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Die Gewandschneiderin (German Edition)

Die Gewandschneiderin (German Edition)

Titel: Die Gewandschneiderin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Niespor
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eine Hexe bist?”
    Anna rang mit sich. Sollte sie ihm von ihrer Hand erzählen? Er konnte sie töten lassen. Andererseits war er klug und bildete sich seine eigene Meinung, das hatte sie bei den Falken gesehen.
    “Anna, du musst es mir sagen. Hexerei ist eine schwerwiegende Anschuldigung. Da ich nun davon weiß, muss ich der Sache auf den Grund gehen. Oder willst du lieber Petrus de Vinea Rede und Antwort stehen? Er ist mein Rechtsberater”, drang Friedrich auf sie ein.
    Anna seufzte. Nur nicht de Vinea ! Wenn sie sterben musste, dann nahm sie das Urteil lieber aus Friedrichs Hand entgegen.
    “Ich kann besser mit der Linken nähen. Er hat mich dabei beobachtet”, stieß sie trotzig hervor.
    “Das reichte ihm als Beweis dafür, dass du eine Hexe bist?” , forschte er verwundert nach.
    “Das und der Tod seiner Mutter.”
    Eine Weile schwiegen beide. Friedrich streckte die Beine aus und verschränkte die Arme. Eine Biene summte vorbei, auch sie verschmähte die nassen Blüten.
    “Sag, hast du bei der Schwiegermutter deinen Becher einmal aus der Hand gegeben?”
    “Es war ein Glas. Ich habe es nur kurz abgestellt, um die Geschenke entgegenzunehmen. Ich wollte nicht unhöflich sein, aber ich mag keinen Wein, und der roch so seltsam. Hinterher wusste ich nicht mehr genau, welches Glas meins war. Becher hätte ich unterscheiden können, aber diese Gläser sahen alle gleich aus.” Ihr Herz klopfte zum Zerspringen. Ließ er sie gleich abführen?
    “Ich bin sicher, es lag nicht an dir” , erklärte Friedrich.
    “Was?” , fragte Anna. “Dass sie tot ist?”
    “Nein.” Seine Gesichtszüge verloren für einen Augenblick den Ernst. “Dass er eingeschlafen ist.” Ein nasses Blütenblatt fiel ihm auf den Fuß. Der Kaiser schob es mit dem anderen Fuß auf den Weg hinunter und sah sie wieder forschend an.
    “Sonst hast du ihm nichts getan, das auf Hexerei schließen lässt? Sei ehrlich, ich hasse es, wenn man mich anlügt.”
    Annas Gedanken überschlugen sich. Heinz hatte sie nichts getan, aber was war mit den alten Anschuldigungen aus Jever? Sollte sie ihm auch davon erzählen? Andererseits, wenn aus so vielen Ecken Klagen erhoben wurden, glaubte auch er am Ende, sie sei eine Hexe …
    Anna schüttelte den Kopf.
    “Gut”, sagte Friedrich erleichtert. “Sollte dieser Heinz hier auftauchen, melde dich bei mir. Versprichst du das?”
    Sie nickte. Würde er sie bestrafen?
    “Was wird mit mir? Bekomme ich eine Strafe?”
    “Ich will dir etwas erzählen. Einige der Menschen, die ich getroffen habe, besonders die Araber, glauben , dass die Linke den Teufel füttert. Wenn du dort mit der Linken isst, wird deine Hand in siedendes Öl getaucht. Aber ich habe viele kennengelernt, die mit links einfach besser arbeiten und sich nach meiner Beobachtung ganz sicher nicht dem Teufel verschrieben haben, zum Beispiel Alimah.”
    “Alimah ist auch … geschickter mit der Linken?” Anna spürte, wie ihr das Blut in die Wangen schoss. Er mochte Alimah, sie durfte ihn sogar berühren. Wenn die Köchin nicht bestraft wurde, dann würde er sie wohl auch nicht prüfen lassen.
    Der Kaiser fasste Anna unter dem Kinn und hob ihren Kopf, bis sie ihm in die Augen sehen musste.
    “Ich bin Gottes Stellvertreter in meinem Reich , und ich sage dir: Der Teufel zeigt sich anderswo. Solange ich Kaiser bin, wird es niemand wagen, Alimah ihre Ungeschicklichkeit mit der Rechten zum Vorwurf zu machen.” Er zwinkerte. “Und dir dann wohl auch nicht.”
    Friedrich erhob sich. “Aber eine kleine Strafe hast du verdient.“ Er griff eine der Blumen und schlenkerte sie so heftig in Annas Richtung, dass ein Tropfenregen auf sie niederging. “So, und nun komm! Ich will dir etwas zeigen.”
     
    Wie im Traum hatte Anna sich zum Ende des Gartens ziehen lassen, bis das Leder ihrer Schuhe sich mit der Feuchte des Gewitters vollgesogen hatte. In einer Hecke verborgen lag ein Tor. Friedrich sah sich kurz um und schlüpfte hindurch, ohne ihre Hand loszulassen. Sie überquerten den Innenhof und erreichten nach dem nächsten Tor schon den Platz mit den Tierkäfigen. Doch der Kaiser beachtete die Käfige nicht, sondern wandte sich nach links und zog sie weiter an der Hecke entlang. Erst als sie hinter Büschen verborgen waren, hielt er inne.
    “Wohin gehen wir?” , keuchte Anna.
    “Ich will dir etwas zeigen.”
    Sie gelangten in ein Waldstück mit einem gurgelnden Bach und standen plötzlich vor einer Hütte. Anna musste sich erst an das Dämmerlicht im

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