Die Gespenstergruft
Sie leckte über ihre schwarzgrün geschminkten Lippen und erklärte uns dann, daß ihre Freunde und sie Angst hätten.
»Das ist begreiflich«, sagte ich.
Sie war enttäuscht. »Mehr hast du dazu nicht zu sagen?«
»Warum sollte ich?«
»Aber es geht um uns. Wir stehen auf der Liste. Wir wissen nicht, wohin wir sollen. Du mußt für unsere Sicherheit sorgen, Geisterjäger. Das bist du uns schuldig. Es gehört auch zu deinem Job. Ich wollte ja mit dir zu dem Totengräber fahren, jetzt habe ich es mir überlegt. Ich will meine Freunde nicht im Stich lassen. Wir brauchen einander. Wir müssen zusammenhalten.«
»Das verstehe ich sehr gut, Sady. Nur stehen wir wieder am Beginn. Wir wissen noch immer nicht, wo wir den Hebel genau ansetzen sollen. Das ist eben unser Problem.«
Sie wiegte den Kopf. »Gibt es denn wirklich keine Möglichkeit? Ich habe von dieser Gespenster-Gruft gehört. Wenn wir sie finden, dann ist das die halbe Miete. Vielleicht finden wir dort auch den Totengräber. Sie haben einige Male von der Gruft gesprochen. Der Teufel soll dort ein Erbe hinterlassen haben. Unheimliche Geister oder Gespenster, die sich in der Gruft aufhalten. Da soll dann die Verwandlung geschehen, glaube ich. Der Teufel ist dort so stark wie in der Hölle. Er hat in der Gruft etwas hinterlassen, vor dem ich mich fürchte. Ich möchte da auch nicht hineingezogen werden.«
Mein Lächeln fiel etwas kantig aus, als ich fragte: »Kannst du uns denn sagen, wo wir die Gruft finden? Kennst du so etwas wie einen Anhaltspunkt?«
»Sie muß auf einem Friedhof sein.«
»Da gibt es zu viele davon.«
»Sonst weiß ich auch nichts.«
Unsere Unterhaltung wurde unterbrochen, da die Kollegen eintrafen.
Sie kamen mit zwei Wagen. Der größere war für den Abtransport der Leichen bestimmt. Die Gesichter zeigten keine Freude, als sie uns sahen. Zudem setzte auch ihnen die Hitze zu.
McDorin, der Einsatzleiter aus Irland, schwitzte am stärksten. Sein blondes Haar wuchs nur mehr als Flaum auf dem Kopf. Er trug ein weißes, durchgeschwitztes Hemd und hatte die Ärmel hochgekrempelt.
»Bei dem Wetter macht nichts Spaß«, sagte er, »und es wird erst richtig ärgerlich, wenn ich so Typen wie euch sehe, die mir noch Arbeit machen.« Er nickte. Das hatte er loswerden müssen. Dann deutete er auf die Grufties. »Was sind das denn für Gestalten? Startet hier bald ein Maskenfest?«
»Das sicherlich nicht.«
»Ist auch nicht meine Sache.« Er hob die Schultern, drehte sich um und kümmerte sich um die beiden Toten. Zwischen Gürtel und Hose hatte er sich die Zeitung auf den Rücken geklemmt.
Als McDorin Anweisung gab, die erste Leiche anzuheben, rieselte Staub aus den Kleideröffnungen. Er fluchte und schüttelte den Kopf. Eine Bemerkung verkniff er sich, denn wer mit uns zusammenarbeitete, dem wurde zwangsläufig einiges geboten.
Seine Männer schwitzten ebenfalls. Sie gingen gebeugt, als würde sie die Schwüle nach unten drücken. Über ihre Lippen drang kein Wort.
Dafür sprach McDorin mehr. Diesmal meinte er uns beide. »Ich habe euch ja etwas mitgebracht. Wird euch interessieren, falls ihr nicht schon Zeitung gelesen habt.«
Das hatten wir zwar, aber nicht das Massenblatt, das er aus dem Gürtel hervorzog und sich damit zunächst einmal Luft zufächerte. »So etwas sollte euch interessieren.«
Suko nahm die Zeitung an sich, faltete sie auseinander, so daß sein Blick auf die Titelseite fiel. Ich stand neben ihm. Zugleich lasen wir den in dicken Lettern gesetzten Text, der zudem noch mit einem dunkelroten Balken unterstrichen war.
SATANISTEN IN LONDON!
Wir lasen und schwiegen.
Zuerst schüttelte Suko den Kopf, dann ich, und ich hörte, wie mein Freund flüsterte: »Das gibt es doch nicht.«
McDorin hatte den Satz mitbekommen. »Na, was sagt ihr dazu? Da seht ihr ziemlich alt aus. Habt ihr auch nicht gewußt, wie? Ich dachte mir, daß ich die Zeitung mal mitnehme.«
»Damit haben Sie uns einen riesigen Gefallen getan«, erklärte ich ihm.
»Das trifft mitten ins Schwarze.«
»Wieso?«
»Wir arbeiten daran«, erklärte Suko trocken.
McDorin brauchte eine Weile, um das zu begreifen. »Nein, sagt nicht, daß diese Toten hier mit den Satanisten in einem unmittelbaren Zusammenhang stehen.«
»Direkter geht es nicht.«
»O je, da wird man doch verrückt.« Was er sagte, interessierte uns nicht, denn es war nicht allein die Überschrift, die uns reizte, sondern auch das große Foto auf der ersten Seite.
Es war bei Dunkelheit
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