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Die Giftmeisterin

Titel: Die Giftmeisterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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nun mit Gerold? Warum kommt Ihr mit dem Brief zu mir?«
    Â»Ich hätte ihn mir tatsächlich lieber von meinem Vater vorlesen lassen - dann wäre es unter Männern geblieben, Ihr versteht? Es ist mir ein bisschen peinlich, hier bei Euch... Aber er war nicht in seinem Zimmer, als ich es in aller Frühe betrat. Sein Lager war unbenutzt. Ich habe ihn überall vergeblich gesucht, und beim König war er auch nicht, denn die Wachen sagten, der König schlafe noch. Üblicherweise erzählt er es mir vorher, wenn er noch vor Morgengrauen weggeht.«
    Â»Er wird schon wiederkommen.«
    Â»So lange kann ich nicht warten. Deshalb bin ich hier.«
    Nicht, dass ich nicht neugierig gewesen wäre auf das, was Gerlindis geschrieben hatte. Ich fühlte mich für sie verantwortlich. Trotzdem war mir unbehaglich zumute, denn Gerlindis war natürlich davon ausgegangen, dass Grifo, der nicht lesen konnte, sich an seinen Vater wenden würde.
Ganz bestimmt hatte sie nicht gewollt, dass Grifo den Brief zu mir trägt. Aber dieser junge Mann tat in der Liebe ja immer das Falsche.
    Â»Ihr werdet Gerlindis nicht verraten, dass ich Euch den Brief vorgelesen habe«, ermahnte ich Grifo.
    Â»Beim Grab meiner Mutter, Gerlindis wird nie etwas davon erfahren.«
    Ich entrollte das Pergament und las vor. Gleich beim ersten Wort stand Grifo auf, wandte sich ab und humpelte auf seinen Krücken einige Schritte von mir weg.
    Geliebter!
    Jeden Abend, bevor ich einschlafe, bist Du mein letzter Gedanke, und jeden Morgen, wenn ich aufwache, denke ich zuerst an Dich. Du begleitest mich den Tag über. Das hilft mir, denn was wäre das Leben ohne Dich? Meine Tante ist eine gute Freundin und mein Onkel ein gerechter Mann, aber sie ersetzen mir nicht das, was allein Du mir geben kannst. Ich warte auf Deine Worte, ich sehne Deine Stimme herbei, ich wiederhole im Geiste, was Du gesagt hast. Du bist ein ewiges Echo in mir in Wort und Bild, und wenn ich in Deiner Nähe bin, bin ich die glücklichste Frau auf Gottes Erde. Gerne wäre ich für immer in Deiner Nähe.
    Verstehe mich bitte nicht so, dass ich unsere heimlichen Begegnungen nicht schätzen würde. Aber sie sind viel zu kurz. Wenn du nur bald den Mut fändest, mit meinem Onkel zu sprechen!
    Dafür will ich bei jeder Messe zur Mutter Gottes beten.
    Gerlindis
    Meinen Respekt, dachte ich. Das waren wirklich schöne, freimütige und zugleich durchdachte Zeilen, die sowohl die Sanftheit als auch die Entschiedenheit von Gerlindis’ Charakter offenbarten. Selbstverständlich war schon der Brief an sich unschicklich, aber wenn man davon absah und ein Auge zudrückte - was ich gerne tat -, enthielt er nichts, wofür sie sich schämen müsste. Mit Ausnahme der »heimlichen Begegnungen« vielleicht. Es dürfte Gerlindis zunächst Überwindung gekostet haben, einen Brief an Grifo zu schreiben. Allerdings konnte ich mir auch vorstellen, dass sie während des Schreibens Gefallen daran gefunden hatte.
    Â»Damit wisst Ihr nun, woran Ihr seid«, sagte ich zu Grifo, der, noch immer von mir abgewandt, darauf wartete, dass Hitze und Röte sich verziehen würden.
    Â»Das war sehr mutig von ihr.«
    Â»Finde ich auch. Ihr beide würdet euch prächtig ergänzen.«
    Â 
    Â 
    Er sah mich an. »Weil ich mutig im Kriege bin und Gerlindis mutig in der Liebe.«
    Das war der erste gescheite Satz, den ich jemals von ihm gehört hatte. Und er hatte ihn ohne zu stammeln ausgesprochen.
    Â»Jetzt muss nur noch der unselige Verdacht ausgeräumt werden, ich hätte etwas mit Hugos Tod zu tun, dann kann ich tun, was - was - was Gerlindis schreibt, das ich tun soll - und was ich auch gerne tun will , wenn, ja, wenn...«
    Â»Dazu werde ich mich nicht äußern, Grifo. Ihr versteht, warum.«
    Â»Glaubt Ihr, ich könnte meinen eigenen Bruder töten? Glaubt Ihr, ich würde eine Frau ermorden? Und wie soll ich das mit diesen Krücken bewerkstelligt haben?«

    Ein grauenhafter Gedanke kam mir bei diesen Worten. Würde Gerlindis so weit gehen, sich von Grifo anstiften zu lassen, etwas zu tun, was sie sonst niemals tun würde? Ich dachte dabei weniger an körperliche Freizügigkeit als an ein Verbrechen aus Liebe. Wäre es denkbar, dass Gerlindis... Mir fiel ein Stein vom Herzen, als ich mich daran erinnerte, dass zu der Zeit, als Mathilda getötet worden war, Gerlindis in Bertas Beisein Kleider

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