Die Gewürzhändlerin
fest. Das Blut rauschte wie ein heißer Feuerstrom durch seine Adern. Er hatte sich geschworen, sie nach dem ersten Kuss damals nicht noch einmal zu berühren. Nicht auf diese Weise. Es hatte keinen Sinn, keine Zukunft. Doch nun, in der trügerischen Abgeschiedenheit dieser winzigen Schlafkammer auf Burg Kempenich, wurde ihm klar, dass er sie wollte. Hier und jetzt und für alle Zeit.
Er hörte ihr verhaltenes Keuchen, als er mit dem Mund eine Spur von ihrer Brust hinauf zu ihren Lippen zog und diese erneut eroberte. Als er sich noch fester an Luzia drängte, kam sie ihm ein Stückchen entgegen. Ihre weiche Haut, die sich an seiner teilweise vernarbten Brust rieb, schickte Hitzewellen durch ihn hindurch, die ihn beinahe versengten. Sie trug wie immer das Kruzifix an der Kette um ihren Hals, und das kühle Silber schien sich unvermittelt ebenso stark zu erhitzen wie sein Leib. Seine Rechte schob sich hinter ihren Nacken, in ihr üppiges, rotgoldenes Haar. Er zog ihren Kopf so weit zurück, dass er mit Zähnen und Zunge an ihre Kehle herankam. Wieder keuchte sie leise, und er wusste in diesem Moment: Er konnte ihren Leib haben. Sie war bereit für ihn, würde ihm folgen, wohin auch immer er sie in der Hitze des Augenblicks führen mochte. Doch das war nicht genug. Ihr Herz gehörte einem anderen – nicht ihm. Dieser schmerzliche Gedanke war es, der ihn wieder ein wenig zur Besinnung kommen ließ.
Heftig atmend löste er seine Lippen von ihrem Mund und sah ihr ins Gesicht, beobachtete, wie sich ihre Lider flatternd hoben, ihre Augen ihn mit einem verschleierten Blick anstarrten, der ihn beinahe erneut den Verstand kostete. Ihre Brust hob und senkte sich im Gleichtakt mit seinem Atem.
Verwirrung und Leidenschaft spiegelten sich in ihren Augen, als er sich erneut zu ihr hinabbeugte und sie wesentlich sanfter küsste. Er zog seine Hand aus der Fülle ihrer Locken hervor, strich ihr zärtlich eine Haarsträhne aus der Stirn, küsste sie noch einmal. Ihre Hände hatten haltsuchend seine Schultern umfasst. Ihr fester Griff lockerte sich nun ein wenig; beinahe unsicher glitten ihre Finger über seine Brust, als er sich ein wenig von ihr zurückzog, um ihr mehr Raum zum Atmen zu geben.
Es kostete ihn beinahe übermenschliche Kraft, nicht erneut über sie herzufallen. Noch immer schrie jede Faser seines Körpers nach ihr. Um diesen Bann zu brechen, nahm er vorsichtig das Kruzifix in die Hand und spielte angelegentlich damit. «Als dein Freund rate ich dir, mich nicht weiter herauszufordern, Luzia. Sonst könnte ich versucht sein, mein Versprechen, die Situation nicht auszunutzen, tatsächlich zu brechen.»
Luzia schluckte. Sie bemühte sich, ihre Stimme wiederzufinden. «Du wirst nicht …»
«Nein, ich werde mich dir nicht aufdrängen. Ganz abgesehen davon, dass ich dir in deinem derzeitigen Zustand nur Schmerzen zufügen würde.»
«Aufdrängen.» Sie ließ ihren Blick verwundert über sein Gesicht und seinen Oberkörper gleiten. Nein, aufgedrängt hatte er sich ihr nicht. Sie hatte es ebenso gewollt wie er. Diese Erkenntnis war es, die sie nun wirklich schockierte, nicht sein Bekenntnis von vorhin, dass er sich das Leben hatte nehmen wollen. Was war nur in sie gefahren? Sie war nicht für so etwas bestimmt. Nicht für einen Mann wie ihn. Die Kluft zwischen ihnen war unüberbrückbar.
Außerdem wollte sie ihn nicht. War sie nicht abgestoßen von ihm? Hatte sie sich nicht deshalb von Anfang an von ihm ferngehalten? Warum nur sehnte sie sich plötzlich danach, von seinen kundigen Händen berührt zu werden, und nach der sengenden Hitze, die sein Mund auf ihren Lippen und ihrer Haut hinterlassen hatte?
«Es wird kalt heute Nacht», sagte er. «Du solltest dein Kleid wieder richtig anziehen.» Er half ihr dabei, in die Ärmel zu schlüpfen und ein paar der Nesteln an der Brust zu verschließen. «Dreh dich um. Wenn du dich an mich lehnst, wärmt mein Körper deinen Rücken. Morgen früh massiere ich dich noch einmal.» Er griff nach der Öllampe und löschte sie.
Schweigend drehte sie sich auf die andere Seite und spürte, wie er sich eng an ihren Rücken schmiegte, die Decke über ihnen hochzog und dann seinen Arm um ihre Mitte legte.
Sie spürte seinen warmen Atem in ihrem Nacken und erschauerte leicht. Seine Lippen strichen federleicht über ihre Halsbeuge. Sie wollte etwas sagen, fand jedoch keine Worte.
Eine geraume Weile lagen sie schweigend da. Allmählich beruhigte sich Luzias Herzschlag, und ihr Körper
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