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Die geschwätzigen Kleinode (German Edition)

Die geschwätzigen Kleinode (German Edition)

Titel: Die geschwätzigen Kleinode (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denis Diderot
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besaßen sie äußerst spitze Zähne und sehr lange Nägel. Sie teilten sich in verschiedene Rotten und bemächtigten sich der Brustbilder. Einige suchten die Bildwerke der Gestelle zu zerkratzen, und der Fußboden war mit den Trümmern ihrer Krallen bedeckt. Andre, unverschämter noch als jene, kletterten einer dem andern auf die Schulter, bis sie so hoch waren wie die Köpfe, denen sie Nasenstüber gaben. Aber was mich belustigte, war die Wahrnehmung, daß diese Nasenstüber, weit entfernt, die Nasen der Brustbilder zu erreichen, auf die Nasen der Zwerge zurückprallten. Auch fand ich bei näherem Anblick, daß sie fast alle stumpfnasig waren.
    ›Ihr seht,‹ sagte meine Führerin, ›worin die Frechheit und die Strafe dieser Myrmidonen besteht. Der Krieg dauert schon lange und immer zu ihrem Nachteil. Gegen sie verfahr’ ich weniger strenge, wie gegen die Schwarzröcke. Der Weihrauch der letzteren könnte die Brustbilder entstellen, die Bemühungen jener haben gemeiniglich den Erfolg, ihren Glanz nur zu mehren. Da Ihr aber ein oder zwei Stunden hier verweilen dürft, so rat ich Euch, weiter Umschau zu halten.‹
    Sogleich öffnete sich ein großer Vorhang, und ich erblickte eine Werkstube mit einer andern Zwergenart angefüllt. Diese hatten weder Zähne noch Nägel, dagegen waren sie mit Rasiermessern und Scheren versehen. Sie hielten Köpfe, die Leben zu atmen schienen, in Händen und schnitten sehr eifrig dem einen die Haare weg, einem andern rissen sie Nase und Ohren ab, dem das rechte, jenem das linke Auge, kurz, sie verstümmelten alles. War diese saubere Operation vollbracht, so besahen sie, was sie gemacht hatten und lächelten dazu, als ob sie wunder etwas Schönes daraus gemacht hätten. Die armen Köpfe schrien zwar aus Leibeskräften, aber man würdigte sie keiner Antwort. Einen besonders hört’ ich seine Nase wieder fordern und behaupten, es sei ihm unmöglich, sich ohne dieses Glied sehen zu lassen. ›Herzallerliebstes Köpfchen,‹ antwortete der Pygmäe, ›du bist nicht gescheit. Wie kannst du nur deine Nase zurückwünschen? Sie entstellte dich ja. Sie war so lang, so lang! Mit der war kein Glück zu machen. Seit ich dich gestutzt und geschnitten habe, bist du allentzückend; die ganze Welt wird dir nachlaufen.‹
    Das Schicksal dieser Köpfe rührte mich, als ich in der Ferne mitleidigere Zwerge entdeckte, die mit Brillen auf der Erde herumkrochen. Sie sammelten Nasen und Ohren auf und paßten sie einigen alten Köpfen an, denen die Zeit sie geraubt hatte. Einigen gelang das wohl, aber nur sehr wenigen: andre setzten die Nase an die Stelle des Ohrs oder das Ohr an die Stelle der Nase, und die Köpfe sahen nur noch häßlicher aus als vorher.
    Ich war sehr neugierig, zu wissen, was alles dieses bedeutete: ich befragte meine Führerin darum, sie öffnete schon den Mund, mir zu antworten, und plötzlich erwacht’ ich.«
    »Das ist grausam,« sagte Mangogul, »dieses Frauenzimmer hätte Ihnen sehr viele Geheimnisse offenbart. Da wir ihrer aber nicht habhaft werden können, so rat’ ich Ihnen, sich an meinen Taschenspieler Bloculocus zu wenden.« »An wen? An den Pinsel,« sagte die Favorite, »dem Ihre Hoheit das ausschließende Vorrecht erteilt haben, Ihrem Hofe die Zauberlaterne zu zeigen?« »Gerade an den,« antwortete der Sultan, »er oder keiner kann Ihren Traum deuten. Bloculocus soll kommen,« sprach Mangogul.
    Der gelehrte Afrikaner sagt uns nicht, was Mangogul tat, während Bloculocus auf sich warten ließ. Wahrscheinlich ging er hinaus, um einige Kleinode zu befragen, war zufrieden mit dem, was er von ihnen erfuhr, und kehrte wieder zur Favorite mit dem Freudengeschrei zurück, womit dieser Abschnitt anhebt: »Sieg! Sieg! Sie triumphieren, Madam! Das Schloß, das Porzellan und der kleine Wickelschwanzaffe gehören Ihnen!«
    »Sie sahen Aglae?« fragte die Favorite. »Nein, Madame, nicht Aglae,« unterbrach sie der Sultan, »eine andre!« »O Fürst,« sagte die Favorite, »entziehn Sie mir nicht länger dies Vergnügen, diesen Phönix zu kennen.« – »Sie werden mir nicht glauben, wenn ich ihn nenne …« »Nun, wer denn …?« fragte die Favorite. »Fricamone,« antwortete der Sultan. »Fricamone?« versetzte Mirzoza, »ich sehe darin nicht Unmögliches. Die Frau hat den größten Teil ihrer Jugend im Kloster zugebracht, und seit sie es verließ, ein sehr erbauliches, eingezogenes Leben geführt. Kein Mann setzt einen Fuß in ihr Haus. Sie ist gleichsam die Priorin einer Herde

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