und sie erkennt, wie sehr wir es brauchen. Eine Sekunde zu früh, und sie wird mich für einen Dieb halten.
Mein Herz schlägt langsamer, als auch der Wagen langsamer fährt, und ich denke, dass alles in Ordnung ist, ich denke, dass ich nicht so überreagieren darf. Aber schnell zu reagieren, ist nun mal die Art, die das Leben mich gelehrt hat. Denn ich hab mich nie wirklich sicher gefühlt.
Zoe lehnt sich an meiner Schulter an. Sie beobachtet die Felder und das Nichts, das an uns vorbeizieht.
Ich werfe einen Blick in den Rückspiegel.
ZOE
HIER DRAUSSEN GIBT ES NICHTS ,
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