Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Giftmeisterin

Titel: Die Giftmeisterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
Vom Netzwerk:
mich, als ich diese Fremde mit offenem, nassem, strohblondem und strohartigem Haar halbnackt an der Seite eines nackten Kindes davongehen sah. Aber für die Dauer eines Atemzuges wäre ich am liebsten sie gewesen.
    Â»Entzückend, oder nicht?«, rief Mathilda mir durch den Dampf zu. Sie hatte das Wort auf eine Art betont, die das genaue Gegenteil zum Ausdruck brachte.
    Â»Gersvind oder die kleine Prinzessin?«, fragte ich, mich dumm stellend.
    Â»Prinzessin!« Ein verächtlicher Seufzer machte weitere Erklärungen darüber, was Mathilda von Sächsinnen am Königshof hielt, unnötig.
    Ich wollte sie nicht verärgern und ging nicht darauf ein. Mit ein paar Schritten durch das warme Wasser bewegte ich mich auf sie zu, ließ mich neben ihr auf einem der Steinkuben nieder, die als Sitzbänke dienten, und lehnte mich gegen den Beckenrand.
    Â»Ihr mögt sie nicht«, stellte ich fest. »Dabei hat sie Euch nichts getan, oder?«
    Mathilda machte ein Gesicht, als strenge das Thema sie furchtbar an. »Nein, sie hat mir nichts getan«, antwortete
sie müde, legte den Kopf in den Nacken und schloss die Augen. »Sie gehört einfach nicht hierher, das ist alles. Fragt sie selbst. Sie würde das gewiss unterschreiben« - an dieser Stelle grinste sie -, »wenn sie schreiben könnte.«
    Ich nahm die gleiche Pose wie Mathilda ein. »Es gibt genügend Damen am Hof, die schreiben können und Euch gute Gesellschaft wären. Doch Ihr lasst niemanden an Euch heran.««
    Die unerwartete Wendung, die ich mit meinen deutlichen Worten eingeleitet hatte, brachten Mathilda dazu, ihre entspannte Haltung aufzugeben. »Ich bin zufrieden, so wie es ist.«
    Â»Das kann ich mir nicht denken. Wer so viel Bildung hat wie Ihr, möchte sie anwenden, und wer sich für so viele Dinge begeistern kann, möchte diese Begeisterung mit jemandem teilen.««
    Â»Mir fällt niemand ein, mit dem ich sie teilen könnte.«
    Auch das war deutlich, zumal sie mich dabei unverwandt angeblickt und mich damit auf einen Rang weit unter ihr verbannt hatte. Aber mir ging es nicht darum, Mathildas Freundin zu werden, sondern etwas über Hugo und Teodrada herauszubekommen, auf die sie angeblich eifersüchtig gewesen sein sollte.
    Â»Teodrada ist ein wenig einsam«, sagte ich. »Sie wäre gewiss eine gelehrige Schülerin für Euch.«
    Â»Dass ich nicht lache. Sie ist missgünstig und boshaft und wünscht mir den Aussatz an den Hals.«
    Das schien im Frauenhaus jede Frau über die andere zu denken. Ein bisschen kam es mir vor, wie die Büchse der Pandora zu öffnen, als ich sagte: »Dasselbe behauptet sie von Euch.««
    Mit diesem Satz hätte ich alles Mögliche auslösen können:
einen offenen Krieg im Frauenhaus, eine Blutfehde, sogar eine Staatsangelegenheit, falls der König schlichtend hätte eingreifen müssen. Doch ich hatte Mathilda richtig eingeschätzt. Sie stand über solch niedrigem Hader.
    Â»Darüber bin ich mir im Klaren«, sagte sie. »Teodrada ist ein Geschöpf von bisweilen bedauernswerter Einbildungskraft.«
    Dem war nicht zu widersprechen. »Sie hat nur deswegen diese schlechte Meinung über Euch, weil sie davon ausgeht, dass Ihr es gewesen seid, die vor einem halben Jahr Hugo denunzierte - den sie sehr mochte.««
    Die Erwähnung dieses Namens bewirkte, dass ein Anflug von Traurigkeit über Mathildas glattes, vornehmes Gesicht huschte. Auch ihre Stimme war verändert, als sie fragte: »Was wisst Ihr darüber?«
    Â»Was ich weiß, ist eine Mischung aus dem, was alle wissen, und aus dem, was Teodrada mir gesagt hat. Ich für meinen Teil glaube nicht, dass Ihr Hugo denunziert habt, denn ich halte Euch nicht für missgünstig. Es sei denn, natürlich, Ihr hättet Eurerseits ein Interesse an Hugo gehabt.««
    Erneut veränderte sich Mathildas Stimmlage, die nun von fast männlicher Festigkeit war. »Seid Ihr in Teodradas Auftrag hier?«
    Â»Nein.««
    Â»Stellt Ihr nur für Euch selbst diese Fragen?«
    Â»Ja, und für Hugo.«
    Sie sah mich eine Weile prüfend an. »Ich verstehe.«
    In diesem Moment betraten zwei Prinzessinnen das Bad, grüßten uns und entkleideten sich.
    Â»Kommt mit«, wisperte Mathilda mir zu, bevor sie aus dem Becken stieg.

15
    MATHILDAS GEMACH ZEUGTE von gutem Geschmack. Ich war bis dahin noch nie dort gewesen und

Weitere Kostenlose Bücher