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Die Gesichtslosen - Fey, S: Gesichtslosen

Die Gesichtslosen - Fey, S: Gesichtslosen

Titel: Die Gesichtslosen - Fey, S: Gesichtslosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Fey
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abgezogen?« Carina lief weiter nach oben. Es wurde Zeit, dass sich jemand für den Hund einsetzte, dachte sie und ließ ihn stehen.
    »Frau Kyreleis?« Eine Arzthelferin holte Silvia aus dem Wartezimmer.
    »Kannst du … « Ihre Mutter ergriff ihre Hand. Carina erriet ihre Bitte, wollte aber nicht mit zur Untersuchung und dabei einem Kollegen auf die Finger schauen. Da musste Silvia alleine durch.
    »Du schaffst das.« Carina löste sich aus der Umklammerung. »Ich warte hier auf dich.«
    Wie zu ihrer Hinrichtung ließ sich ihre Mutter ins Sprechzimmer führen.
    An einem Kaffeeautomaten entschied sich Carina für Cappuccino spezial, was auch immer so »spezial« daran war.
    »Nicht!« Jemand stürzte auf sie zu, um sie zurückzuhalten. Ihr neuer Kollege, Dr. Alexander Herzog. Haarlos, allerdings in weißem, statt in grünem Kittel wie im rechtsmedizinischen Institut. »Schmeckt grässlich«, erklärte er.
    Zu spät, sie hatte bereits gedrückt. Ein brauner Becher klappte heraus, und eine lila schimmernde Brühe floss hinein.
    »Was nehmen Sie?«, fragte Carina und rührte mit einem Holzstäbchen in ihrem Spezial. Die Farbe veränderte sich nicht, dafür roch es nach geschmolzenem Plastik. Ihr wurde schlecht, sie hielt den Becher von sich weg.
    »Kraft der Ruhe.« Herzog wedelte mit zwei Teebeuteln, die er aus seiner Brusttasche zog. »Ich lade Sie ein.« Er drückte auf die Taste für heißes Wasser. »Meine erste Pause in der Frühschicht.« Er ließ die Maschine einen zweiten Becher füllen, reichte Carina den einen und warf ihren Spezial in den Abfall. »Ist ehrlich ungenießbar, hab’s schon mehrmals probiert. Eigentlich sollte ich ihn mal in seine Bestandteile zerlegen, aber wer weiß, was dabei herauskommt; womöglich gehört das ganze Ding verboten.«
    »Sie machen DNA -Analysen?«, fragte Carina. Auf zwei Drahtstühlen in einem Gang schlürften sie ihren Ruhe-Tee.
    Er nickte. »Mein Spezialgebiet, neben der Untersuchung von Gewebeveränderungen, zur Abwechslung an lebenden Patienten. Und Sie? Erzählen Sie mir ein bisschen von Mexiko. Ich wollte auch immer ins Ausland, das war mein Traum. Aber nun bin ich verheiratet und habe fünf Kinder, teile mich zwischen der Klinik und dem Institut.« Sie mussten dauernd die Füße einziehen, weil jemand vorbeiwollte. »Jetzt wissen Sie, warum ich diesen Tee trinke.«
    Meinte er wegen den Kindern oder dem morgendlichen Aufruhr hier? Sie beschloss, seine Bemerkung zu ignorieren. »Könnten Sie für mich was untersuchen? Die DNA eines Haarbüschels? Allerdings von abgeschnittenem Haar. Geht das überhaupt?«
    »Unter Umständen, die Haare haben zwar keine Kern- DNA mehr, aber wenn noch Zellbestandteile daran haften, vielleicht.«
    »Wenn Sie dazu eine Gewebeprobe der Toten kriegen, könnten Sie eine Übereinstimmung finden?«
    »Ohne Auftrag kann ich das nicht einfach machen, tut mir leid. Reden Sie mit dem Staatsanwalt oder mit Matte Kyreleis. Sie sind doch seine Tochter?«
    Überall eilte ihr der Ruf ihres Vaters voraus. Sie erhob sich. »Danke für den Tee. Ich muss nach meiner Mutter sehen, vielleicht wartet sie schon auf mich.« Sie wollte weg.
    Er fixierte sie mit seinen wimpernlosen Augen. Wohl doch keine modische oder praktische Kahlrasur, ihm fehlten auch die Augenbrauen. Gleich würde dieser Gecko die Zunge ausfahren und sie sich einverleiben, dachte Carina.
    »Na gut, bringen Sie mir das Material. Was halten Sie von einem ruhigen Abendessen in einem Lokal Ihrer Wahl, und Sie erzählen mir von Mexiko?«
    »Was hält Ihre Frau von so einer Einladung?«
    »Ach, die ist Überstunden gewohnt.«
    »Dann sollten Sie mal schleunigst welche mit ihr zusammen machen«, konterte sie und verabschiedete sich.
    Ihre Mutter war noch im Behandlungszimmer. Carina spähte auf die Uhr. Ob sie eine oder eineinhalb Stunden später ins Institut kam, war nun auch schon egal. Also konnte sie genauso gut Eva Bretschneider besuchen. Sie fragte sich durch. Die Frau lag nicht mehr auf der Intensiv, sondern auf der normalen Station. Das Gesicht umwickelt, die verletzte Hand geschient, blinzelte sie wie zum Gruß aus den Sehschlitzen im Verband.
    »Wie geht es Ihnen? Ich bin Carina Kyreleis, ich habe Sie … «
    Eva hob die gesunde Hand und winkte ab. Mit dem linken Daumen tippte sie danke in ein Handy, das griffbereit auf ihrer Bettdecke lag. Wie praktisch das mobile Zeitalter ist, dachte Carina. Falls Eva Rechtshänderin war, hätte sie mit der Linken nur schwer normal schreiben können.

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