Die geschützten Männer
Haltung aufgeben.«
»Zu Befehl!« sage ich militärisch.
Ich richte mich auf meinem Stuhl auf, drücke die Brust heraus und blicke mit unbewegtem Gesicht und ausdruckslosen Augen vor
mich hin.
»Ralph«, wettert sie los, »hören Sie doch auf, den Clown zu spielen!«
Ich will gerade auf den »Clown« zurückkommen, als ich glücklicherweise hochschaue. Ich traue meinen Augen kaum. Sie ist den
Tränen nahe.
Ich erhebe mich halb von meinem Stuhl.
»Burage!« sage ich in völlig verändertem Tonfall.
»Bleiben Sie sitzen, Ralph! Und rühren Sie mich nicht an!«
Woher wußte sie, daß ich sie in die Arme nehmen wollte? Ich setze mich wieder hin. Und als wir einander in diesem Augenblick
fest ansehen, spüre ich die ganze Kraft der Bindung, die zwischen uns entstanden ist. Ist es denkbar, daß ich sie verlasse,
wenn auch um zu fliehen?
»Ist es so schwer zu sagen?«
»Ja, ziemlich.«
Ich bemerke, daß sie bei diesen Worten schluckte.
»Soll ich Ihnen helfen?«
»Ja.«
»Worum geht es?«
»Um Helsingforth.«
»Ach«, sage ich.
So unglaublich es klingen mag, die hatte ich vergessen. Zumindest aus dem Bewußtsein verdrängt.
»Also gut: Helsingforth«, sage ich.
»Das
Wir
nimmt an, daß sie nach ihrer Rückkehr nicht vergessen wird, was sie mit Ihnen vorhatte.«
»Was sie vorhatte?«
»Sie wissen es genau.«
Natürlich weiß ich es. Obwohl ich alles versucht hatte, um nicht mehr daran zu denken.
»Und?«
|276| »Das
Wir
meint, daß Sie ihr gefügig sein sollten.«
Ich bin einen Augenblick wie versteinert, dann stehe ich auf. Und da ich nicht weiß, was ich mit meinen Händen anfangen soll,
packe ich die Stuhllehne und umklammere sie mit aller Kraft.
»Das
Wir
kann denken, was es will«, sage ich schließlich mit vor Wut erstickter Stimme. »Aber ich will Ihnen mal eins sagen: ich lasse
mich von niemandem verkuppeln. Auch nicht vom
Wir
.«
»Doktor, ich bitte Sie, setzen Sie sich!«
»Und ausgerechnet Sie, Burage, übermitteln mir diese Empfehlung?«
»Lassen Sie mich das erklären.«
»Da gibt es nichts zu erklären.«
»Oh, doch. Diese Entscheidung …«
»Diese
Entscheidung
«, sage ich höhnisch.
»… war Gegenstand einer sehr intensiven Diskussion. Sie wurde durch Abstimmung getroffen.«
»Bravo! Und Sie haben selbstverständlich dafür gestimmt!«
»Ja, Ralph«, sagt Burage, meinem Blick standhaltend, »ich habe dafür gestimmt.«
Ich sehe sie an. Diese Antwort ernüchtert mich. Ich beruhige mich allmählich.
»Sind Sie sich darüber im klaren, was das
Wir
von mir verlangt? Ich soll das sexuelle Spielzeug einer Geisteskranken werden! Denn sie ist geisteskrank, oder wissen Sie
das vielleicht nicht?«
»Das
Wir
weiß es besser als Sie«, sagt Burage barsch. »Das Wir hat eine eingehende Studie von Helsingforths psychologischem Profil
angefertigt. Das
Wir
weiß genau, wie es um sie bestellt ist. Bedford hat Helsingforth in bezug auf Ihre Person freie Hand gegeben, und Helsingforth
… (sie zögert und fährt angewidert fort) … wird ihrer Phantasie die Zügel schießen lassen. Sie verfolgt drei Ziele«, berichtet
sie weiter und versucht, so methodisch wie sonst vorzugehen. »Helsingforth will Sie durch Demütigungen für Ihre Kündigung
bestrafen; sie will sich Ihrer als eines sexuellen Spielzeugs bedienen; und sie will Sie außerdem benutzen, um Audrey zu quälen.«
»Eine glänzende Analyse!« sage ich sarkastisch. »Und Sie verlangen von mir meine Einwilligung! Sie wissen doch wohl, |277| was mit einem Spielzeug geschieht, dessen man überdrüssig geworden ist.«
Burage sieht mir voll ins Gesicht und sagt mit Nachdruck: »Helsingforth wird Sie sowieso kassieren, ob Sie einverstanden sind
oder nicht.«
»Warum dann überhaupt erst einwilligen?«
Diese Logik macht auf Burage keinen Eindruck.
»Sie verstehen das nicht«, sagt sie ruhig. »Es ist lediglich eine Frage der Zeit. Auf Grund der Charakterstudie, die das
Wir
von Helsingforth machte, ist mit Sicherheit anzunehmen, daß Helsingforth sich unverzüglich (sie betont dieses Wort) rächen
wird, wenn Sie ihr ablehnend entgegentreten.«
»Was kann sie machen? Mich entlassen?«
Burage sieht mich kopfschüttelnd an.
»Schlimmeres. Viel Schlimmeres.«
Sie braucht nicht mehr zu sagen. Ich glaube ihr.
»Ich verstehe nicht«, sage ich unwirsch, »was ich an der Situation ändere, wenn ich auf Helsingforths Vorschläge eingehe.«
»Ich habe es ihnen gesagt: Sie gewinnen Zeit.«
»Und welchen Vorteil
Weitere Kostenlose Bücher