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Die Giftmeisterin

Titel: Die Giftmeisterin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Walz
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Beziehung.«
    Gerold mied den Blickkontakt zu mir. Beschämt sah er zu Boden, denn obwohl er selbst sich nichts hatte zuschulden kommen lassen, war er in seiner Ehre gekränkt. Umso höher bewertete ich es, dass er sich mir offenbarte.
    Â»Sie nahm mir das Versprechen ab, dass Hugo niemals davon erfahren sollte, dass er ein Bastard war, und ich versprach es gern, kam es doch meinen eigenen Wünschen entgegen. Ihr wisst, Gräfin, dass ich meine Gemahlin sehr - dass sie mir viel bedeutet hat, und ich wollte nicht, dass ein einziger Fehler von ihr unsere Familie zerreißt. Hugo blieb mein Sohn, auch wenn er es von Bluts wegen nicht war. Jahrelang behielt ich das Geheimnis im Herzen. Aber dann... Als man Hugo ertappte, wie er sich im Frauenhaus herumtrieb, stellte ich ihn zur Rede. Ein Wort gab das andere, wir stritten, und da - passierte es. In einem Moment des Zorns sagte ich ihm, dass er nicht mein Sohn sei. Meine Reue, die schlagartig einsetzte, kam zu spät.«
    Gerold stützte vornübergebeugt seinen Kopf auf die Handballen.
    Â»Hugo war danach - ich kann es kaum erklären. Für ihn brach eine Welt zusammen. Und wem sollte er Vorwürfe machen? Seine Mutter war tot, und ich war unschuldig an der Misere. Er hatte niemanden, gegen den er seinen Ärger und seine Enttäuschung richten konnte. Ich glaube, das war der Grund, weshalb er sich in letzter Zeit so häufig betrank. Er wurde zu dem unzuverlässigen Mann, den wir in seinen letzten Monaten erlebt haben. Das ist die Schuld, die ich trage.«

    Â»Die Wahrheit ist göttlicher Natur. Kann die Wahrheit zu sagen also jemals eine Schuld sein?«
    Gerold sah mich an. »Ja, Gräfin, wenn es sich um eine nutzlose, ganz und gar schadvolle Wahrheit handelt... Die Wahrheit, die ich Hugo offenbarte, brachte nichts als Schmerz, und Hugo ging an ihr zugrunde. Was ist daran göttlich? Gar nichts. Ich habe meinen Fehler gutzumachen versucht, habe Hugo gesagt, es müsse sich nichts ändern zwischen uns, habe ihn meinen Sohn und mich seinen Vater genannt - es half nichts. Wir haben ja gesehen, dass es nichts half. Ein Wort, das einmal gesprochen wurde, lässt sich nicht zurücknehmen, und ein enthülltes Geheimnis bleibt auf ewig aufgedeckt.«
    Da Gerold lange schwieg, fragte ich schließlich: »Wie viel Zeit verging von dem Tag an, an dem Ihr ihm das Geheimnis enthüllt hattet, bis zu dem Tag, als er sich zum ersten Mal betrank?«
    Â»Ich weiß es nicht.«
    Â»Wenigstens ungefähr.«
    Â»Drei Wochen, vier Wochen - ist das wichtig?«
    Â»Immerhin hat er drei Wochen lang damit leben können, nicht Euer Sohn zu sein. Möglicherweise hat ihn die Rüge des Königs wegen seines Betretens des Frauenhauses weit mehr getroffen. Sie erfolgte doch ungefähr zur selben Zeit, nicht wahr?«
    Â»Ja, schon... Ihr meint...«
    Â»Es ist nicht gesagt, dass er trank, weil er ein Bastard war.«
    Â»Aber auszuschließen ist es nicht.«
    Â»Nicht völlig«, sagte ich. »Aber da seine ehebrecherische Herkunft nicht öffentlich wurde, hatte er wenig Grund zur Verzweiflung - zumal Ihr ihm Eure geistige Vaterschaft versichert
habt. Wann hat der König erstmals Zweifel daran geäußert, dass Hugo der richtige Mann für die Nachfolge als Befehlshaber der Leibwache wäre?«
    Â»Das war schon am Tag, nachdem man ihn im Frauenhaus erwischt hat.«
    Â»Also zur selben Zeit, als Hugo Kenntnis davon erlangte, ein Bastard zu sein.«
    Gerold senkte den Kopf. »Leider. Der König sagte, er bedaure, mir mitteilen zu müssen, dass er sich Hugo nicht länger für einen so wichtigen Posten vorstellen könne. Deswegen geriet ich gegenüber Hugo so in Rage. Er hatte sich völlig unnötig um eine schnelle Karriere gebracht.«
    Â»Hugo erfuhr also von der Entscheidung des Königs?«
    Â»Ja, ich teilte sie ihm mit. Aber das hätte er sowieso erfahren.«
    Ich dachte nach. »Mein Eindruck ist«, sagte ich nicht ganz aufrichtig, »dass Hugo nach und nach begriff, welchen Fehler er begangen hatte, als er ins Frauenhaus gegangen war, und deswegen fing er an, sich regelmäßig zu betrinken.«
    Ich wollte Gerold trösten, war mir jedoch unsicher, ob das, was ich zum Trost sagte, auch tatsächlich stimmte. Zu bereuen, ins Frauenhaus gegangen zu sein, hätte für Hugo bedeutet, die Freundschaft mit Mathilda zu bereuen beziehungsweise die Zuneigung für

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