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Die geschwätzigen Kleinode (German Edition)

Die geschwätzigen Kleinode (German Edition)

Titel: Die geschwätzigen Kleinode (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denis Diderot
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dann tun?« unterbrach ihn Mirzoza hastig.
    »So werde ich, wenn Sie wollen, öffentlich bekanntmachen, daß mich Ihr Beweis über die Möglichkeit sittsamer Weiber entzückt; so unterstütz’ ich Ihre Logik mit aller Macht; so schenk ich Ihnen mein Lustschloß Amana nebst allem sächsischen Porzellan, womit es geziert ist, ohne den emaillierten Wickelschwanzaffen auszunehmen und all den übrigen Kram dazu, den ich von Madame de Véru gekauft habe.«
    »Fürst, ich werde mich mit dem Porzellan des Schlosses und dem kleinen Wickelschwanzaffen begnügen.«
    »Es gilt,« sagte Mangogul, »Selim sei Schiedsrichter. Ich verlange nur einige Zeit, um selbst Aglaens Kleinod zu befragen. Man muß doch der Hofluft und der Eifersucht des Mannes etwas Zeit lassen zu wirken.«
    Mirzoza gestand dem Sultan einen Monat zu; er hatte nur halb so viel begehrt, und beide schieden voller Hoffnung voneinander. Ganz Banza hätte für und wider sie gewettet, wenn des Sultans Versprechen ruchbar geworden wäre. Aber Selim schwieg, und Mangogul schickte sich heimlich an, zu gewinnen oder zu verlieren. Er verließ eben das Gemach der Favorite, als sie ihm aus dem Zimmer nachrief: »Fürst …! Und den kleinen Wickelschwanzaffen!« »Und den kleinen Wickelschwanzaffen,« antwortete Mangogul, indem er sich entfernte. Er begab sich von da in das kleine Haus eines Senators, wohin wir ihm folgen.
    Der Sultan wußte gar wohl, daß jeder junge Herr an seinem Hofe ein kleines Häuschen habe; aber man berichtete ihm, daß auch einige Senatoren sich solcher Absteigequartiere bedienten, und das setzte ihn in Erstaunen. »Was machen sie da?« fragte er bei sich. Denn er wird in diesem Bande die Gewohnheit, mit sich selbst zu sprechen beibehalten, die er im ersten Bande angenommen hat. »Es scheint mir, ein Mann, dem ich die Ruhe, das Glück, die Freiheit und das Leben meines Volks vertraue, sollte kein geheimes Häuschen haben. Aber vielleicht ist das Häuschen eines Senators ein ganz ander Ding, als das eines Stutzers. Eine obrigkeitliche Person, die meiner Untertanen wichtigste Angelegenheiten in ihrer Obhut hat, die über das Los der Witwen und Waisen entscheidet, sollte der Würde ihres Standes und der Wichtigkeit ihres Amts vergessen? Und sollte sie, während ein redlicher Sachverwalter umsonst das Geschrei der Unterdrückten an ihre Ohren bringen läßt, unterdessen über den Ankauf wollüstiger Gemälde nachdenken, um die geheime Zuflucht ihrer Ausschweifungen damit auszuschmücken? Das kann nicht sein! Doch muß ich mich überzeugen.«
    So sprach er und stand in Alcanto. Dort lag das Häuschen des Senators Hippomanes. Er tritt hinein, durchläuft die Gemächer, prüft die Einrichtung. Alles scheint ihm wollustatmend. Agesilas, der weichlichste, sinnlichste seiner Hofleute, trieb die Üppigkeit nicht weiter. Schon wollt’ er wieder gehen, unschlüssig, was er denken sollte; denn am Ende waren die Ruhebetten, die Spiegelzimmer, die Sofas mit Sprungfedern, die Ambradüfte wohlriechender Wasser und alles übrige doch nur stumme Zeugen dessen, was er gern erfahren möchte; als er eine dicke Person, auf ein Sofa gestreckt, in tiefem Schlummer liegen sah. Gegen die drehte er seinen Ring und erfuhr von ihrem Kleinod folgende Nachrichten:
    »Alfane ist die Tochter eines Rechtsgelehrten. Wäre ihre Mutter früher gestorben, so befände ich mich nicht hier. Die unermeßlichen Reichtümer ihrer Familie sind der alten Närrin durch die Finger gegangen und sie hat ihren vier Kindern beinahe nichts nachgelassen: dreien Söhnen und einer Tochter, deren Kleinod ich bin. Ach! das bin ich wohl zur Strafe für meine Sünden. Wie viel Schmach ich schon ausgestanden habe! Wie viel ich noch werde erdulden müssen! Die Welt sagt, ein Kloster schicke sich am besten für meiner Herrin Vermögen und Gestalt; aber ich fühlte sehr gut, es schickt sich nicht für mich. Ich zog die Kriegskunst dem Klosterleben vor, und ich machte meinen ersten Feldzug unter dem Emir Asalaf mit. Unter dem großen Nangasaki vervollkommnete ich mich. Aber ich ward des undankbaren Handwerkes überdrüssig, und vertauschte den Degen gegen das Richtergewand. Jetzt werd’ ich also einem Schuft von Senator gehören, der sich seiner Verdienste rühmt, seines Witzes, seines Aussehens, seines Postzuges und seiner Ahnen. Ich erwarte ihn seit länger als einer Stunde. Er kommt wahrscheinlich noch, denn sein Kammerdiener hat mir gesteckt, es sei eine Grille von ihm, immer lange auf sich warten zu

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