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Die Gift-Party - Rauschgift-Razzia im Internat - Taschengeld für ein Gespenst

Die Gift-Party - Rauschgift-Razzia im Internat - Taschengeld für ein Gespenst

Titel: Die Gift-Party - Rauschgift-Razzia im Internat - Taschengeld für ein Gespenst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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täuscht sich. Gewiss, es
fällt mir schwer, dieses Haus aufzugeben. Aber deswegen verzehre ich mich nicht
im Hass.“
    Marlies
nippte an dem scheußlichen Likör.
    Was der
Alte erzählte, musste irgendwo seinen Anfang genommen haben.
    „Die
Feindschaft begann in Ihrer Kindheit?“
    „Zuerst
waren wir Freunde. Luckners Vater arbeitete als Ungelernter im Betrieb meines
Vaters. Man hatte mir den Umgang mit Peter verboten. Aber wie das so ist —
Kinder gehorchen nicht gern. Wir spielten heimlich zusammen. Eines Tages
geschah dann das Unglück. Beim Indianerspiel verletzte ich ihn schwer. Wir
kämpften. Mit dem Kriegsbeil schlug ich ihm das Auge aus.“
    „O Gott!“
    „Schrecklich!
Aber am schrecklichsten war, dass er später überall erzählte, ich hätte das mit
Absicht getan.“
    „Er war
verbittert.“
    „Er war
voller Hass. Und ein Leben lang hat er mich verfolgt.“
    „Verfolgt?“
    „Er kennt
kein Verzeihen.“
    Petzolt
lächelte dünn. Von der Geschichte, die er nun zum besten gab, hatte er zwei
Fassungen. Eine gemäßigte, die der Wahrheit nahe kam, und eine dramatische, in
der er Luckner für alle persönlichen Fehlschläge und Misserfolge verantwortlich
machte.
    Nachprüfen
ließ sich das nicht. Dazu bestand auch für Fräulein Mehmel keinerlei
Veranlassung.
    „Luckner“,
sagte er, „verfolgte mich mit tödlichem Hass. Mit seinem Taschengeld hat er
Schläger gedungen, die über mich herfielen. Als ich als junger Bursche einen
Unfall verschuldete, war er’s, der mich anzeigte. Selbst auf der Universität
hat er versucht, mir zu schaden. Damals gab es Simone, ein wunderbares Mädchen.
Sie war meine große Liebe. Sofort versuchte Luckner mit allen Mitteln, sie für
sich zu gewinnen. Dennoch — dieses eine Mal schien er der Verlierer zu sein.
Simone verlobte sich mit mir. Aber eine Woche vor unserer Hochzeit verunglückte
sie tödlich. Sie stürzte aus dem Zug.“
    „O Gott!“
flüsterte Marlies zum zweitenmal.
    Petzolts
Miene war steingehauen. Jahrzehntelang hatte er den Gedanken verdrängt. Nur er
wusste, dass Simone durch seine Schuld gestorben war. Er war betrunken gewesen.
Um vor ihr anzugeben, wollte er sich freihändig aufs Trittbrett stellen. Sie
versuchte, ihn daran zu hindern. Die Tür war schon geöffnet. Und Simone stürzte
hinaus.
    „Jahre
danach“, sagte er, „hatte ich mir eine Fabrikation für Arzneimittel aufgebaut.
Luckner kannte führende Manager in einem Chemie-Konzern. Er arbeitete mit Bestechungsgeld
und Intrigen. Man trieb mich in den Bankrott.“
    Marlies
runzelte die Stirn. „Aber dass Ihr letzter Betrieb in Schwierigkeiten geriet,
hatte andere Gründe.“
    „Richtig.“
Er hörte das nicht gern, musste es aber zugeben. „Einige Verbraucher vertrugen
meine Mittel nicht. Man warf mir vor, ich hätte gegen gewisse Verordnungen
verstoßen. Schwamm drüber! Das ist vorbei.“
    „Sie sind
Luckner längere Zeit nicht begegnet?“
    „Seit zehn
Jahren, glaube ich, haben wir uns nicht mehr gesehen. Ich hoffte schon, ich wäre
ihn los.“
    „Ein Leben
lang Hass — nur weil er ein Auge verlor.“
    „Ein Auge
ist wertvoll. Aber es war ein Unfall, keine Absicht, kein Verbrechen.“
    „Ich danke
Ihnen für Ihre Offenheit, Herr Petzolt. Ich bewundere Ihre Haltung. Sie haben
ihm verziehen. Und Sie sind nicht verbittert.“
    Er
lächelte. Dann deutete er fragend auf ihr Glas. Aber sie hatte genug von dem
Zeug und verabschiedete sich.
    Er brachte
sie zur Tür.
    Als er
öffnete, stand draußen ein Mann.
    Es war ein
wuchtiger Typ mit niedriger Stirn.
    Er roch
nach Schnaps. Aber Marlies vermeinte, noch anderen Geruch zu spüren. Wie
feuchte Erde. Wie Torf oder Moder.
    Der Mann
hatte die Hand zur Klingel ausgestreckt und ließ jetzt den Arm sinken.
    „Ah,
Stielke?“ sagte Petzolt. „Da sind Sie ja. Auf Wiedersehen, Fräulein Mehmel.“
    Zum
zweitenmal gab er ihr seine knochige Hand. Marlies ging an Stielke vorbei und
eilte zu ihrem Wagen.
    Während der
Rückfahrt dachte sie nach über das Gehörte. Sie beschloss, niemandem davon zu
erzählen.
    Aber —
hatte sie das Recht, ihren Freundinnen eine so interessante Geschichte zu
verschweigen? Nun, Namen würde sie auf keinen Fall nennen. Allerdings — Petra,
Ursel und Beatrix waren zuverlässig. Was sie denen unter dem Siegel der
Verschwiegenheit erzählte, wurde auch nur unter dem Siegel der Verschwiegenheit
weiter erzählt.
    Und dagegen
war doch nichts einzuwenden. Oder?

10. Der Stiftzahn
     
    Kalter Wind
blies von vorn. Tim

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