Die geschwätzigen Kleinode (German Edition)
zurück. »Wie, gnädigster Herr,« sagte sie, »Sie sind schon wieder da? Was haben Sie erfahren? Gibt es Stoff für unsre Unterhaltung?« »Ich bringe nichts mit,« antwortete der Sultan. – »Nichts. – Ganz und gar nichts. Ein so stummes Kleinod ist mir niemals vorgekommen. Kein Wort ist aus ihm herauszubringen als: ich liebe Celebi, und nie hab’ ich einen andern geliebt’.« »Ach! gnädigster Herr,« erwiderte Mirzoza lebhaft, »was sagen Sie mir da? welche fröhliche Nachricht! Das also ist endlich eine sittsame Frau! Soll sie länger unglücklich bleiben?« »Nein,« antwortete Mangogul, »ihre Verbannung wird ein Ende nehmen; aber fürchten Sie nicht, daß ihre Tugend darunter leiden werde? Aglae ist sittsam, aber, Wonne meines Herzens, sehn Sie, was Sie verlangen? ich soll sie zurückberufen, und sie soll es bleiben? Doch Ihr Wille geschehe!«
Sogleich ließ der Sultan Celebi vor sich kommen und sagte ihm, er habe den über Aglae verbreiteten Gerüchten nachgeforscht und sie alle als falsch und verleumderisch erkannt; er befehle ihm, sie an seinen Hof zurückzubringen. Celebi gehorchte und stellte seine Frau dem Sultan vor. Sie wollte sich Seiner Hoheit zu Füßen werfen, aber Mangogul tat ihr Einhalt: »Madam,« sagte er, »Ihr Dank gebührt Mirzoza. Ihre Freundschaft für Sie hat mich vermocht, die Wahrheit der Tatsachen zu untersuchen, die man Ihnen zur Last legte. Fahren Sie fort, meinen Hof zu verschönern, aber erinnern Sie sich, daß eine hübsche Frau sich durch Unvorsichtigkeit zuweilen ebensosehr schadet, als durch wirkliche Abenteuer.«
Tags darauf erschien Aglae bei der Manimonbanda, die sie mit einem Lächeln empfing. Die Stutzer taten noch einmal so albern gegen sie als zuvor; die Damen eilten sie zu umarmen, ihr Glück zu wünschen, und fingen wieder an, sie zu zerpflücken.
Non sine diis animosus
Horaz
Seit Mangogul Cucufas Zaubergeschenk erhalten hatte, waren die Lächerlichkeiten und Laster der Weiber der ewige Gegenstand seines Spottes. Darin konnte er sich gar nicht genug tun, und das langweilte die Favorite oftmals. Aber Langeweile brachte bei der Sultanin, sowie bei sehr vielen andern Damen zwei grausame Wirkungen hervor: sie ward verdrießlich und mischte Bitterkeit in ihre Reden. Dann wehe denen, die ihr zu nahe kamen; sie machte keinen Unterschied und verschonte selbst den Sultan nicht.
»Gnädigster Herr,« sagte sie eines Tages in solch einem Anfall von Verdruß, »Sie wissen so vieles, aber vielleicht wissen Sie nicht die Neuigkeit des Tages.« – »Was wäre das?« fragte der Sultan. – »Man sagt, Ihre Hoheit lernten alle Morgen drei Seiten Histörchen aus Brantôme oder Quville: denn noch ist man nicht einig, welches klassische Werk bei Ihnen den Vorzug hat.« – »Man irrt sich, Madam,« sagte Mangogul, »ich lese meinen Crébillon …« – »O Sie dürfen sich jener Leserei nicht schämen,« unterbrach ihn die Favorite. »Die neuen Bosheiten, die man über uns schreibt, sind so geschmacklos, daß man weit besser tut, die alten aufzuwärmen. Es stehn wahrlich sehr hübsche Sachen in diesem Brantôme: verbinden Sie mit diesen Geschichten drei oder vier Kapitel aus Bayle, und Sie werden sich augenblicklich ebensowitzig finden, als den Marquis D …. und den Chevalier de Mouhi. Das würde eine erstaunliche Mannigfaltigkeit in Ihre Unterhaltung bringen. Wenn Sie die armen Weiber ganz in die Pfanne gehauen hätten, so würden Sie auf die Pagoden verfallen, von den Pagoden kämen Sie auf die Weiber zurück. Wahrlich, Ihnen fehlt nichts als eine kleine Sammlung Gotteslästerungen, um ein vollkommen guter Gesellschafter zu sein.«
»Sie haben ganz recht, Madame,« antwortete Mangogul, »und ich werde sie mir kommen lassen. Wer in dieser und jener Welt nicht betrogen sein will, kann gegen die Macht der Pagoden, die Rechtschaffenheit der Männer und die Sittsamkeit der Weiber nicht genug auf seiner Hut bleiben.«
»Diese Sittsamkeit,« versetzte Mirzoza, »ist nach Ihrer Meinung also wohl etwas Zweideutiges?« »Weit mehr, als Sie glauben,« antwortete Mangogul.
»Fürst,« erwiderte Mirzoza, »Sie haben mir Ihre Minister hundertmal als die rechtschaffensten Männer von Congo angepriesen. Ich habe die Lobreden auf Ihren Seneschall, auf die Statthalter Ihrer Provinzen, auf Ihre Geheimschreiber, auf Ihren Schatzmeister, kurz auf alle Ihre Staatsdiener, so oft anhören müssen, daß ich sie Ihnen Wort für Wort wiederholen kann. Es ist sonderbar, daß der Gegenstand
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