Die Giftmeisterin
Teodrada - falls es eine solche gegeben hatte. Es war wirklich zu dumm, dass ich am Tag zuvor, als Gerold mich hatte aufsuchen wollen, nicht zu Hause gewesen war, denn dann wäre ich anschlieÃend zu Mathilda gegangen und hätte sie gefragt, ob Hugo ihr von den Enthüllungen seines Vaters erzählt hatte. Vermutlich war es so. Ich erinnerte mich daran, dass ich während des Gesprächs mit ihr ein einziges Mal das Gefühl gehabt
hatte, dass sie mich anlog, und zwar bei der Frage von Hugos Trunkenheit. Mathilda hatte - so wie ich eben - die Trunkenheit auf seine Enttäuschung wegen der Entscheidung des Königs geschoben. Aber vielleicht wurde ihm alles zusammen zu viel: die königliche Rüge, die beendete Laufbahn, die plötzliche Kenntnis davon, ein Bastard zu sein... Vielleicht noch etwas anderes, das noch nicht ans Licht gekommen war? Mathilda war tot, ich konnte sie nicht mehr fragen.
»Habt Ihr dem König von Hugos Herkunft erzählt?«, fragte ich.
»Gott bewahre!«
»Und Grifo?«
»Auf keinen Fall! Das hätte nur böses Blut gegeben. Zum einen hätte Grifo vielleicht angefangen, an seiner eigenen Herkunft zu zweifeln...«
Gerold schwieg plötzlich. Ich wusste, warum.
»Und zum anderen«, ergänzte ich, »hätte Grifo sein Wissen um Hugos Herkunft irgendwann gegen ihn verwenden können.«
»Die beiden haben sich stets geachtet.«
»Sie sind sich bisher nur deshalb nie in die Quere gekommen, weil sie stets auf verschiedenen Kriegsschauplätzen und für unterschiedliche Aufgaben eingesetzt waren. Aber hier in der Pfalz, eng beisammen und um die Gunst des Königs werbend, waren sie Rivalen.«
Gerold widersprach nicht. Ich hatte nicht vor, in dieser Wunde zu stochern, und wechselte das Thema.
»Ãber eines haben wir noch nicht gesprochen«, sagte ich und war verwundert, als Gerold mich plötzlich ein wenig ängstlich anblickte. Ahnte er meine nächste Frage?
»Mit wem ist Eure Gemahlin damals eine ehebrecherische
Beziehung eingegangen? Oder mit anderen Worten: Wer ist Hugos Vater?«
Gerold sah mich an. Er schluckte und antwortete mit heiserer Stimme: »Euer Gemahl, Gräfin.«
40
»MEIN GESPRÃCH MIT Eurem Gemahl fand am Tag nach meinem Streit mit Hugo statt, also im Sommer. Arnulf hat es mir gegenüber unumwunden zugegeben, er hat sich bei mir entschuldigt, ich habe die Entschuldigung angenommen, denn die Buhlschaft ist mehr als vierundzwanzig Jahre her. Nach dem Tod meiner Gemahlin stellte ich Arnulf nicht zur Rede, weil das bedeutet hätte, dass Hugo das Geheimnis erfährt, und als er es schlieÃlich erfuhr, war all mein Zorn längst verraucht. Ich mochte keinen Unfrieden stiften. Seien wir auÃerdem ehrlich: In einem Zweikampf gegen Arnulf wäre ich hoffnungslos unterlegen. Nennt mich meinetwegen einen Feigling, aber es war die Vernunft - und eine gewisse Altersklugheit -, die mich davon abhielt, einen Skandal heraufzubeschwören.«
Da ich schwieg, räusperte Gerold sich und fuhr in einfühlsamem Tonfall fort: »Arnulf war natürlich überrascht. Ich habe ihm die Entscheidung überlassen, ob und wann er sich Hugo als Vater offenbart, und er sagte, das müsse er reiflich überdenken angesichts der Konsequenzen, die sich daraus für ihn ergäben. Sicherlich dachte er dabei an Euch, Gräfin. Das verstand ich gut. Als jedoch Hugo bald darauf anfing, sich im Dienst zu betrinken und um alles zu bringen, was er sich aufgebaut hatte, drängte ich Arnulf, seinem Sohn zu helfen, indem er ihm einen neuen Halt gäbe. Er sollte die Vaterschaft gegenüber Hugo anerkennen,
sich mit ihm aussprechen und ihm zu neuem Stolz verhelfen.«
Da ich noch immer schwieg und mittlerweile sogar die Augen geschlossen hatte, wurde Gerold unruhig. »Aber dann, als Arnulf und ich Hugo alles erklärten, passierte etwas Unerwartetes. Hugo brach in schallendes Gelächter aus, er sagte, er scheiÃe auf den Kram, dann ging er fort. Wir sprachen nie wieder darüber. In den nächsten Monaten entfremdeten wir uns mehr und mehr.«
Ich schwieg.
»Habt Ihr noch Fragen an mich, Gräfin?«
Ich versuchte zu sprechen, aber es gelang mir nicht.
»War es - war es richtig, Euch davon zu erzählen? Ich weiÃ, dass ich ein Unglücksbote bin, aber ich glaubte... In den letzten Tagen bin ich Euch... seid Ihr mir... Ich fand, Ihr solltet es erfahren.«
»Ich
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