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Die Gesichtslosen - Fey, S: Gesichtslosen

Die Gesichtslosen - Fey, S: Gesichtslosen

Titel: Die Gesichtslosen - Fey, S: Gesichtslosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Fey
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heiraten, wenn er nicht wollte.
    »Hast du die Herrhausen-Zeichnung aus Kösters Schreibtisch fotografiert?«, rief er von draußen. Sie erstarrte. Alfred Herrhausen, der Chef der deutschen Bank, war also mit A.H. gemeint. Felix wusste genau, um was es ging. Ganz offensichtlich hielt er sie für total bescheuert, das Sekretärinnenliebchen, das für ein bisschen Zuwendung spionierte, aber sonst zu nichts zu gebrauchen war. Sie stand auf und spülte. Am liebsten hätte sie die Filme gleich hinterhergeschmissen und sich mit den Kopien den Arsch abgewischt.
    »Ich wollte schon ohne dich anfangen.« Nackt im Bett liegend grinste er sie an, als sie aus dem Bad kam. Sie warf ihm die Streichholzschachtel hin. Er nahm den Film heraus, schob ihn in die Zigarettenpackung und zog Rosa an sich. »Komm, meine Süße. Ich will testen, ob das in dir überhaupt von mir ist.«

11.
    Abgesehen von Frau Schauer, der Sekretärin, die im Büro die Obduktionsberichte tippte, war Carina gegen Abend allein. Rudi Nusser hatte die Tische abgespült und die Gewebereste entsorgt. Bis auf den Fußboden, den sich später die Putzfrau vornehmen würde, war der Seziersaal wieder blitzblank. Angestachelt durch Carinas Erlebnisse , wie der Präparator betonte – sie fragte sich, welche das sein sollten – , wollte Rudi zu Hause seine Südamerika-Reiseführer heraussuchen.
    Sie zögerte den Feierabend noch ein Weilchen hinaus, verdrängte die Entscheidung, ob sie eine weitere Nacht bei Wanda verbringen oder den Vermieter nach einem Zweitschlüssel fragen sollte. Oder ob sie vielleicht gleich einen Schlosser bitten sollte, die Tür aufzubrechen. Und wenn ihr die Wohnung am Rosenheimer Platz nicht gefiel? Dann hatte sie nicht nur das ganze Haus zusammengetrommelt, sondern musste auch noch das Schloss ersetzen. Der eigentliche Grund für ihr Zögern aber war, dass sie Schiss davor hatte, allein zu leben. Eine eigene Wohnung, keine Wohngemeinschaft mit Kollegen mehr, kein Übernachten in Lars’ Einzimmerapartment. War sie also insgeheim froh, dass der Schlüssel nicht auftauchte?
    In einem Schränkchen fand sie Nadeln und schaltete die Lampen am Adventskalender ein. Mit ihrem Skizzenbuch setzte sie sich auf die oberste Stufe der Klappleiter. Der Neunundsechzigjährige hinter Tür Nummer sieben, den Alexander Herzog am Tisch neben der Selbstmordleiche seziert hatte, würde morgen eingeäschert werden. Todesursache Herzinfarkt. Carina rollte ihn heraus und deckte den Kopf ab. Zwei Wochen hatte der Mann in seiner Wohnung gelegen, bevor man ihn fand. Wangenknochen und Nasenbein lugten aus dem teilweise verwesten Gesicht. Die übrige Haut war wächsern wie bei einer Mumie. Carina fertigte eine Skizze an, samt der frischen Naht, die rechts neben dem Ohr seinen Hals hinab verlief. Zu ihrer Sammlung mexikanischer Porträts würden jetzt deutsche Totengesichter kommen. Etwas kitzelte sie. Eine Made war ihr in den Ärmel gekrabbelt. Sie schnippte sie weg, drückte die Nadeln in die Oberlippe der Leiche, die Wangen und das Kinn, zog sie wieder heraus und maß die Spanne, bis die Nadel auf den Knochen gestoßen war. In einer Liste hinten im Skizzenbuch notierte sie die Gewebedicke, ergänzte Herkunft, Statur und besondere Merkmale. Ihre persönlichen Studien würde sie dann mit der allgemeinen Tabelle vergleichen. Gänzlich vertieft bemerkte sie nicht, dass plötzlich jemand neben ihr auftauchte. Schnell deckte sie die Leiche ab, als wäre sie bei etwas Unanständigem ertappt worden.
    »Ich möchte das hier untersuchen lassen.« Eine hagere Frau mit silbernen Haaren, in einem eleganten, maßgeschneiderten Kostüm, hielt ihr etwas entgegen. »Auf DNA , oder wie das heißt. Können Sie das machen?« Sie wedelte mit einer Tüte, darin befand sich, soweit Carina erkennen konnte, ein Haarbüschel, das mit einer karierten Schleife zusammengebunden war.
    »Da sind Sie hier falsch. Das ist die Rechtsmedizin.« Wie war sie hereingekommen? In der Rechtsmedizin war »Zutritt für Unbefugte« nicht nur eine Floskel. Nicht selten wollten Tatverdächtige Spuren vernichten. Deshalb musste sich jeder Besucher anmelden. Carina stieg von der Leiter. »Die Pathologie ist ein Stockwerk tiefer, aber heute ist da leider niemand mehr. Vielleicht können Sie morgen anrufen. Ich gebe Ihnen die Nummer.« Sie führte die Frau von den Kühlkammern zum Telefon im Sektionssaal und reichte ihr eine Visitenkarte. Doch die Frau ließ sich nicht abwimmeln.
    »Es geht um meine Schwester. Die Haare

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