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Die Gestrandeten - Im Sog der Zeiten, Bd. 4

Die Gestrandeten - Im Sog der Zeiten, Bd. 4

Titel: Die Gestrandeten - Im Sog der Zeiten, Bd. 4 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Kapitän!«
    »Aye, aye«, sagte Jonas und unterdrückte den Wunsch, sich an die brennende Wange zu fassen. Er räusperte sich. »Aye, aye, Sir.«
    Einen Moment lang fürchtete er, das könnte für einen Kapitän des Jahres 1611 nicht die passende Antwort sein. Vielleicht war »Aye, aye, Sir« erst später aufgekommen und man würde es ihm wieder als Spott auslegen.
    Doch Hudsons Blick wurde ein wenig milder.
    »Schon besser«, sagte er.
    Jonas atmete aus. Er hatte, ohne es zu merken, die Luft angehalten.
    Der gute alte »Dad« ist gerade erst von seinem eigenen Schiff geworfen und nur wegen eines merkwürdigen Durcheinanders von Zeit und Geschichte wieder an Bord gelassen worden, hielt er sich vor Augen. Da liegt es auf der Hand, dass er in Sachen Autorität ein bisschen empfindlich reagiert.
    »Du schrubbst das Deck!«, befahl Hudson. »Auf der Stelle!«
    »Jawohl, Sir«, bellte Jonas zurück und versuchte esnoch einmal mit dem gehorsamen Ton eines militärischen Rekruten.
    Jemand drückte ihm einen Eimer und einen Wischmopp in die Hände.
    Er hob den Kopf und sah, dass es Staffe war, der Mann, der sich in der Schaluppe auf seine Seite geschlagen hatte.
    Dieser lehnte sich dicht an sein Ohr. Für Hudson und Prickett musste es aussehen, als sorge Staffe lediglich dafür, dass Jonas den Eimer richtig in die Hand nahm.
    Aber Staffe flüsterte.
    »Setz dich nicht für uns ein«, sagte er kaum hörbar. »Versuch nicht, uns zu helfen. Es wird nichts nützen. Nicht jetzt.«
    Dann drehte er sich um und ging fort, zurück zu den Relingstützen, die er gerade reparierte.
    Jonas hätte fast den Eimer fallen gelassen.
    Was sollte das denn?

Sechzehn
    »Prickett hat es auf dich abgesehen«, sagte Katherine.
    Jonas schob den Mopp vor und wieder zurück.
    »Darauf wäre ich auch von allein gekommen«, sagte er. »Dabei bin ich nicht mal unsichtbar und kann nicht durch die Gegend laufen und ungesehen mit anhören, worüber die Leute reden.«
    Die schmutzigen Fransen geflochtener Stoffreste, aus denen der Mopp bestand, verfingen sich an einer rauen Stelle im Holz und Jonas musste sich bücken, um sie zu lösen. Er hätte schwören können, dass er spürte, wie ihn jemand beobachtete, doch als er sich wieder aufrichtete, war niemand da außer ihm und Katherine. Die Schiffsoberen, Hudson, Prickett und King, hatten sich zum Essen in die Kapitänskajüte zurückgezogen; der Rest der Mannschaft war unter Deck verschwunden. Es war ein wenig wärmer geworden, sodass das Wischwasser, das Jonas verteilte, nicht sofort zu Eis gefror, aber dennoch kein schöner Tag, um im Freien zu Mittag zu essen.
    Oder um die Hände immer wieder in einen Eimermit kaltem Wasser zu tauchen, dachte Jonas verdrossen.
    Es war nicht fair, dass er wischen musste, während Katherine einfach dastehen und zusehen konnte.
    Er schnitt seiner Schwester eine Grimasse und verdrehte zusätzlich die Augen.
    »Okay, du Genie, wenn du schon so schlau bist, dann verrate mir mal, warum Prickett es auf dich abgesehen hat?«, sagte Katherine. »Darauf komme ich nämlich nicht. Ich habe gehört, wie er Hudson erzählt hat, was du im Krähennest angestellt hast. Er hat es so aussehen lassen, als hättest du ihn mehr oder weniger angespuckt, ihn provoziert und geflucht wie   … na ja, wie ein Seemann eben.«
    »Dieser Lügner!«, sagte John. Er packte den Wischmopp fester und knallte ihn unnötig heftig auf das Deck.
    »Du hast ewig gebraucht, um runterzukommen«, sagte Katherine. »Prickett hatte genug Zeit, um John King zu sagen, dass seiner Meinung nach besser Nicholas Symmes zum ersten Schiffsjungen ernannt werden sollte. Und dem Kerl, der so unheimlich aussieht, hat er erzählt, du hättest eine Angelrute verloren. Dabei hast du überhaupt keine Angelrute angefasst, stimmt’s?«
    »
Ich
nicht«, sagte Jonas. »Aber der echte John Hudson vielleicht, bevor er verschwunden ist.«
    Jonas drückte fester auf den Mopp. Solange er sichauf die kleinen Dinge konzentrierte, ging es: wischen, den Eimer weiterschieben, Katherine anfauchen. Aber wenn er zuließ, dass seine Gedanken einen breiteren Blickwinkel einnahmen, wurden ihm wieder die Knie weich und die Panik kehrte zurück.
    Was immer der echte John Hudson getan hat, bevor ich hierherkam, wird Auswirkungen auf mich haben, überlegte er. Genau wie das, was dazu geführt hat, dass die
Discovery
zur Schaluppe zurückgekehrt ist, statt uns ins Nichts davontreiben zu lassen   … Und was immer Zwei 1611 bewirken wollte, als er das

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