Die Gespenstergruft
aufgenommen worden, hatte aber trotzdem eine gute Schärfe und stimmte auch in der Perspektive. Wer hier geknipst hatte, gehörte nicht zu den Laien.
Im Mittelpunkt des Bildes standen drei in Schwarz gekleidete Gestalten, die Suko und mir irgendwie bekannt vorkamen, besonders was ihre Kleidung anging. Die gleiche Kluft hatten auch die beiden Typen getragen, die von uns ausgeschaltet worden waren. Nur waren diese hier nicht mit Flammendolchen bewaffnet, und sie standen vor einem mächtigen Hintergrund, der aussah wie ein alles beherrschender Schatten.
Ich deutete auf den Schatten. »Könnte eine Mauer sein.«
Suko überlegte und kam zu einem anderen Entschluß. »Oder die Außenwand einer Gruft.«
»Die Gespenster-Gruft?«
»Richtig.«
»Das könnte hier sein.« Ich drehte mich um und rief Sandy herbei. Sie löste sich von ihrer Gruppe, und ich sah, daß sie frische Schminke aufgetragen hatte. Es war noch schwüler geworden. Schwer wie Blei lag die Luft auf unseren Köpfen. Der Himmel wirkte an manchen Stellen wie grau schraffiert. Es ging kein Wind. Jede Bewegung ließ uns schwitzen, und ich verspürte einen hemmungslosen Durst.
»Was gibt es denn?« fragte der weibliche Gruftie und strich mit seiner flachen Hand über den Pferdeschwanz.
Ich hielt Sady die Zeitung entgegen und tippte auf das Bild. »Sagt dir das etwas?«
Sie schaute hin, ging dabei sogar in die Knie, runzelte die Stirn, bevor sie nickte. »Das sind die Schweine.«
»Die Satanisten meinst du?«
»Ja, genau die.«
»Okay, das haben wir uns gedacht. Aber was befindet sich im Hintergrund? Kannst du davon etwas mehr erkennen?«
Sady gab sich wirklich Mühe, doch sie schüttelte den Kopf und mußte passen. »Eine Mauer…?« Skeptisch blickte sie uns an.
»Daran dachten wir auch.«
»Wie wäre es denn mit einer Gruft?« fragte Suko.
Sady atmete schnaufend ein. »Du meinst die Gespenster-Gruft?«
»So ist es.«
»Klar, das kann sie sein.« Sie redete schnell. »Verdammt, das muß sie sogar sein. Ist ja irre, daß wir davon eine Aufnahme haben. Jetzt müssen wir nur herausfinden, wo diese Gruft ist. Das wird doch für euch nicht so schwer sein. Dann haben wir ja auch unseren Totengräber gefunden. Der hockt bestimmt hinter der Mauer und dreht fast durch. Falls er dazu noch in der Lage ist.«
»Es gibt einen noch einfacheren Weg«, sagte ich. »Wir brauchen nur herauszufinden, wer das Foto geschossen hat. Diese Person kann uns sagen, wo wir die Gespenster-Gruft finden.«
»Super, eh!« Sady nickte anerkennend. »Manche Bullen sind doch nicht so dumm.«
Ich ignorierte diesen Spruch und suchte in der Nähe des Bildes den Namen des Fotografen. Es gab ihn nicht, nur die Anfangsbuchstaben H.
H.
»Damit kann ich nichts anfangen«, sagte Suko.
Ich frage McDorin.
Er hatte soeben eine Dose mit Wasser geleert, wischte sich die Lippen ab, schaute sich die Buchstaben an, und dabei drückte er die Dose zusammen. »Nichts, Sinclair, gar nichts.«
»Danke.«
»Wofür?«
»Daß Sie sich bei diesem Wetter die Mühe gemacht haben, nachzuschauen.« Ich grinste ihn so breit an, daß er seine Antwort hinunterschluckte.
Er erlaubte mir sogar, die Zeitung zu behalten. Dann ging er zu seinen Leuten und scheuchte sie in die Fahrzeuge.
Ich schnappte mir noch den Fotografen, der zu unserem Team gehörte.
Er war ein dürrer, knochiger Mann mit langen, braunen, fettigen Haaren.
Ob er nun nach Knoblauch oder Schweiß roch, so genau war das nicht festzustellen, jedenfalls zeigte sein kariertes Hemd dunkle Flecken.
Gestreckt hielt ich ihm die Zeitungsseite entgegen.
Auch er konnte mir das Rätsel der beiden Buchstaben nicht erklären.
»Es gibt eben zu viele Kollegen. Leider«, fügte er hinzu. »Wäre die Konkurrenz nicht so groß, hätte ich auch einen besseren Job. So aber knipse ich Leichen bis zum Erbrechen.«
»He, Mike, komm endlich her!«
Der Knipser folgte McDorins Ruf und verschwand. Die Wagen brausten davon. Die Auspuffwolke stand noch einige Zeit in der Luft, wurde nur langsam verweht.
»Was wollt ihr denn jetzt machen?« fragte Sady.
Suko nahm mir die Zeitung aus der Hand. »In der Redaktion anrufen und uns die Adresse des Fotografen durchgeben lassen.«
Sady lachte. »Stark, hätte ich auch getan.«
Suko verschwand im Wagen. Ich gesellte mich noch zu den Grufties, die ziemlich betreten dreinschauten. Der Knabe mit den Rastazöpfen spielte mit den ›Strippen‹ und ließ die kleinen Totenköpfe gegeneinander klingeln. Wie die anderen,
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