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Die gestohlene Zeit

Die gestohlene Zeit

Titel: Die gestohlene Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike Eva Schmidt
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ich mit lauter, fester Stimme. »Aber ich bin bereit, dir den Ring zu geben …«
    Ich machte eine Kunstpause und sah die Hoffnung in Laurins Augen aufflackern.
    »… doch dann musst du dein Versprechen halten, das du in deinem Steinpalast gegeben hast«, fuhr ich unerbittlich fort. »Nämlich demjenigen, der dir den Ring wiederbringt, drei Wünsche zu erfüllen.«
    Laurin wand sich. Er war offenbar hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch, seinen Ring zurückzubekommen, und dem Drang, mich erneut in seine Höhle zu verschleppen.
    »Ich weiß um die Macht dieses Schmucks«, fügte ich vorsichtshalber hinzu, ehe sein Verlangen nach mir, seiner selbstgewählten »Braut«, die Oberhand gewann.
    »Und du weißt genau, was ich damit bewirken kann«, drohte ich völlig ins Blaue hinein, denn natürlich hatte ich keinen Schimmer, was dieser Klunker alles vermochte. Er verhalf seinem Träger offenbar zu Ansehen und Geld, das war mir klar. Und auch, dass derjenige, der ihn besaß, dadurch nicht unbedingt ein netterer Mensch wurde, was ich bei Udo ja mit eigenen Augen gesehen hatte.
    Aber mein Bluff funktionierte. »Gib ihn mir, und ich werde mein Versprechen einlösen und dir drei Wünsche erfüllen«, winselte der Zwergenkönig unterwürfig, aber ich sah den lauernden Ausdruck in seinem fratzenhaften Gesicht. Er versuchte, mich hereinzulegen. War er erst einmal im Besitz des Schmucks, würde er nicht mehr daran denken, sein Versprechen einzulösen, dessen war ich mir sicher.
    »Nichts da!«, bestimmte ich. »
Zuerst
erfüllst du mir meine Wünsche.
Dann
gebe ich dir den Schmuck, das verspreche ich hiermit feierlich und unter Zeugen.« Ich nickte den Zwergen zu, die Laurins Gefolge bildeten und gebannt unsere Unterhaltung verfolgt hatten.
    Wütend darüber, mich nicht austricksen zu können, fletschte Laurin seine fauligen Zähne, aber sein Verlangen nach dem Ring war stärker.
    »So nenne denn dein Begehr«, knurrte er. »Doch sei gewarnt, Menschenkind! Du darfst nur drei Dinge von mir verlangen, nicht weniger, aber auch nicht mehr. Versuche also keine List!«
    Aha, dachte ich, der Zwerg ist auch nicht blöd. Vermutlich wollte Laurin verhindern, dass ich als letzten Wunsch die Forderung nach noch mehr Wünschen anbrachte.
    »Bedenke außerdem, was du dir wünschst«, fuhr er fort. »Ich vermag nicht, dir ewiges Leben oder immerwährendes Glück zu schenken, das steht nicht in meiner Macht. Doch willst du unermessliche Reichtümer oder Schmuck besitzen, um den dich jedermann beneidet – nun, derlei Dinge kann ich dir geben«, lockte er. Offenbar wollte er mich dazu bringen, meine Wünsche für Gold und Silber zu verplempern, aber ich dachte gar nicht daran. Alles Geld würde mir nichts nützen, wenn ich nicht das Liebste zurückbekam, das ich auf der Welt hatte.
    Ich winkte dem Raben, der angesegelt kam und sich zu meinen Füßen niederließ.
    »Zuerst befreist du uns von deinem Fluch, der mich nachts zur Katze und Jonathan bei Tag zum Raben werden lässt. Ich wünsche mir, dass du uns dauerhaft die menschliche Gestalt wiedergibst«, verlangte ich. Leise hörte ich einen seiner Untertanen murmeln: »Natürlich, eine Katze! Daher haben wir sie in der Oberwelt nicht aufspüren können!«
    Flüchtig blitzte die Frage in meinem Kopf auf, ob Laurin tatsächlich aus seinem Berg gekrochen war, um mich zu jagen.
    Ich ließ den Zwergenkönig nicht aus den Augen. Laurin kniff kurz die Lippen zusammen, dann aber streckte er die Hand aus und murmelte ein paar Worte in derselben unverständlichen Sprache, die ich damals bei unserer Flucht gehört hatte, kurz bevor der rot-schwarze Feuerball auf mich und Jonathan zugeschossen war.
    Diesmal war es keine heiße Kugel, sondern ein bläulicher Nebel, der mich und den Raben sekundenlang einhüllte. Ich verspürte ein Ziehen, doch es fühlte sich warm und wohlig an, ähnlich der Erleichterung, die man verspürt, wenn man aus einem nächtlichen Alptraum erwacht.
    Der Nebel verschwand genauso schnell, wie er gekommen war, und zu meiner Verblüffung und Freude saß vor mir kein Rabe mehr, sondern ein junger Mann aus Fleisch und Blut.
    »Jonathan«, rief ich und fiel auf die Knie, um ihn zu umarmen. Dass er nackt war, störte mich dabei kein bisschen. »Meine Liebste«, murmelte er. Er legte zärtlich die Arme um mich und vergrub das Gesicht an meinem Hals. Eine heiße Glückswelle durchflutete mich, und ich hielt ihn so fest, als wolle ich ihn nie wieder loslassen. Es war ein wunderbares

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