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Die Gesichtslosen - Fey, S: Gesichtslosen

Die Gesichtslosen - Fey, S: Gesichtslosen

Titel: Die Gesichtslosen - Fey, S: Gesichtslosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Fey
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Pranken schienen sie aufdrücken zu wollen. Eva hatte das Tier weggesperrt und den Schlüssel umgedreht. Nichts würde also ihre Zweisamkeit stören. Und natürlich konnte er einfach im Bad Wasser für die Blumen holen.
    Zurück im Wohnzimmer schob er die Tabletten und die Rasierklinge vom Beistelltischchen und drehte Eva den Strauß so hin, dass ihr die Blütengesichter zugewandt waren. Seine Liebste, halb in eine Decke verkeilt, hielt immer noch still, als er sich zu ihr setzte. Sie trug ein Seidenhemd mit dünnen Trägern. Außer am Kopf hatte sie sonst nirgends Haare. Unter den Achseln nicht, an den Beinen nicht. Das war neu für ihn. Er beugte sich über sie und betrachtete sie genauer. An den Waden entdeckte er winzige Stoppeln. Marie, seine erste Geliebte, hatte sich nicht rasiert, war stattdessen stolz darauf gewesen, ihren Körper nicht zu verändern. Sie wollte dem ganzen Konsumwahn trotzen und mit der Natur leben. Auch die dunklen Härchen auf der Oberlippe rupfte sich Marie nicht aus und verzichtete zuletzt sogar auf Seife. Ihr Geschlecht hatte wie eine überreife exotische Frucht gerochen. Er hob Evas Nachthemd an. Ihre Scham leuchtete ihm wie eine Orchidee haarlos entgegen. Damit hatte er nicht gerechnet. Hastig bedeckte er sie wieder. Die Forelle in seinem Kopf schlug aus. Mit einem Klatscher gegen seine Schläfe brachte er sie zum Schweigen und wandte sich Evas Gesicht zu. Er prägte sich alle Fältchen und Formen ein. Der Bogen ihrer Brauen, der Schwung ihrer Nase, die Form ihrer Lippen. So weiß, fast durchsichtig war sie, ihre Adern schimmerten durch die Haut wie Flüsse unterm Eis. Seine Haut wirkte dagegen dunkel vom Arbeiten draußen. Gegensätze zogen sich eben an.
    Das tropfende Blut aus der Schnittwunde an ihrem Handgelenk riss ihn aus seiner Andacht. Mit seinem Taschentuch tupfte er ein paar weiße Krümel aus ihren Mundwinkeln. Fing das schon wieder mit den Maden an? Nein, bloß Tablettenkrümel. Er legte ihr ein Ohr an die Brust und beruhigte sich. Noch war es nicht zu spät. Erleichtert atmete er durch, genoss den feierlichen Moment, formte stumme Liebesworte und sandte sie ihr zu wie Seifenblasen. Eva und Romeo. Ja, so würde er sich von nun an nennen. Schließlich hatte er sie über den Balkon erobert. Eigentlich gehörte so ein Ring an die rechte Hand, doch die war blutverschmiert, also steckte er ihr den Ring an die linke. Dieses Schmuckstück hatte auch seine erste Geliebte getragen, aber ihr war es zu groß geworden.
    Aus seinem sorgfältig zusammengestellten Sortiment wählte er nun das Gemüsemesser mit der gespaltenen Spitze und stach ohne Zögern zwischen dem rechten Ohrläppchen und dem Kieferknochen ein. Es blutete heftig. Dabei hatte er gedacht, das meiste Blut hätte bereits der Teppich aufgesaugt. Eva rührte sich nicht. Er schnitt am Kinn entlang bis zum anderen Ohr, löste die Unterhaut vom Knochen und lockerte sie mit der gespaltenen Klinge. Dann packte er ihr Gesicht mit den Fingern und zog. Die Unterlippe löste sich wie Kaugummi, legte das Zahnfleisch frei. Kurz ragten ihre vorderen Zähne noch wie weiße Pfosten in der Brandung empor, dann wurden sie von Blut umflutet.
    Auf einmal klopfte es an der Wohnungstür, er schrak zusammen, und die Gesichtshaut entglitt ihm.
    »Frau Bretschneider?«, rief jemand. Der Hund fing wieder an zu bellen. Hastig packte Romeo sein Werkzeug zusammen.
    »Sind Sie da? Ist alles in Ordnung? Frau Bretschneider?«
    Eine aufdringliche Person war das.
    »Ich ruf jetzt die Polizei.«
    Bevor er über den Balkon zurück auf die Linde sprang, drehte er den Schlüssel der Küchentür und ließ den Hund heraus.

4.
    Als wäre Carina nie weg gewesen, herrschte noch immer das gleiche Ritual. Beruflich die ganze Woche in Bereitschaft, wollten ihre Eltern den Sonntag gemeinsam mit den Töchtern verbringen, einmal in der Woche wie eine ganz normale Familie sein. Als Kind hatte sie diesen Zwang gehasst und freute sich jedes Mal, wenn Mamas Pieper zu einer Geburt rief oder Papa ins Präsidium musste. Als Carina von Mexiko aus ihre Ankunft mitteilte, plante ihre Mutter gleich das kommende Sonntagsessen.
    Nach zwanzig Minuten Parkplatzsuche wollten ihre Eltern sie offenbar die Verspätung spüren lassen, denn sie öffneten erst einmal nicht, obwohl Sandro den Finger nicht von der Klingel nahm. Carina war kurz davor zu gehen. Auf einmal wollte sie ihren Vater doch nicht mehr wiedersehen. Da ging die Haustür auf. Ihr Vater in karierten Filzpantoffeln

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