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Die Giftmeisterin

Titel: Die Giftmeisterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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der Entdeckung?«
    Â»Gering. Das Gift stammt von jenseits des Euphrats. Der Krankheitsverlauf deutet zu keinem Zeitpunkt auf eine Vergiftung hin. Die Zunge schwillt nicht an, es finden keine Verfärbungen der Haut statt, es gibt kein Blut im Stuhl oder im Schleim.«
    Â 
    Â»Wer bist du, Fionee?«
    Â»Ich bin vieles. Ich bin auch Giftmeisterin.«

35
    VON DA AN trug ich den Tod mit mir herum, den ich nach Belieben austeilen konnte. Die Phiole war mir gewiss, ich holte sie immer wieder aus meinem Gewand hervor, betrachtete und befühlte sie, drückte sie an mich, vergewisserte mich ihrer Anwesenheit, so als fürchte ich, sie sei das Erzeugnis meiner Einbildung. Endlich hatte ich, wonach ich seit Tagen verlangte, ohne es mir letztendlich eingestanden zu haben. Zwischen dem Wunsch, jemanden tot zu sehen, und dem Plan, jemanden zu töten, tut sich ein Abgrund auf, den zu überwinden meiner Meinung nach den Wenigsten gelingt. Zu viel spricht dagegen: die Angst vor dem Absturz, der Schwindel angesichts solchen Wahnsinns, der Zweifel, ob nicht ein anderer Weg zum Ziel führt, die Gewohnheit des sicheren Bodens unter den Füßen... Ich hatte den Abgrund überwunden. Mit meiner Phiole hielt ich den Plan in der Hand.
    Â 
    Es drängte mich zu Emmas Haus. Von der Abenddämmerung grau umfangen, aus dem Rauchfang qualmend und mit einem schwachen Licht, das durch einen Fensterladen nach draußen drang, strahlte es etwas Heimeliges und Friedliches aus, was mich jedoch in keiner Weise besänftigte. Emma musste sterben, damit Arnulf und ich zusammenleben konnten.
    Sollte ich es sofort tun?

    Wieso nicht?
    Die Abendmesse hatte begonnen, die Dunkelheit setzte ein, niemand hatte mich zu ihrem Haus gehen sehen.
    Natürlich stellte sich mir die Frage, wie ich die Tat begehen sollte, ohne dass andere Menschen in Mitleidenschaft gezogen würden, schon gar nicht Arnulf, aber auch sonst niemand. Fionee hatte mir überdies eingeschärft, der gesamte Inhalt der Phiole müsse verabreicht werden, ansonsten könne es passieren, dass die Wirkung nicht tödlich sei.
    Das Einfachste wäre ein Becher Wein. Emma würde jedoch misstrauisch werden, wenn ich sie bäte, mit mir einen Abend zu zweit zu verbringen. Nach dem ersten Anschlag auf mein Leben hatte sie sich noch in Hoffnung wiegen können, ich würde die Verletzung meines Pferdes nicht bemerken. Doch die zweite Attacke war unmissverständlich, und Emma würde sich gewiss vor mir in Acht nehmen. Rechnete sie damit, dass ich einen Gegenschlag vorbereitete? Oder glaubte sie, ich baue ausschließlich auf Arnulf, um mich zu wehren?
    Je schneller ich zur Tat schritt, desto größer war meine Aussicht auf Erfolg.
    Leise betrat ich Emmas Haus. Ich hatte keine Ahnung, wie ich das Gift einsetzen würde, und hoffte auf irgendeine Gelegenheit. Sogleich hörte ich Stimmen. Meine erste Vermutung war, dass Arnulf bei Emma war. In diesem Fall hätte ich das Haus sofort verlassen. Doch ich hörte eine zweite Frauenstimme, und am Dialekt erkannte ich, um wen es sich bei der Besucherin handelte, noch bevor ich sie sah.
    Auf leisen Sohlen schlich ich weiter. Die Kammern des Hauses waren klein, seine Konstruktion verschachtelt. Das kam mir entgegen. Ein Haus mit einer einzigen großen Wohnhalle samt Herd und Ofen hätte mir mein Vorhaben
erschwert. Und noch ein anderer Umstand bot mir einen Vorteil, gab es doch im Inneren des Hauses keine Türen, die die Kammern voneinander trennten, sondern nur Vorhänge. Der Vorhang, auf den es ganz besonders ankam, war zudem zu einem Drittel aufgezogen, sodass es mir gelang, einen Blick in die Kammer zu werfen, in der gesprochen wurde.
    Da saß sie, Emma, und ihr gegenüber Gersvind, die Sächsin.
    Â 
    Was hatten die beiden miteinander zu reden? Was verband sie? Ich hatte sie schon ein paarmal bei öffentlichen Anlässen zusammen gesehen, hätte jedoch nie gedacht, dass sie freundschaftlichen Umgang miteinander pflegten. Dazu schienen sie mir zu verschieden zu sein. Emma, die Alemannin aus Konstanz, und Gersvind, die in einem sächsischen Palisadendorf aufgewachsen war: Christin die eine, halbe Heidin die andere; Emma die schwarze, lockende Schönheit, Gersvind die herbe Wilde. Sie waren beide Konkubinen, und beide hatten sie Töchter ungefähr im selben Alter - andere Gemeinsamkeiten erkannte ich nicht.
    Â 
    Ich konnte die Worte nicht verstehen, die sie wechselten,

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