Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Gewürzhändlerin

Die Gewürzhändlerin

Titel: Die Gewürzhändlerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Schier
Vom Netzwerk:
lächelte er sie an. «Ich hatte nicht vor, die Nacht auf dem harten Steinboden zu verbringen.»
    «Aber das geht nicht. Wir können nicht in einem Bett schlafen.»
    «Und wie wir das können. Also rückt schon zur Seite, Luzia.»
    «Nein.»
    «Himmel, Luzia!» Er verdrehte die Augen und erhob sich. «Würdet Ihr Euch bitte nicht so anstellen!»
    «Ich stelle mich nicht an. Es ist nur, dass es sich nicht ziemt …»
    «Ach du liebe Zeit, glaubt Ihr tatsächlich, ich würde …» Er sah mit einer Mischung aus Ärger und Spott auf sie hinab. «Ich werde die Situation nicht ausnutzen, Luzia. Für was für eine Art Mann haltet Ihr mich eigentlich?»
    Luzia wurde rot und wandte den Blick rasch ab. «Ich habe nicht gemeint … Ich wollte Euch nicht beleidigen, aber Ihr müsst doch zugeben, dass …»
    «… wir uns in einer Ausnahmesituation befinden. Soll ich Hedwig wecken und um eine andere Kammer bitten?»
    «Ich, ah …»
    «Nun rückt schon zur Seite. Es ist kühl heute Nacht. Ein wenig zusätzliche Wärme wird Eurem Rücken guttun.»
    «Glaubt Ihr?»
    Anstelle einer Antwort zog er seine Schecke aus und hängte sie an dem Haken neben der Tür auf. Dann öffnete er die Nesteln, die sein Wams zusammenhielten, und zog auch dieses aus, um sich zuletzt das Leinenhemd über den Kopf zu ziehen. Beides legte er nachlässig auf sein Bündel, das am Kopfende des Bettes auf dem Boden lag. Die Hose jedoch behielt er an.
    Luzia konnte nicht umhin, ihm beim Entkleiden zuzusehen. Als sie die braunroten und weißen Brandnarben sah, die einen Teil seiner Brust, seine rechte Schulter und große Teile seines Rückens verunstalteten, stieß sie einen erstickten Laut aus.
    Prüfend und noch immer leicht verärgert sah er ihr in die Augen. «Hätte ich Euch den Anblick ersparen sollen?»
    Luzia antwortete nicht, denn unvermittelt stiegen heiße Tränen in ihre Augen. Rasch verbarg sie ihr Gesicht wieder in der Matratze. Als sie hörte, wie er zu ihr kam und sich auf dem Rand der Strohschütte niederließ, rückte sie umständlich ein gutes Stück zur Seite, um ihm Platz zu machen.
    Er streckte sich jedoch nicht neben ihr aus, sondern legte ihr eine Hand auf die Schulter. «Luzia, sieh mich an.»
    Zögernd wandte sie ihm ihr Gesicht wieder zu, die Augen tränenfeucht.
    «Es hat lange gedauert, bis ich selbst meinen Anblick ertragen konnte. Es wird sich daran niemals mehr etwas ändern. Aber aufdrängen werde ich mich weder Euch noch sonst jemals einer Frau.» Er seufzte verhalten. «Es wird Zeit, dass wir etwas Schlaf bekommen.»
    Luzia nickte nur und ließ es zu, dass er die schwere raue Wolldecke über ihr ausbreitete. Erst dann streckte er sich neben ihr aus.
    «Liegt Ihr bequem?», erkundigte er sich.
    Sie bewegte sich etwas. «Nicht wirklich.» Ohne darüber nachzudenken, dass ihr Oberkörper vollkommen nackt war, drehte sie sich so weit, dass sie – ihm zugewandt – auf der rechten Seite liegen konnte. Ein wenig verzog sie das Gesicht, doch der Schmerz in ihrem Rücken war erträglich geworden. Sie zog das Kissen unter sich hervor und wurde sich nun doch ihrer Blöße bewusst. Verlegen zog sie die Decke bis zum Kinn hinauf.
    Martin schmunzelte und schob sich das Kissen unter den Kopf. «Gute Nacht, Luzia.» Er wollte gerade nach der Öllampe neben dem Bett greifen, um sie zu löschen, als ihre nächsten Worte ihn innehalten ließen.
    «Ich habe Euch gesehen. In den Flammen.» Ihre Stimme zitterte leicht. Als er ihr wieder in die Augen blickte, sah er, dass sie nun tatsächlich weinte.
    «Was meint Ihr damit?», fragte er verunsichert.
    «In meinem Traum», erklärte sie. «Ich hatte vor einiger Zeit einen Traum, darin sah ich Euch. Ihr habt Eure Schwester aus den Flammen gerettet, dann stürzte der brennende Balken auf Euch und …» Ihre Stimme brach, sie schloss die Augen. «Ihr wart noch so jung …»
    «Vierzehn. Ich war vierzehn Jahre alt», flüsterte er. «Ich hätte nicht mehr in das brennende Haus hineingehen dürfen.»
    «Aber Eure Schwester. Ihr habt ihr das Leben gerettet.»
    «Marcella, ja, ich habe sie herausgeholt und wusste nicht, ob auch Arietta noch im Haus war. Sie war noch so klein, konnte gerade erst laufen. Meine Mutter war wie von Sinnen.» Wie benommen schüttelte er den Kopf, als die Erinnerungen in ihm emporstiegen.
    «Ihr wart sehr mutig.»
    «War ich das?»
    Sie zog die Brauen zusammen. «Natürlich! Wie könnt Ihr das in Frage stellen?»
    «Manch einer dachte damals, ich sei von Gott für irgendwelche

Weitere Kostenlose Bücher