Die Gewandschneiderin (German Edition)
Stimme sie auf dem Markt gehört hatte. Und er hatte sie gesehen.
“ Heinrich der Kämmerer wusste sofort, wen er meinte, als er nach der Näherin mit dem hellen Haar fragte.“
Es raschelte wieder. Friedrich trat angekleidet hinter de m Sichtschutz hervor.
„ Willst du nicht wissen, welches Anliegen er vortrug?”
Sie räusperte sich. “W elches denn?”
“Er ist vor dem Landgericht als Kläger aufgetreten. Gegen dich. Wegen Hexerei und Mord. Hat eine Feuerprobe gefordert, ist das zu glauben?” Friedrich band sich das Hemd. “Petrus de Vinea war gerade anwesend und hat klargestellt, dass du als Angehörige des kaiserlichen Hofes zu den Reichsunmittelbaren gehörst. Die fallen neuerdings unter das Hofgericht, musst du wissen – welch glänzender Einfall von Petrus! Ich muss ihn bei Gelegenheit dafür loben. Er hat vielleicht ein wenig gemogelt. In Kraft tritt diese Regelung erst im Landfrieden, ab nächstem Monat.” Er lächelte ihr aufmunternd zu. “Jedenfalls haben wir Anspruch auf den Fall erhoben, und ich habe ihn entschieden. Ich komme gerade aus der Verhandlung.”
Ann a wischte sich die schweißnassen Hände am Rock ab.
“Und?” , flüsterte sie.
“Ich habe entschieden, dass du unschuldig bist. Und angeordnet, dass er sich von dir fernhält”, frohlockte der Kaiser. “Ohne Feuerprobe. Glaubst du mir jetzt?”
Anna ließ den Atem entweichen, den sie die ganze Zeit über angehalten hatte, und lachte erleichtert.
“Gott sei Dank!” , rief sie aus.
“Nein, Friedrich sei Dank” , scherzte er, wurde aber gleich darauf wieder ernst. “Anna, ich habe ihn befragt, der Mann ist ein Eiferer. Schlimmer noch, er ist gefährlich. Sollte er sich dir noch einmal nähern, wende dich an mich.”
Sie nickte dankbar.
“So, und jetzt gehe ich auf die Jagd, das habe ich mir heute redlich verdient. Das Gewand anprobiert, die schöne Schneiderin gerettet - ich gestehe, ich bin erschöpft.”
Er zog Anna an einer der blonden Strähnen, lächelte und klingelte mit dem Glöckchen. Karim stieß sogleich die Türen auf. Ohne Zweifel, der Kaiser hatte gute Laune. Und Petrus de Vinea hatte ihr geholfen, sie vielleicht sogar gerettet. Welch ein Tag.
Sie hatte den Meister gewaschen und ein neues Laken unter ihm ausgebreitet. Er war sogar kurz ansprechbar gewesen, und die Nachricht, dass Friedrich mit dem Gewand zufrieden war, hatte ihm ein schwaches Lächeln entlockt. Nach dem kräftezehrenden Umbetten war er allerdings bald wieder in einen erschöpften Schlaf gefallen. Schließlich hatte Anna ihm noch seine Weidenrute neben die Hand gelegt. Sicher fühlte er sich besser, wenn beim Aufwachen sein Blick darauf fiel.
Sie überprüfte noch einmal die Krankenstube und war zufrieden. Alles war sauber, selbst der üble Geruch war nach dem Wäschewechsel verschwunden. Zeit, das Nähzimmer aufzusuchen.
Es klopfte.
Anna ging zur Tür. Wer konnte um diese Zeit etwas von ihr wollen? Sie öffnete. Vor der Tür stand Petrus de Vinea mit einem unbekannten Mann in teurem Tuch.
“Ich muss den Meister sprechen” , verlangte de Vinea und wies auf den Schlafenden.
“Er ruht sich aus, ich darf ihn nicht wecken.” In gewisser Weise stimmte das sogar. Anna biss sich auf die Unterlippe.
“Zahmeena berichtet, dass du alle Arbeiten allein verrichtest. Mir ist weiter zu Ohren gekommen, dass dein Meister bedauerlicherweise schwer krank ist und nicht einmal mehr die Aufsicht über die Arbeit führen kann. Stimmt das?”
Annas Gedanken rasten wie im Fieber. Es hatte keinen Sinn , ihm etwas vorzumachen, der kaiserliche Arzt konnte ihm jederzeit Auskunft über den Zustand des Meisters geben.
Sie nickte stumm.
“Dann wird die Fertigstellung von Prinzessin Isabellas Kleid und alles, was noch zu erledigen ist, diesem Schneider übertragen.” Er wies auf den Mann neben sich, der unterwürfig nickte. “Deine Arbeit ist beendet. Der Kämmerer wird dich auszahlen und dir den Lohn deines Meisters in Verwahrung geben. Ein Wagen ist bereits bestellt.”
De Vinea wandte sich ab, er war schon auf dem Weg zur Tür.
“Das … nein … warum denn nur?” Anna wusste nicht, ob sie schreien oder flehen sollte. Nach allem, was geschehen war, konnte er sie nicht einfach wegschicken.
Der Berater des Kaisers wandte sich noch einmal um.
“Die angehende Kaiserin hat ein Recht auf den besten Schneider. Und nach ihm” – er deutete auf Meister Spierl – “ist das dieser Mann.”
Er beugte sich so weit vor, dass Anna das wirre
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