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Die Giftmeisterin

Titel: Die Giftmeisterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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ich...? Aber ja! Das heißt, ich hatte gerade vor... Eigentlich möchte ich...«
    Â»Darf ich um den nächsten Tanz bitten, Gräfin?«
    Unter anderen Umständen hätte mich seine Aufforderung gefreut. Die Umstände sind jedoch nie anders, als sie sind, und an jenem Abend schon gleich gar nicht. »Gerold, ich - ich habe heute Abend noch nicht mit Arnulf getanzt, und es wäre unschicklich...«
    Â»Nicht doch. Seht dort, Gräfin! Arnulf trinkt viel und schnell, er hat gewiss nichts dagegen, wenn zwei alte Bekannte wie wir...«
    Â»Ich kann jetzt leider nicht, Gerold.« Ich fürchtete, arg schroff gewesen zu sein. Aber während ich dort stand und
mir Galanterien anhörte, schwanden zusehends meine Möglichkeiten, Teodrada zu folgen. »Es wird sich ein anderes Mal Gelegenheit zum Tanzen bieten. Bitte verzeiht mir.«
    Ich wollte gehen, aber Gerold versperrte mir den Weg. Versperren - das klingt womöglich etwas zu hart. Weder berührte er mich, noch breitete er seine Arme aus. Er tat einen Schritt auf mich zu und begann zu sprechen. Mir stand es frei, ihn zu umgehen, aber dann hätte ich ihn auf die unhöflichste Art stehen lassen müssen, und das wollte ich nicht.
    Â»Der Abend ist feierlich. Ein solcher Abend kommt so schnell nicht wieder. Es wäre schade, wenn Ihr jetzt schon gehen würdet.«
    Â»Vermutlich komme ich zurück.«
    Â»Sehr gut.«
    Ich hatte kaum einen Fuß vor den anderen gesetzt, als Gerold mich erneut abhielt. »Vermutlich?«
    Â»Gerold...«
    Â»Wir haben uns noch nicht richtig unterhalten können - ich meine hier bei dem Bankett. Ich fühle mich Euch aufgrund der Enthüllungen - Ihr wisst schon, welche ich meine - auf besondere Weise verbunden, und es wäre schön... Ich meine, wieso sollte ich leugnen, dass die Tatsache, dass wir beide intime Kenntnisse aus dem Familienleben des anderen haben, eine ganz neue Nähe in unserer langen Bekanntschaft darstellt. Daran ist doch nichts Schlimmes.«
    Â»Worauf wollt Ihr hinaus, Gerold?«
    Er ließ die Schultern sinken. »Das weiß ich selbst nicht.« Dass ein bärtiger, erfahrener Mann wie Gerold wie ein stehengelassener Jüngling wirken konnte, war amüsant.
    Ich lächelte. »Gerold, ich empfinde genauso wie Ihr. Und wir sollten uns unbedingt bald aussprechen. Doch jetzt ist der falsche Moment. Versteht Ihr?«

    Er nickte und trat zur Seite.
    Ich war fünf oder sechs Schritte weit bis zur nächsten Ecke gekommen, als er etwas hinter mir herrief: »Eins noch.«
    Â»Ja?«
    Â»Arnulf hatte vor, Hugo als Sohn anzunehmen. Er hat es mir vorhin erzählt, als wir uns unterhielten. Zum Weihnachtsfest hätte er ihn adoptiert, und das hatte er ihm auch bereits gesagt. Mit mir sollte es eine offizielle Aussöhnung geben, sodass auch der König keine Einwände geltend machen würde.«
    Gerold wandte sich um und ging in den Saal zurück.
    Â 
    Ich irrte schnellen Schritts durch die Gänge. Der Bankettsaal befindet sich in jenem Trakt, in dem die Leibwache untergebracht ist, und dort kenne ich mich nicht aus. Die Hoffnung, Teodrada einzuholen, hatte ich aufgegeben. Sie war mir entwischt. Ich überlegte, dass sie vermutlich dort war, wo Grifo sich aufhielt, und der hielt sich dort auf, wo Gerlindis auf ihn wartete. Doch das half mir auch nicht weiter, weil ich nicht wusste, wohin Gerlindis gegangen war.
    Ich fragte Diener, Mägde und Wachleute, ob sie Prinzessin Teodrada begegnet seien. Um Gerüchten vorzubeugen, fragte ich vorsichtshalber nicht auch noch nach Grifo. Zunächst hatte ich keinen Erfolg, dann aber konnte mir ein Wachmann helfen, gleich darauf ein zweiter, schließlich eine Magd. Die Spur, die sich daraus ergab, führte genau zu...
    Ich war entsetzt. Wie konnte Gerlindis mir das antun? Wäre sie mit Grifo in den Hof gegangen, auf die Mauern, in die Kapelle, in das Archiv, in irgendeinen ruhigen Winkel - ich
hätte nichts einzuwenden gehabt. Aber die Spur führte in jenen Gebäudeteil, den ich neulich aufgesucht hatte: zu Gerolds und Grifos Gemächern.
    Ich hätte sie für klüger gehalten, auch für beherrschter. Konnte man als unverheiratete Frau eine größere Torheit begehen, als sich mit dem Mann, den man bewunderte, in seinem Gemach zu treffen? Sie musste doch wissen, welche Gefahren dort lauerten, und damit meine ich nicht nur die Begehrlichkeiten des Mannes, sondern auch die

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