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Die Gezeiten von Kregen

Die Gezeiten von Kregen

Titel: Die Gezeiten von Kregen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Burt Akers
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Gannius, der in seinem eigenen Machbereich mein Geschenk an die Sklaven übernommen, seine Männer ausgebildet und Magdag in seine Gewalt gebracht hatte. Er hatte die Oberherren gestürzt, ihre Macht und ihren Reichtum für sich gewonnen und sich an die Verwirklichung eigener Pläne gemacht.
    Er hatte sich auf den hohen Thron von Magdag gesetzt, und alle Menschen warfen sich vor ihm zu Boden.
    »Als ich von der neuen Kampfmethode der Grodno-Rasts erfuhr«, sagte Zenkiren und musterte mich mit einem gelassenen und nachdenklichen Blick, der mir ziemlich unangenehm war, »mußte ich an etwas denken, das ich fast vergessen hatte. Ich erinnerte mich eines Krozairbruders, der in den Slums von Magdag einen Aufstand anzettelte. Es wollte mir scheinen, als habe er die Sklaven trainiert, um die Oberherren aus Magdag zu vertreiben. Ich mußte daran denken – habe aber mit niemandem darüber gesprochen.«
    »Ich hatte angenommen«, sagte ich, »daß dies vielleicht ein weiterer Grund für meine Verbannung war.«
    »Nein. Gibt man Kindern eine scharfe Waffe in die Hand, muß man damit rechnen, daß Blut fließt.«
    »Und doch ist das Dilemma, von dem ich sprach, durch diese ... unglückliche ... Konstellation weiter verstärkt worden. Denn es gehört irgendwie zusammen.«
    »Ich werde daran denken.«
    »Zenkiren, es gibt Kräfte in meinem Leben, die außerhalb jeder ... ach, ich kann nicht davon sprechen, selbst wenn ich es dürfte, denn ich begreife das alles selbst nicht.« Ich wollte ihm nichts von meinen Gedanken über Genod Gannius anvertrauen. Dieses Schrecknis mußte warten, bis ich die Wahrheit kannte.
    Duhrra wurde langsam unruhig; er trat von einem Bein aufs andere und pfiff tonlos zwischen den Zähnen.
    Zenkiren hob den Blick, nahm eine Gänsefeder zur Hand und schrieb etwas auf die Rückseite eines alten Befehls – in Belagerungszeiten mußte jeder Fetzen Papier genutzt werden. »Geh damit zu Molyz ti Sanurkazz. Er ist ermächtigt, das notwendige Leder und Eisen zu verarbeiten.«
    »Vielen Dank, Jernu.« Duhrra nahm das Blatt und sah mich an.
    »Wir treffen uns an dem Tor, durch das wir gekommen sind.«
    »Zair wache über dich.« Duhrra verließ den Raum, um sich eine Ersatzhand anpassen zu lassen.
    Zenkiren nutzte die Unterbrechung, um einige Anordnungen zu geben. Die Belagerung war zu einem Problem der Logistik geworden, zu einem Problem leerer Lagerhäuser und der Aufrechterhaltung der Moral. Gekämpft wurde nur noch ab und zu. Sollte er mich auffordern, zu bleiben und mit ihm zu kämpfen, mußte ich leider ablehnen. Draußen warteten viel wichtigere Aufgaben auf mich. Er äußerte die Bitte nicht. Dafür war ich dankbar; meinen Stolz in solchen Dingen hatte ich längst verloren.
    Wir unterhielten uns ausführlich, denn es war viel Zeit vergangen. Die erhaltenen Informationen werde ich wie bisher am passenden Platz in meinem Bericht verwenden. Jedenfalls sammelte ich weitere unangenehme Erkenntnisse über die neuen teuflischen Kräfte der Grodnim.
    »Sturmangriffe halten wir nicht mehr lange durch. Die neue Kampfmethode hilft den Grodnim wenigstens nicht bei der Belagerung.« Zenkiren tippte auf Zahlenreihen, die auf den Papieren standen, die seinen Tisch füllten. »Wir haben sie abgewehrt. Zweifellos könnten wir sie hinhalten, bis die Eisgletscher Sicces verdampfen – wenn wir nur zu essen hätten. Solange sie keine größere Armee heranschaffen, werden wir nicht im Kampf untergehen. Der Hunger ist unser größter Feind.«
    Er blickte mich von der Seite an. »Geht es Roz Nath gut?«
    Ich spürte den Blick des Pachak Logu Pa-We, als ich antwortete: »Ich meine, du solltest deine Hoffnungen nicht auf Roz Nath gründen.«
    »Ja!« sagte er mit einem seltsamen Laut – ob es ein Lachen oder ein Schluchzen war, wußte ich nicht. »Ich habe nie erwartet, daß er vorrückt und uns rettet. Dennoch erfüllt er eine nützliche Funktion, denn Roz Nazlifurn wird es dafür um so leichter haben.« Plötzlich hielt er inne, sichtlich zusammenzuckend. Er raschelte mit den Papieren auf seinem Tisch und sagte beiläufig: »Wir nehmen jeden Tag an Zahl ab, jeden Tag gibt es weniger Mäuler zu stopfen. Wir halten bestimmt durch.«
    Die Ablenkung war offensichtlich. Roz Nazlifurn war von einem Geheimnis umgeben. Ich wollte Shazmoz wieder verlassen und würde dabei durch feindliche Linien kommen. Was ich nicht wußte, konnte ich nicht verraten.
    Als wollte mich Zenkiren noch weiter von der Spur abbringen, fügte er lebhafter

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