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Die Gesellschaft des Abendsterns

Die Gesellschaft des Abendsterns

Titel: Die Gesellschaft des Abendsterns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brandon Mull
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Warren griff abermals nach dem Stab. Als er ihn losließ, kehrte der Stab wiederum von ganz allein in das Loch zurück.
    »Wir halten die da besser gut fest, oder wir werden dort unten nicht mehr wegkommen«, meinte Kendra.
    Warren nickte und zog einen Stab für sich selbst heraus. Er drehte ihn so, dass die schwarze Spitze nur ganz leicht nach oben zeigte, und trat über den Rand. Er fiel sanft hinab, und Kendra musste abermals an Astronauten denken.
    Kendra kippte den Stab langsam und staunte, als sie spürte, wie der Sog der Schwerkraft nachließ, auch ohne dass sie sich bewegte. Das Gefühl war seltsam; es erinnerte sie daran, wenn sie sich unter Wasser bewegte. Jetzt neigte sie den Stab so, dass die schwarze Spitze leicht nach unten zeigte, und sie wurde nach oben gezogen, bis ihre Füße das Sims verließen. Nachdem sie den Stab ein ganz klein wenig in die andere Richtung geneigt hatte, schwebte sie wieder nach unten.
    Jetzt, da sie sich mit dem Stab vertraut gemacht hatte, trat Kendra über den Rand des Simses und begann ihren sehr langsamen freien Fall. Das Gefühl war unglaublich. Sie hatte davon geträumt, in den Weltraum zu fliegen, um einmal Schwerelosigkeit zu erleben, und jetzt war sie hier, in
einem unterirdischen Turm, und erlebte etwas ganz Ähnliches. Die schwindelerregende Höhe war bei weitem nicht mehr so einschüchternd, da sie die Schwerkraft mit einer Drehung ihres Handgelenks kontrollieren konnte.
    Warren stieg auf, um ihr entgegenzukommen. »Experimentiere mit dem Stab«, forderte Warren sie auf. »Nichts zu Drastisches, aber du solltest ein Gefühl dafür bekommen, wie man aufsteigt, fällt und bremst. Es gibt da einen Trick. Ich habe das Gefühl, dass die Stäbe noch sehr nützlich sein werden, bevor wir hier fertig sind.«
    Plötzlich schoss Warren nach unten. Kendra beobachtete, wie er das Tempo verlangsamte und innehielt. »Ich dachte, Sie hätten gesagt, nichts zu Drastisches«, rief sie ihm zu.
    Er schnellte empor, bis er wieder auf gleicher Höhe mit ihr war. »Ich meinte, du sollst nichts zu Drastisches probieren«, sagte er, dann tauchte er wieder ab.
    Nach und nach neigte Kendra die schwarze Spitze steiler nach oben und beschleunigte ihren Fall. Dann drehte sie den Stab plötzlich nach unten, und ihr Sturz wurde gebremst, als hinge sie an einem Gummiseil. Als sie den Stab genau waagrecht hielt, blieb sie auf halbem Weg zum Boden in der Luft stehen.
    Kendra blickte zu den fernen Dornen an der Decke auf. Sie hielt die schwarze Spitze ganz nach unten, und mit jäher Beschleunigung schoss sie auf die eisernen Stalaktiten zu. Das Gefühl raubte ihr die Orientierung; es war, als stürze sie mit dem Kopf voraus auf den Boden zu, und die Dornen kamen schnell näher. In Panik riss sie den Stab herum. Das Gefühl des bremsenden Gummiseils war diesmal viel stärker, obwohl sie so lange brauchte, um langsamer zu werden, dass sie den Dornen viel näher kam, als ihr lieb war. Bevor sie wusste, wie ihr geschah, schoss sie wieder auf den Boden des Gewölbes zu. Ihr Körper begann sich zu drehen, und sie
verlor ein wenig das Gefühl dafür, in welche Richtung sie den Stab halten musste, um ihren Fall zu bremsen. Mehrere Male nahm sie viel zu heftige Korrekturen vor, bis sie sich endlich wieder unter Kontrolle hatte und nicht mehr wie wild nach oben oder unten schoss.
    »Und ich dachte, ich wäre ein Draufgänger!«, rief Warren.
    »Das war eine Spur draufgängerischer, als ich beabsichtigt hatte«, gestand Kendra und versuchte, nicht so verängstigt zu klingen, wie sie sich fühlte. Sie experimentierte noch eine Weile mit dem Aufsteigen und Fallen und gewöhnte sich daran, behutsam zu stoppen und ihre Lage im Raum dabei stabil und unter Kontrolle zu halten. Schließlich landete sie weich neben Warren auf dem Boden und ließ das schwarze Ende ihres Stabs nach oben zeigen, um wieder normal stehen zu können.
    Der Raum war leer bis auf einen Sockel in der Mitte. Der Boden bestand aus poliertem nahtlosem Stein. Auf dem Sockel saß eine lebensgroße gläserne Statue einer schwarzen Katze.
    »Ist das das Artefakt?«, fragte Kendra.
    »Ich vermute, dass wir seinen Behälter vor uns sehen«, antwortete Warren.
    »Müssen wir die Katze zerschlagen?«, fragte Kendra.
    »Das wäre vielleicht ein Anfang«, sagte Warren.
    »Wie fühlen Sie sich?«, erkundigte sich Kendra.
    »Erdolcht«, erwiderte er. »Aber ich lebe noch. Hier unten könnte es bald sehr hässlich werden. Wenn es so weit ist, solltest du

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