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Die geschwätzigen Kleinode (German Edition)

Die geschwätzigen Kleinode (German Edition)

Titel: Die geschwätzigen Kleinode (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denis Diderot
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aber diese Dinge hatten ihn nicht allein beschäftigt; von den Bildhauerarbeiten, die ihn umgaben, stellten die wichtigsten auf einer Seite Ackersleute dar, über ihren Pflug gebeugt oder ihr Feld bauend, und auf der andern Hirten im Grase liegend und zwischen Schafen und Hunden die Flöte blasend. Die Büste über dem Greis auf der nämlichen Seite zeigte einen verstörten Blick, sein Auge schien einen fliehenden Gegenstand zu verfolgen, und darunter hatte man eine fortgeworfene Leier abgebildet, zerstreute Lorbeerreiser, zertrümmerte Wagen, unbändige Rosse, die ihrem Führer entlaufen, sich in der weiten Ebene tummelten.
    Diesem gegenüber stand ein Kopf, der mich ungemein interessierte, ich glaub’ ihn noch zu sehen: er hatte ein feines Gesicht, eine starke Adlernase, einen festen Blick und ein spöttisches Lächeln. Die Bildhauerarbeiten, die sein Fußgestell schmückten, waren so überladen, daß ich gar nicht fertig würde, wenn ich sie Ihnen beschreiben wollte.
    Noch untersucht’ ich verschiedne andre Brustbilder und dann fragt’ ich meine Führerin: ›Wer ist dieser hier, der die Wahrheit auf den Lippen und die Rechtschaffenheit im Antlitz trägt?‹ ›Er war,‹ sagte sie zu mir, ›der Wahrheit und der Rechtschaffenheit Freund und Opfer. Solange er lebte, war er einzig bestrebt, seine Mitbürger gebildet und tugendhaft zu machen, und die undankbaren Mitglieder nahmen ihm das Leben.‹ ›Und diese Büste daneben?‹ – ›Welche?‹ – ›Die von den Grazien getragen scheint, die man auf das Untergestell gemeißelt hat?‹ – ›Ja die …!‹ ›Die stellt den Schüler und Erben der Lehren des tugendhaften Unglücklichen dar, von dem ich Ihnen soeben sprach.‹
    ›Und jener dicke Pausbäckige da, den man mit Weinlaub und Myrten bekränzt hat, wer ist er?‹ – ›Das ist ein liebenswürdiger Philosoph, dessen einzige Beschäftigung es war, die Freude zu besingen und zu genießen. Er starb in den Armen der Wollust.‹
    ›Und der andere da, der Blinde?‹ ›Das ist,‹ sagte sie zu mir … aber ich hörte ihre Antwort nicht mehr. Denn nun kam mir alles bekannt vor, was ich sah. Ich eilte zu dem Kopf, der jenem gegenüberstand. Er ruhte auf einer Trophäe mit den verschiedenen Attributen der Wissenschaften und der Künste: Liebesgötter balgten sich miteinander auf einer Seite seines Untergestells. Auf der anderen hatte man die Genien der Politik, der Geschichte und der Philosophie gruppiert. Auf der dritten sah man zwei Heere in Schlachtordnung aufgestellt: Staunen und Schrecken herrschten auf den Gesichtern; auch Spuren von Bewunderung und Mitleid konnte man gewahren. Diese Gefühle entstanden offenbar aus den Schilderungen, die sich dem Auge darboten. Alles in diesen Gestalten war von höchster Schönheit, sowohl die Verzweiflung der einen als die Todesmüdigkeit, die alle Glieder der anderen befallen zu haben schien. Ich trat näher und las darunter in goldenen Buchstaben: ›Wehe! es war sein Sohn!‹
    Auf einer andern Fläche war ein wütender Soldat gemeißelt, der einem jungen Mädchen angesichts einer großen Volksmenge den Dolch ins Herz stieß. Die einen wandten sich ab, die anderen weinten. Um das Bildwerk herum waren die Worte eingegraben: ›Seid Ihres N’rest an?‹
    Ich wollte mich gerade zu anderen Büsten wenden, als ein plötzliches Geräusch mich den Kopf drehen ließ. Es ward durch eine Menge schwarzbemäntelter Leute verursacht, die in die Galerie stürzten. Einige trugen Rauchfässer, aus denen ein dicker Dampf aufstieg, andre hatten Kränze von Kuhnelken und anderen wahllos gepflückten und geschmacklos gewundenen Blumen. Sie versammelten sich um die Brustbilder, beräucherten sie und sangen ihnen Gesänge in zwei mir unverständlichen Sprachen. Der Rauch ihrer Weihe hängte sich an die Büsten, denen die aufgesetzten Kränze ein lächerliches Aussehen gaben. Aber bald nahmen die Antiken ihren ursprünglichen Glanz wieder an, der Dampf verzog sich, und die Kränze lagen verwelkt und entblättert am Boden. Unter ihren barbarischen Anbetern entstand ein Zank, weil einige nach der Meinung andrer ihr Knie nicht tief genug gebeugt halten: und schon waren sie nahe daran, deswegen handgemein zu werden, als meine Führerin sie mit einem Blick zerstreute und den Frieden ihrer Wohnung wiederherstellte.
    Sie waren kaum verschwunden, als ich durch eine entgegengesetzte Tür eine lange Reihe von Pygmäen hereinkommen sah. Diese kleinen Menschen waren nicht zwei Spannen hoch, dagegen

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