Die geschwätzigen Kleinode (German Edition)
weitersagen! Aglae ist meine Freundin, es sollte mir sehr leid thun.« – »Ach,« rief eine dritte bekümmert aus, »das arme kleine Weibchen rennt mutwillig in ihr Verderben. Es ist doch schade! Aber zwanzig Liebhaber auf einmal! Wer kann das aushalten?«
Die Stutzer schonten ihrer ebensowenig. Einer erzählte von einer Jagd, auf der sie sich zusammen verirrt hätten. Ein andrer verschwieg aus Achtung für ihr Geschlecht die Folgen eines sehr lebhaften Gesprächs, das er auf einem Maskenballe mit ihr geführt hatte. Ein dritter lobte ihren Witz und ihre Reize und zeigte schließlich ein Miniaturbild von ihr, das ihm, wie er zu verstehn gab, aus den besten Händen kam. »Es ist viel ähnlicher,« sagt’ er, »als das, was sie Jenaki gegeben hat.«
Diese Reden kamen endlich vor ihren Gemahl. Celebi liebte seine Frau, aber freilich mit Anstand, und ohne daß man das geringste dabei fand. Den ersten Nachrichten maß er keinen Glauben bei. Aber man wiederholte sie so oft und von so vielen Seiten, daß er endlich glaubte, seine Freunde seien scharfsichtiger als er. Je mehr Freiheit er Aglaen verstattet hatte, desto leichter argwöhnte er, daß sie ihrer mißbraucht habe. Eifersucht bemächtigte sich seiner Seele. Er fing an seine Frau einzuschränken. Aglae ertrug dieses veränderte Verfahren um so ungeduldiger, als sie sich unschuldig fühlte. Ihre Lebhaftigkeit und guter Freundinnen Rat bewogen sie zu unüberlegten Schritten, so daß sie sich scheinbar ins Unrecht setzte und beinahe ums Leben gekommen wäre. Der heftige Celebi überlegte heimlich tausend Anschläge der Rache durch Stahl, Gift oder Strang und entschloß sich endlich, sie eine langsamere, grausamere Strafe erdulden zu lassen: Verbannung auf seine Güter. Das ist der wahre Tod für eine Dame vom Hofe. Kurz und gut, der Befehl ist bald gegeben, eines Abends erfährt Aglae ihr Schicksal; man bleibt unempfindlich gegen ihre Tränen, taub gegen ihre Rechtfertigung, und so wird sie achtzig Meilen weit von Banza in ein altes Schloß verbannt, wo man ihr keine andre Gesellschaft läßt, als zwei alte Weiber und vier schwarze Verschnittene, die sie nicht aus den Augen verlieren.
Kaum war sie entfernt, so war sie unschuldig. Die Stutzer vergaßen ihre Liebeshändel, die Damen verziehen ihrem Witz und ihren Reizen, die ganze Welt beklagte sie. Mangogul erfuhr aus Celebis’ eignem Munde, warum er ein so schreckliches Urteil gesprochen habe, und war der einzige, der ihm recht zu geben schien.
Seit sechs Monaten schmachtete die unglückliche Aglae in ihrer Verbannung, als sich das Abenteuer mit Kersael ereignete. Mirzoza wünschte sie unschuldig zu finden, wagte es aber kaum zu hoffen. Doch sprach sie eines Tages zum Sultan: »Fürst, Ihr Ring hat Kersaels Leben erhalten, vielleicht könnt’ er Aglaens Verbannung ein Ende machen? Aber was fällt mir ein! Da müßten Sie ja ihr Kleinod befragen, und die arme Gefangene stirbt achtzig Meilen von hier vor langer Weile.« »Geht Ihnen Aglaes Schicksal sehr zu Herzen?« fragte Mangogul. »Ja, gnädigster Herr, vornehmlich, wenn sie unschuldig sein sollte,« antwortete Mirzoza. »Das sollen Sie wissen, ehe eine Stunde vorüber ist,« erwiderte Mangogul. »Erinnern Sie sich nicht an die Eigenschaften meines Ringes?« Mit diesen Worten begab er sich in seinen Garten, drehte den Ring und befand sich fünfzehn Minuten darauf in dem Lustwäldchen des Schlosses, das Aglae bewohnte.
Dort sah er Aglae einsam und in Gram versunken. Ihr Kopf stützte sich auf ihre Hand, sie nannte zärtlich den Namen ihres Gemahls, ihre Tränen strömten auf den Rasen, worauf sie saß. Mangogul nahte sich ihr und drehte seinen Ring. Traurig sprach Aglaens Kleinod: »ich liebe Celebi.« Der Sultan erwartete, was noch kommen würde, aber es kam nichts weiter. Deswegen hielt er sich an seinen Ring, rieb ihn einigemal gegen seinen Turban und kehrte ihn dann wieder gegen Aglae. Aber seine Mühe war vergebens. Das Kleinod sprach wieder: »ich liebe Celebi,« und schwieg. »Ist das ein verschwiegenes Kleinod!« sagte der Sultan. »Wir müssen doch noch einmal sehen und den Stein etwas fester reiben.« Zu gleicher Zeit gab er seinem Ring allen Nachdruck, dessen er fähig war, und drehte ihn plötzlich auf Aglae, aber ihr Kleinod blieb stumm. Und so schwieg es beständig fort, oder wiederholte höchstens im Klageton: »ich liebe Celebi, und nie hab‹ ich einen andern geliebt!«
Mangogul fand sich darein und kehrte in fünfzehn Minuten zur Favorite
Weitere Kostenlose Bücher