Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Gestrandeten - Im Sog der Zeiten, Bd. 4

Die Gestrandeten - Im Sog der Zeiten, Bd. 4

Titel: Die Gestrandeten - Im Sog der Zeiten, Bd. 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
Vom Netzwerk:
Stamm es sich handelt?«
    Jonas fand, dass er da in kürzester Zeit einen ziemlich schlauen Plan ersonnen hatte. Was immer Staffe darauf antwortete, Jonas würde ihn auf jeden Fall bitten, es aufzuschreiben. Und dann konnte sich Jonas seine Handschrift ansehen und feststellen, ob es die gleiche war wie in den Aufzeichnungen, die er im Krähennestgefunden hatte. Wenigstens ein Rätsel, das er vielleicht lösen konnte.
    Aber Staffe riss ihm das Blatt aus der Hand und verbarg es.
    »Hast du das aus einem Buch deines Vaters herausgerissen?«, fragte er und klang so entsetzt, als habe er gerade herausgefunden, dass Jonas einen Mord begangen hatte.
    »Nein!«, widersprach Jonas automatisch. »Na ja   … irgendwie schon. Aber nicht mit Absicht! Es war Zufall!«
    Das stimmte. In den ersten Sekunden nach seiner Ankunft im Jahr 1611 hatte er sich etwas aus dem Gesicht wischen müssen. Er hatte Papier reißen hören und gemerkt, dass er diese Seite aus einem Buch herausgerissen hatte. Es war der erste Hinweis, dass Andrea und seine anderen Freunde das Jahr 1600 überlebt und dass ihr Tun die Zeit verändert hatte.
    Im ursprünglichen Verlauf der Geschichte hätte es dieses Bild nie gegeben.
    »Deinem Vater sind seine Bücher heilig!«, murmelte Staffe und sah sich verzweifelt um, als suche er nach einem Ort, an dem er den Beweis von Jonas’ Tun verstecken konnte.
    Jonas kam nicht ganz mit. Er und Katherine waren während der ersten Minuten auf dem Schiff völlig benommen und weggetreten gewesen und hatten dann postwendend auf die Meuterei reagieren müssen. Was war eigentlich mit dem Rest des Buches geschehen?
    Und wie würde Henry Hudson reagieren, wenn er herausfand, dass Jonas diese Seite herausgerissen hatte?
    Staffe benahm sich, als ändere das alles, als könne sogar Jonas’ Leben in Gefahr sein.
    Jonas streckte die Hand aus, weil ihm nicht gefiel, wie Staffe das Blatt zerknitterte.
    »Dann erzählen Sie bitte niemandem davon, okay?«, sagte er, auch wenn er ziemlich sicher war, dass 1611 niemand das Wort »okay« benutzte. »Es ist bloß, dieses Mädchen   …«
    Ein Anflug von Verständnis zeigte sich auf Staffes Gesicht.
    »Das Mädchen«, sagte er fast sanft. »Natürlich. Uns allen fehlt der Anblick weiblicher Wesen, und für einen jungen Burschen wie dich   …«
    Jonas’ Finger berührten das Blatt, doch Staffe zog es fort und Jonas kam nicht mehr heran.
    »Wenn ich es dir wiedergebe, wird man dich damit ertappen«, sagte er. »Gewiss vergisst du dich und holst es heraus, wenn andere zugegen sind, nur um es betrachten   …«
    »Nein, das tue ich nicht«, beteuerte Jonas.
    Staffe schüttelte den Kopf. Obwohl er hohle Wangen, zahllose Narben und einen langen, schütteren Bart hatte, der im Wind flatterte   – also keinerlei Ähnlichkeit mit Jonas’ glatt rasiertem, narbenlosem und leicht übergewichtigem Vater aufwies   –, hatte Jonas einen Moment das Gefühl, wieder zu Hause zu sein und daraufzu warten, dass sein Vater ihm einmal mehr erklärte: »Du bist noch ein Junge, Jonas. Ein guter Junge, und es gibt viele Entscheidungen, die deine Mutter und ich dir überlassen. Aber diese hier gehört nicht dazu.«
    Mit drei Schritten ging Staffe zur Reling. Und dann, ehe Jonas ihn davon abhalten konnte, ließ er Andreas Bild ins Wasser segeln.

S iebzehn
    »Warum haben Sie das getan?«, wollte Jonas wissen und rannte zur Reling.
    »Es ist zu deinem eigenen Besten«, erwiderte Staffe und auch das war genau wie bei Jonas’ Vater. Der Spruch machte Jonas jedes Mal fuchsteufelswild.
    »Das war wertvoll!«, rief Jonas. »Unbezahlbar!«
    Es ging ihm gar nicht darum, was das Blatt darstellte, dass es bewies, wie sehr Zwei die Zeit verändert hatte. Und dass, wenn Jonas es behielt und immer wieder betrachtete, es vielleicht ein Beweis dafür werden würde, dass er und Katherine die Zeit repariert hatten.
    Alles, was ihm durch den Kopf ging, war: Was ist, wenn ich Andrea nie wiedersehe? Und jetzt habe ich nicht mal mehr ihr Bild.
    Er beugte sich weit über die Reling.
    »Ich springe rein und hole es«, sagte er.
    Doch die Wellen hatten das Blatt bereits überspült und in die Tiefe gezogen. Außerdem hatte Jonas
Titanic
gesehen. Er wusste, dass Menschen in derartig kaltem Wasser binnen Minuten starben.
    Plötzlich öffnete sich die Tür zu Hudsons Kajüte und beide, Staffe und Jonas, zuckten zusammen. Jonas wäre um ein Haar über die Reling gekippt.
    »Hattet Ihr vor, das Tablett des Captains herzubringen?«, wandte

Weitere Kostenlose Bücher