Die geschwätzigen Kleinode (German Edition)
Liebschaft mit der Frau eines Korsaren gehabt, die mir keine Zeit ließ zu verzweifeln. Die Tuniserin war unerschrocken ich verrückt. Alle Tage warf sie mir die Strickleiter zu, worauf ich aus unsrer Wohnung auf ihren Altan stieg und von da in ein Kabinett, wo sie mich vervollkommnete, denn bei Emilien blieb ich im ersten Entwurf. Ihr Mann kehrte gerade von einer weiten Reise zurück, als mein Hofmeister, der seine Instruktion befolgte, in mich drang, nach Europa zu gehen. Ich setzte mich auf ein Schiff, das nach Lissabon abging, aber vorher beurlaubte ich mich mehr als einmal zärtlich bei Elviren, die mir den Diamanten gab, den Sie hier sehen.
Unser Schiff hatte viel Waren an Bord, aber nach meinem Geschmack war die Frau des Kapitäns die kostbarste. Sie zählte kaum zwanzig Jahre, ihr Mann war eifersüchtig wie ein Tiger, und nicht ganz ohne Ursache. Bald verstanden wir uns untereinander. Donna Velina begriff auf einmal, daß sie mir gefiele, ich, daß ich ihr nicht gleichgültig, ihr Gemahl, daß er uns im Wege sei. Der Seemann entschloß sich, sie niemals aus den Augen zu lassen, bis wir im Hafen von Lissabon ankommen würden. Ich las in den Augen seiner teuren Gattin, wie leid es ihr sei, so von ihrem Manne belagert zu werden. Die meinigen sagten ihr eben das, und der Ehemann erriet uns ohne Mühe. Zwei Tage dursteten wir unaussprechlich nach Genuß und wären sicherlich vor Durst verschmachtet, hätte sich der Himmel nicht ins Spiel gemischt. Aber der steht immer den Bedrängten bei. Kaum waren wir durch die Meerenge von Gibraltar gesegelt, als ein wütender Sturm sich erhob. Wäre es hier nicht um Geschichte zu thun, so würde ich nicht unterlassen, gnädige Frau, die Winde um Ihre Ohren pfeifen und den Donner über Ihr Haupt rollen zu lassen, den Himmel mit Blitzen zu entzünden, die Wogen bis an die Wolken zu schleudern und Ihnen den fürchterlichsten Sturm zu schildern, der Sie jemals in einem Roman betroffen hat. Jetzt begnüg’ ich mich, Ihnen zu sagen, daß der Kapitän durch das Geschrei der Matrosen gezwungen ward, seine Kajüte zu verlassen und sich einer Gefahr auszusetzen, um der andern zu entgehen. Mein Hofmeister begleitete ihn, und ich stürzte mich ohne Bedenken in die Arme der schönen Portugiesin, vergaß gänzlich Meer, Sturm, Ungewitter und das zerbrechliche Schiff und überließ mich rückhaltlos dem treulosen Element. Unsre Fahrt war schnell, und Ihro Gnaden ermessen leicht, daß man in wenig Stunden weit kommt, wenn der Wind in die Segel stößt. Wir stiegen in Cadix ans Land, wo ich meiner Sennora versprach, sie zu Lissabon wieder aufzusuchen, wenn es mir mein Mentor erlauben würde, dessen Absicht gerade nach Madrid ging.
Die Spanierinnen sind viel eingezogner und verliebter als unsre Damen. Dort pflegt man der Liebe durch Botschafterinnen, die den Auftrag haben, die Fremden auszuspähen, ihnen Anträge zu machen, sie hin- und zurückbegleiten; und die Damen nehmen die Mühe auf sich, sie zu beglücken. Der Zufall fügte es, daß ich dieser Umstände nicht bedurfte. Eine große Revolution hatte einen französischen Prinzen auf den Thron dieses Landes versetzt; seine Ankunft und seine Krönung veranlaßten Feierlichkeiten am Hofe, bei denen ich erschien. Man sprach zu mir auf einer Redoute, man schlug mir eine Zusammenkunft für den folgenden Tag vor; ich nahm sie an und begab mich in ein abgelegenes Haus, wo ich einen verlarvten Menschen fand, bis an die Nase in seinen Mantel gehüllt, der mir ein Briefchen zusteckte, wodurch Donna Oropesa unsre Unterhaltung auf die nämliche Stunde des morgenden Tages verschob. Ich fand mich wieder ein und ward in ein prächtig möblirtes, von Wachskerzen erleuchtetes Zimmer geführt. Meine Göttin ließ nicht auf sich warten. Sie folgte mir auf dem Fuß und warf sich in meine Arme, ohne ein Wort zu sprechen oder ihre Larve abzulegen. War sie häßlich? war sie schön? Das wußte ich nicht. Nur auf dem Sofa, wohin sie mich führte, ward ich gewahr, daß sie jung und gut gebaut sei und das Vergnügen liebte. Als sie meiner Lobeserhebungen genug hatte, entlarvte sie sich und zeigte mir das Original des Gemäldes, das Sie auf dieser Dose sehn.«
Selim zog, indem er dies sagte, eine trefflich gearbeitete goldne Dose, mit Edelsteinen besetzt, hervor. »Das ist ein schönes Geschenk,« sagte Mangogul. »Das Gemälde darauf ist mir das schätzbarste,« sagte die Favorite. »Was für Augen! Welch ein Mund! Welch ein Busen! Ist dabei nichts
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