Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Geschichte von Zoe und Will

Die Geschichte von Zoe und Will

Titel: Die Geschichte von Zoe und Will Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristin Halbrook
Vom Netzwerk:
anderen sagen, dass er etwas über dich gesagt hat.«
    Ich hielt inne. »Mich? Was könnte er schon über mich sagen?«
    Lin zuckte mit den Schultern. »Was gibt es da wohl zu sagen, hm?«
    Ich stand mitten im Gang, mit offenem Mund, und fragte mich, warum dieser neue Junge so viele Probleme bereiten musste. »Mach dir keine Sorgen. Morgen wird schon wieder Gras über die Sache gewachsen sein.« Sie umarmte mich kurz und heftig und düste in den Theatersaal, als der zweite Gong schlug.
    Nach dem Mittagessen verließ ich das Schulgebäude und marschierte die zwei Meilen in eisiger Kälte zum McMurray-Jugendheim. Ich zermarterte mir den Kopf, was ich zu ihm sagen würde, wie ich die Fragen formulieren könnte, die er in mir wachgerufen hatte.
    Ich war nicht gerade der gesprächige Typ. Manchmal redete ich mit Lindsay. Dann fragte sie mich mit einem optimistischen Lächeln, wohin ich nach der Highschool gehen wollte, und das Wort »gehen« hallte dann hundertfach in meinem Kopf wider, aber jedes einzelne Echo schlüpfte mir sogleich durch die Finger, sodass ich weder analysieren noch verstehen konnte, was der Begriff bedeutete. Gehen … wohin?
    Zu Beginn des Semesters rief mich der Beratungslehrer zu sich in sein Büro, um mit mir über Colleges und meine ausgezeichneten Noten und andere Dinge zu sprechen. Aber ich hörte kein Wort mehr von dem, was er sagte, nachdem er mir einen Packen Formulare über den Schreibtisch geschoben hatte, mit der Bitte, mein Dad solle sie sich ansehen und unterschreiben. In der sechsten Klasse habe ich meinem Dad Unterlagen für ein Ferienzeltlager zum Ausfüllen gegeben, und er hat sie postwendend in den Müll geworfen. Was diesmal ich tat, sobald ich das Büro des Beratungslehrers verließ.
    Ich schenkte Lin immer ein verhaltenes Lächeln und sagte, ich hätte noch genug Zeit, mir zu überlegen, wohin ich gehen würde. Jeder ging irgendwohin. Das Bedürfnis zu entfliehen flackerte in ihrer aller Augen, während sie die Gänge hinabschritten und darüber diskutierten, ob sie in Nebraska Football spielen oder Tiermedizin in Washington studieren wollten. Neid stieg in mir hoch, wenn ich ihre Pläne zufällig mitanhörte, doch das Gefühl erstarb rasch, verflüchtigte sich und verpuffte, sobald ich erkannte, dass ich mich an ihren Unterhaltungen nicht beteiligen konnte. Ich konnte nirgendwohin. Außerdem machten sich die anderen Schüler lustig über mich, wenn ich mit ihnen redete, weil ich mich so ausdrückte wie die Bücher, die ich las. Wörter benutzte wie »beschwerlich«.
    Es machte einfach keinen Sinn. Ich habe aufgehört, mit Leuten zu reden, lange bevor ich herausfand, wie man es richtig anstellte.
    Abgeblätterte weiße Farbe und ein mit einer Plastikfolie abgedecktes Fenster im ersten Stock begrüßten mich, als ich das Heim erreichte. Ich klopfte an der Tür, wohlwissend, dass meine Stimme versagen würde.
    Er öffnete die Tür in Boxershorts, einem weißen T-Shirt und mit Haaren in den Augen. Er sah aus wie ein Unterwäschemodel, aber seine Augen waren verlegen, wenn er zu mir hochspähte, sobald er nicht zu Boden sah. Meine Knie wurden weich, und meine Stimme war atemlos, als ich das Erstbeste sagte, was mir in den Sinn kam.
    »Ich habe gehört, du wurdest für eine Woche suspendiert«, stammelte ich, während die Worte eine hauchdünne Atemwolke zwischen uns wachsen ließ.
    Er nahm meine Hand, zog mich in den Eingang, schloss die Tür und half mir gleichzeitig aus dem Mantel. Dann führte er mich in einen Raum mit durcheinandergewürfelten Sofas voller Risse und Edding-Striche, und wir setzten uns nebeneinander. Ich betrachtete sein Gesicht, den Schatten auf seiner Wange, wo Hank einen Treffer erzielt haben musste, und hätte beinahe darüber gelächelt, wie sehr wir uns nun ähnelten. Zumindest ein bisschen.
    »Komm her.« Er zog mich auf seinen Schoß, wissend, dass ich kommen, dass ich nicht Nein sagen würde. Er hielt mich, aber er verriet mir nie, was Hank Prosser gesagt hatte, das ihn für siebzehn Stiche und einen gebrochenen Kieferknochen ins Krankenhaus gebracht hat.
    Mit keiner Silbe.
    Ich blicke jetzt zu Will, der neben mir im Auto sitzt, und frage mich nicht zum ersten Mal, was Hanks Worte gewesen sind. Und warum Will sie mir nicht verraten will.

WILL
    WIR HABEN MUSIK ANGEMACHT und von der Coke einen Zuckerrausch, als wir Utah erreichen. Die Gebirge sind eine grässliche Erinnerung an Colorado, heftigen Schmerz und den Geruch nach verbrannter Haut. Aber Zoe, die

Weitere Kostenlose Bücher