Die Gewandschneiderin (German Edition)
ein Hindernis. Kannst du ein Meisterstück vorweisen?”
Anna strich sich über Taille und Hüften. “Dieses Kleid”, sagte sie. “Mein eigener Stoff, selbst genäht und zugeschnitten. Es ist wirklich gut geworden, Meister Spierl sagt das auch. Das müsste reichen, denke ich.”
Friedrich fuhr mit dem Finger in kleinen Kreisen über die polierte Platte seines Schreibtisches. “Der Gedanke mit der Hochzeit geht mir nicht aus dem Kopf. Wenn du als Frau des Meisters seine Arbeit verrichtest, kann nicht einmal Petrus etwas dagegen haben.”
“Ich soll Meister Spierl heiraten?” , keuchte Anna.
“Warte.”
Grußlos verließ Friedrich die Stube. Anna nahm es ihm nicht übel - sein Duft entströmte den Polstern und Möbeln und benebelte ihr die Sinne. Sie hob ein Kissen auf, drückte es ans Gesicht und holte tief Luft. Was auch immer er von ihr verlangte, sie hatte nicht die Kraft, sich zu widersetzen.
Die Tür öffnete sich wieder, und Friedrich zerrte den Arzt ins Zimmer. Hastig legte sie das Kissen auf seinen Platz zurück.
“So. Erzähl ihr, was du mir erzählt hast.”
Der Arzt zog seinen Kittel gerade. “Es steht nicht gut um deinen Meister. Erst dachte ich, er leide am Antoniusfeuer, aber wir haben gebetet, und es hat nichts genutzt. Auch das Ablassen der schlechten Säfte hat ihn nicht geheilt, genauso wenig wie die hervorragende Medizin, die nur ich selbst herstellen kann und deren teure Inhaltsstoffe jeden Pfennig rechtfer…”
“ Das reicht!” Friedrich packte den Medicus am Kragen. “Jemand muss euch Quacksalbern Einhalt gebieten – sag es endlich, sonst verlierst du nicht nur deinen Goldesel, sondern auch deinen Kopf.”
“Meister Spierl … wird wohl … sterben. Bald. Ein Tag, vielleicht zwei.”
Hatte M´Ba recht gehabt? Annas Gedanken überschlugen sich. “Aber er war wach – und ansprechbar.”
“Das hat Gott so eingerichtet, damit die Todgeweihten sich verabschieden können. Fast alle werden noch einmal wach. Aber seine Füße sind bis zu den Knien kalt. Ich fürchte, das lässt keinen anderen Schluss zu.” Er beäugte Anna lauernd. “Vielleicht habt Ihr ihm die Medizin nicht sorgfältig genug gegeben.”
Friedrich öffnete die Tür, packte den Arzt am Kragen und warf ihn ohne viel Federlese ns hinaus.
“Unfähiger Stümper!”, brüllte er. “Dein Versagen hat diese Umstände erst hervorgerufen!”
Der Arzt rappelte sich auf und suchte sein Heil in der Flucht. Friedrich warf die Tür zu und setzte sich neben Anna.
“Du siehst, es wäre nicht für lange.”
Anna hatte ein ungutes Gefühl bei der Sache, konnte aber auch nicht genau sagen, was es war. Irgendetwas drängte aus ihrem tiefsten Innern an die Oberfläche, aber sie bekam es so wenig zu fassen wie einen zu kurz geratenen Faden.
“Anna.”
Der Tonfall riss Löcher in ihre Bedenken.
“Ich werde tun, was I hr vorschlagt, mein Kaiser, wenn ich nur noch eine Weile … am Hof bleiben kann.”
Friedrich strahlte Anna an und drückte ihre Hand. “Ich wusste es.”
Sie zog ihre Hand aus der seinen – hatte sie es ihm zu leicht gemacht?
“Um … um meine Arbeit zu Ende zu bringen, tue ich alles”, stotterte sie. “Aber warum sollte der Meister einwilligen?”
“Ja, warum?” Friedrichs Stirn legte sich in Falten wie stets, wenn er nachdachte. “Das gilt es zu ergründen.”
Wortwin hatte sich im Flur erhoben, sobald die Tür aufgeschwungen war. Friedrich blieb nicht stehen. “Es dauert noch, wartet.”
Anna hastete hinter dem Kaiser her . Ohne anzuklopfen, betrat er Meister Spierls Kammer. Sie wollte ihm folgen, doch Friedrich hob abwehrend die Hände.
“Später ! Ich spreche allein mit ihm. Du wartest hier.”
Anna lehnte sich gegen das Mauerwerk und verschränkte die Arme vor dem Körper. Der Alte war gewiss nicht leicht zu überzeugen. Einmal nur drangen Stimmen durch die Tür, und die waren so verwaschen, dass nichts zu verstehen war. Endlich öffnete sich die Tür, und Friedrich trat heraus.
“Was sagt er?” , fragte Anna bang.
“Nun, begeistert war er nicht.”
Sie ließ den Kopf hängen, damit rückte ihr Bleiben wieder in weite Ferne.
“ Unter bestimmten Bedingungen ist er aber bereit dazu.”
Annas Herz tat einen Satz. Sie fragte nicht nach den Bedingungen. “Dann ist es abgemacht - ich bleibe noch eine Weile? Ich nähe das Gewand für Isabella?”
“Es sieht wohl so aus. Jetzt müssen wir nur noch diesen Pfau zum Mitspielen überreden.”
“Das kann ich wirklich
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