Die Geschichte von Zoe und Will
genau, denn einer von ihnen trägt eine Jeansjacke über seinem Flanellhemd, und ich weiß nicht warum, aber Jeansjacken sind mir nicht geheuer.
Sie reden über Zoe.
Ich glaube nicht, dass sie es überhaupt bemerkt.
Wie kommt es, dass sie es nicht bemerkt? Warum hat sie nicht gelernt, immer misstrauisch zu sein? Ich wische mir mit der Hand über die Stirn. Ich hasse das. Dass sie nicht besser auf so was achtgibt.
Sie stehen einen halben Meter von ihr entfernt, aber ihre Hände und ihre Augen und ihre Worte bewegen sich vor, in ihre Richtung. Sie lachen und schubsen sich. Ich umklammere den Schlauch, als wäre er einer ihren dicken Hälse, und zische.
Einer von ihnen klopft Zoe auf die Schulter, und sie dreht sich mit hochgezogener Augenbraue um. Ihre Lippen formen das Wort: »Was?« Der Kerl, der Zoe nicht angetippt hat, grinst. Warum grinst der? Was fällt ihm überhaupt ein, sie anzufassen? Der andere, der mit der Jeansjacke, lächelt sie an und nickt ihr mit dem Kinn zu.
Zoe schenkt ihnen ein verhaltenes Lächeln und dreht sich wieder um, als der Kerl ihr eine Frage stellt. Sie antwortet, höflich. Sie ist ein höfliches Mädchen. Nicht wie ich.
Der Kerl sagt noch was, und Zoe wird rot.
Sie wird rot.
Ich reiße den Schlauch aus dem Wagen und ramme ihn zurück in die Zapfsäule. Benzin läuft mir über die Hand. Ich beobachte sie, während ich den Tankdeckel zuschraube und die Abdeckung schließe. Die beiden lachen wieder, und ich weiß, dass Zoe das hört. Ich kann es selbst von hier hören.
Ihr Rücken ist jetzt gerade. Ihre Arme verschränkt. Die Schultern durchgedrückt. Was haben sie gesagt, das Zoe rot werden lässt? Wichser. Was haben sie gesagt ?
Mit langen Schritten stürze ich auf den Laden zu, während die Kundin vor Zoe ihr Essen nimmt und weggeht. Zoe lässt die Arme sinken, um vorzurücken, unser Abendessen zu bestellen, da wirft der Kerl in der Jeansjacke seinem Freund ein dreckiges Grinsen zu und gibt Zoe einen Klaps auf den Hintern.
Verdammtes Arschloch.
Ich werde ihm jeden einzelnen seiner fauligen Zähne ausschlagen.
Ich haste zur Tür, denn ansonsten gibt es nichts in meinem Blickfeld. Keine Autos, keine Zapfsäulen, keine endlosen Weiten. Alles, was ich wahrnehme, ist die Tür und die Frau vor Zoe, die nun herauskommt. Ich sehe vor mir, wie ich hineingehe, dem Scheißkerl die Jeansjacke vom Körper reiße und ihn damit erwürge.
Jeansjacke.
Ich packe sie, die Jacke. Der Kerl ist kleiner als ich, wenn auch nicht viel. Aber er ist mindestens dreißig Pfund schwerer als ich. Spielt keine Rolle. Ein Wolf kann einen Büffel besiegen, wenn es sein muss.
Er flucht, als ich ihn zu Boden werfe. Die Jacke zieht die Arme und die Schultern hoch zur Brust. Er sieht aus wie ein Käfer, mit fuchtelnden Armen und Beinen.
»Brauchst du Hilfe?« Ich koche vor Wut und spucke ihm die Worte ins Gesicht. »Brauchst du Hilfe, deine Hände von jungen Mädchen zu lassen? Ich kann dir da helfen.«
Ich sage noch etwas, aber ich weiß nicht mehr was. Vielleicht waren es gar keine richtigen Worte, nur Geräusche. Ich höre Zoe, und ich spüre den Griff von dem Freund des Kerls, der mich an den Armen packt. Da schreit noch ein anderer. Um mich herum ist es laut, aber in meinem Innern herrscht völlige Klarheit. Es gibt nur mich und die wilden Augen des Jeansjackentypen. Er bleibt lang genug liegen, dass ich mit dem Arm ausholen kann und seinen zitternden Mund treffe. Er knallt auf dem Boden auf, hält sich das Gesicht. Er ist weich. Dreißig Pfund mehr als ich, aber alles weich.
Sein Freund aber nicht.
Seine Faust trifft meine Rippen, noch bevor ich den Schlag kommen sehe. Es presst mir die Luft aus den Lungen, aber mein Zorn wächst – er windet sich und krallt sich an mir fest, als wollte er aus meinem Magen platzen und alles um mich herum auffressen. Ich sehe Zoe, die genau hinter dem Kerl steht und seinen Arm packt, und ich bin rasend vor Wut, weil sie ihr das angetan, weil sie sie in dieses Schlamassel hineingezogen haben.
Die Jeansjacke rappelt sich jetzt hoch, aber der Typ ist immer noch in Reichweite meines Fußes, ich trete ihn in den Rücken, er fällt wieder. Dann folgt ein Schlag, unerwartet kräftig, gegen die Seite meines Kopfs. Ich taumle zurück, schließe Freundschaft mit dem Chipsregal. Ich spüre das Knistern der Tüten unter mir und einen Stiefel an meinem Knie. Ich beiße die Zähne zusammen gegen den Schmerz und packe das Bein des Kerls, reiße ihn zu Boden. Das Geräusch, das
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