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Die Gesichtslosen - Fey, S: Gesichtslosen

Die Gesichtslosen - Fey, S: Gesichtslosen

Titel: Die Gesichtslosen - Fey, S: Gesichtslosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Fey
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Spielzeugkiste glich, hinfällig. Vielleicht war es auch am besten, sie kehrte möglichst schnell in die Normalität zurück. Ihr Vater wusste nichts von ihrem Unfall, und sie hatte auch nicht vor, es ihm zu erzählen.
    Trotzdem zögerte sie noch. Wie sollte sie erklären, dass sie Beklemmungen bekam, wenn sie in seinen Dienstwagen stieg? Außerdem begann ihre Arbeit in der Rechtsmedizin erst morgen, an einem Tatort hatte sie nichts verloren.
    »Carina, wir wollten doch auf den Flohmarkt.« Wanda schmollte. »Wenn du dabei bist, können wir uns am Verkaufsstand abwechseln, und jede kann mal herumgehen und gucken.« Carina wusste, worauf das hinauslief. Den Nachmittag zwischen muffigen Kartons verbringen, um jeden Cent feilschen für Gerümpel, das auseinanderfiel, wenn man es berührte.
    Sandro drehte sich im Schlaf, fiel vom Sofa und fing zu plärren an.
    »Eure Couch ist ja lebensgefährlich«, schimpfte Wanda und verstrickte sich in eine Diskussion mit Silvia, anstatt ihren heulenden Sohn zu trösten.
    In der Garage stupste Carina ihren Vater an. »Wie hast du’s nur geschafft, mich zum Mitkommen zu überreden?«
    Am Thomas-Wimmer-Ring versperrten Mattes Kollegen die Zufahrt zu den Wohnblocks, winkten ihn jedoch durch, als sie ihn erkannten. Am Telefon hatte man ihm nicht sagen können, ob es sich um eine Straftat handelte. Aber eine leblose Person, die inmitten einer Blutlache gefunden wurde – das deutete auf ein Verbrechen hin. Er parkte neben dem Torbogen der Häuserzeile halb auf dem Bürgersteig. Eine Versammlung von Anwohnern, die nach einer Sonntagnachmittagssensation gierten, erschwerte ihnen das Durchkommen. Im Innenhof stand der Rettungswagen. Auf der offenen Ladefläche verband ein Sanitäter dem Notarzt das Bein.
    »Was ist dir denn passiert, Karl?«, fragte Matte.
    »In der Wohnung ist so ein Riesenvieh. Der Hausmeister hat uns aufgesperrt, und ich wollte zu der Frau, da hat der Hund mich gebissen. Wir haben das Veterinäramt angerufen, fast hätte Rüdiger den Köter abgeknallt.« Er deutete mit dem Kopf auf den korpulenten Polizisten mit Pferdeschwanz unter der Schirmmütze, der sie durch die Absperrung gelassen hatte.
    »Das heißt, wegen dem Hund konntet ihr nicht zum Opfer? Habt ihr also noch gar nicht den Tod festgestellt?«
    Ein Mann in grünem Kittel drängte sich durch die Leute und tippte Carina auf die Schulter. »Hast du mich gerufen?«
    »Ich? Äh, nein.« Was stotterte sie herum wie ein Teenager? Prompt wurde sie rot. Er grinste; vermutlich hielt er sie für jünger, als sie war. Ein Lindenblatt hatte sich in seinen dichten Haaren verfangen. Sie schielte auf seinen Koffer, den er neben dem Baum abgestellt hatte. Abgegriffen und vielfach geflickt sah er aus, wie aus einem alten Kriminalfilm. Silvia hatte eine ähnlich alte Hebammentasche von ihrer Mutter, Carinas Oma, geerbt. War er etwa ein Kollege aus der Rechtsmedizin? Sie war irritiert.
    »Ich bin der Tierarzt«, half er ihr auf die Sprünge.
    »Ach so. Ich bin von der Rechtsmedizin, Carina Kyreleis.« Sie schob ihre Brille hoch. »Der Notarzt hat Sie, äh, dich verständigt. Da drin soll ein bissiger Hund sein.« Sie hoffte, dass ihr sachliches Geschwätz die Hitze aus ihrem Gesicht nahm.
    »Na, dann los, gehen wir«, forderte er sie auf.
    In was hatte sie sich da hineingeritten? Ohne Genehmigung des Staatsanwaltes hatte sie überhaupt keine Befugnisse. Carina hielt nach ihrem Vater Ausschau und stieß im Hausflur auf ihn, vor Eva Bretschneiders Wohnung, wie das Namensschild verkündete. Er war ganz in seinem Element, koordinierte die Ermittlungsschritte und sprach mit einem Kriminaltechniker im weißen Schutzanzug, der die Fingerabdrücke an der Tür sicherte. Dahinter hörte man einen Hund winseln und bellen. »Der Tierarzt ist hier.« Sie vermied es, Papa zu sagen.
    »Ja, ja, Carina.« Matte winkte sie herbei. »Er soll das Tier möglichst an der Tür einfangen. Dann gehst du rein und schreib gleich den Totenschein.« Er reichte ihr ein Formular. »Rüdiger hat die Leiche durch den Türspalt gesehen. Ich kläre das mit der Staatsanwältin, sobald sie kommt.«
    Der Kriminaltechniker gab ihr einen Kapuzenoverall, Handschuhe und Plastiküberzieher für die Schuhe.
    Inzwischen hatte der Tierarzt seinen Koffer geöffnet, zog jetzt eine Stange mit einer Drahtschlaufe am Ende heraus und schraubte sie zusammen. Als er sich bückte, fiel das herzförmige Blatt aus seinen Haaren. Carina schnappte es sich, steckte es in die hintere

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