Die Gildal Saga (Die Gildal Saga (Sammelband)) (German Edition)
zu begierig zu wirken.
Luther lacht inwendig. Er wusste genau, was sich das Mädchen dachte. Er konnte es daran erkennen, wie sie verstohlen auf seinen Mund starrte. Sie erwartete einen Kuss zum Ausgleich dafür, dass sie dachte, sie hätte ihm die Berührung ihrer Lippen aufgezwungen. Aber das war nicht direkt Luthers Plan. Obwohl er die Vorstellung durchaus mochte, nein, begrüßen würde. Aber wenn er sich das Mädchen so ansah, hatte er nicht das Gefühl, dass ein Kuss eine Strafe für sie sein würde. Und der Sinn des Ganzen bestand ja darin, dass sie nicht mehr alleine das Lager verließ und sich in Gefahr brachte.
„Mal sehen, wann ich einen günstigen Zeitpunkt dafür finde, Gerechtigkeit zu üben“, ließ Luther Fiona völlig in der Luft hängen. Dann befahl er ihr, in ihrem Versteck zu bleiben, und ließ sie alleine.
Es war nicht so, dass er eine andere Aufgabe wahrnehmen wollte, als die, Fiona zu bewachen. Aber er wollte sie dazu erziehen, auf das zu hören, was er sagte. Und tatsächlich blieb sie unter dem Baum, bis er einige Stunden später wieder zurückkam.
Allerdings verriet er ihr nicht, dass er ihren Unterschlupf die ganze Zeit im Auge behalten hatte. Und um den Bogen nicht zu überspannen, ließ er auch einige ihrer Leute zu ihr, die im Feuer der Kohlenpfanne versuchten, das erbeutete Wild vom Vortag zu verarbeiten. Nach einem kurzen Ausflug zu dem Ort, den Fiona schon am Morgen aufgesucht hatte, ließ Luther sie bis zum Einbruch der Dämmerung erneut alleine.
„Ich sehe, du kannst ein richtig braves Mädchen sein, wenn man dir die richtige Strafe in Aussicht stellt“, lobte Luther zufrieden, nahm ihr Kinn in seine Hand und streifte kurz mit seinem Mund ihre Lippen.
Fiona hatte keine Ahnung, was los war. Diese flüchtige Berührung war seine Rache? Und sie hatte sich den ganzen Tag auf dieses Ereignis gefreut... ehm davor gefürchtet!
„Dann sind wir jetzt quitt?“, wollte Fiona leicht enttäuscht wissen.
„Wie kommst du darauf?“, schüttelte Luther den Kopf. „Du musst noch eine ganze Menge lernen. Ich will mir sicher sein, dass du genau meinen Anweisungen folgst... wenn wir in einen Kampf verwickelt werden.“
Fionas wildes Herzklopfen bei den Worten du musst noch eine ganze Menge lernen , erstarb bei dem, was Luther an diesen Satz anhängte. Dieser Tag war eine Lektion in Gehorsam? Aber was sollte dann der Kuss? Auch diese Frage beantwortete Luther, obwohl Fiona sie nicht laut gestellt hatte.
„Wenn du deine Aufgabe gut machst, so wie heute, dann darfst du mich auch noch einmal küssen!“
Das war die Dreistigkeit schlechthin! Fiona hatte nicht vor, das auf sich sitzen zu lassen. Was dachte sich dieser Ritter? Dass sein Angebot ein Ansporn für sie war, ihm zu gehorchen? Fiona würde sich nicht weiter so beleidigen lassen. Sie versetzte diesem selbstgefällig grinsenden Mann einen kräftigen Schubs, dass er ins Schwanken geriet. Dann versuchte sie an ihm vorbei, den Unterschlupf zu verlassen.
Ein sinnloses Unterfangen, da sich Luther so leicht nicht beiseite stoßen ließ. Er fing Fiona ein und drückte sie an seine Brust. Und dann küsste er sie, dass ihr Hören und Sehen verging.
* * *
Hätte Fiona in einem Bett schlafen können, hätte sie sich ganz sicher von einer Seite auf die andere gedreht, so wütend und frustriert war sie. Wie konnte sich dieser Ritter erlauben, seine Befehle ihr gegenüber, auf diese Weise durchzusetzen? Sie war hier diejenige, die sagte, was zu tun war! Es war ihre Burg, die gerettet werden musste und es war sie, die den Ritter für diese Aufgabe angeheuert hatte. Also bestimmte auch sie, was getan werden musste!
Sie würde ihm einfach sagen, er könne gehen, wenn er sich ihr nicht unterordnete. Und sie würde sich bestimmt auch nicht noch einmal für diesen Kuss entschuldigen. Diese Verfehlung hatte sie schon auf Heller und Pfennig zurückgezahlt.
Überhaupt konnte Fiona nicht verstehen, warum dieser Ritter einen Kuss benutzte, um sie zu bestrafen und einen anderen Kuss, um sie zu loben. Total verrückt! Genauso musste es sein. Sir Luther war total verrückt!
Wenn sie da nur an die Sache mit ihrem Messer dachte. Wenn er es ihr gab, wollte er um sie werben und wenn sie es sich einfach nahm, dann wären sie plötzlich verlobt. Total durchgeknallt, genau wie seine Küsse von vorhin. Ein sanfter Kuss, als Lob, ein feuriger Kuss, als Strafe. Warum benutzte er ein und dieselbe Sache dazu, dass es Strafe oder Bestätigung war? Wie gesagt,
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