Die Gildal Saga (Die Gildal Saga (Sammelband)) (German Edition)
schwer zu erraten, wer ihm damit seinen Unmut spüren lassen wollte. Denn er blickte in sehr, sehr wütende braune Augen. Und er fühlte angespannte Schultermuskeln unter seinen Handflächen.
Es war nicht schwer, sich daran zu erinnern, wie es so weit gekommen war, dass dieses, inzwischen sehr zornige Mädchen, in seinen Armen lag. Denn er hatte nur eine Möglichkeit gesehen, sie zu wärmen.
Als er am Ende ihres Gespräches in der vergangenen Nacht, zu ihr gegangen war, hatte sie im Schlaf so sehr gezittert, dass er Angst gehabt hatte, sie könnte erfrieren oder wegen der Kälte ernsthaft krank werden. Eine Winternacht im Freien war nicht so leicht zu überstehen. Vor allem nicht, wenn man schon seit Tagen nicht mehr die Gelegenheit hatte, sich richtig aufzuwärmen. Darum blieb Luther nur eines, was er tun konnte, sie mit seiner Körperwärme warmzuhalten. Das hatte ganz offensichtlich so gut geklappt, dass er selbst davon profitierte. Dann durch die geteilte Wärme hatte auch er ausgesprochen gut geschlafen. Und dieser tiefe Schlaf, war ihm jetzt zum Verhängnis geworden.
„Ihr seid ein noch schlimmerer Wüstling, als ich gedacht habe“, schimpfte Fiona und wollte sich aus Luthers Armen befreien.
Als Wüstling beschimpft zu werden, brachte Luther auf die Idee, dass er sich auch gleich so benehmen konnte. Ein süßer schneller Kuss auf Fionas Lippen, entschädigte ihn für die Anfeindung.
„Ich denke, einem Wüstling steht ein Kuss von der Dame zu, mit der er eine Nacht verbracht hat!“
Diese dreiste Behauptung machten Fiona sprachlos. Und als sich Luther geschwind von ihr löste und aufsprang, erschauderte sie. Die angenehme Wärme, die sie eben noch gespürt hatte, war von Luther ausgegangen. Auch wenn er ein Wüstling war, er hatte sie zumindest warmgehalten.
„Und wenn wir schon dabei sind, du weißt doch, dass dein Verhalten immer eine Reaktion meinerseits nach sich zieht“, erinnerte Luther sie.
„Was unterstellt Ihr mir dieses Mal für ein Fehlverhalten?“, fragte Fiona genervt.
„Du hast mich angelogen, aber vielleicht möchtest du das jetzt ja in Ordnung bringen?“ Die freundlich formulierte Frage täuschte nicht darüber hinweg, dass er ihr eine weitere Lüge nicht durchgehen lassen würde.
Fiona war nicht ängstlich, aber Luthers Art der Bestrafung, wirkte auf sie so verwirrend und dazu viel zu angenehm, als dass sie wirklich damit klargekommen wäre. Darum lenkte sie lieber ein.
„Worum ging es gleich noch mal?“
„Um dein Haar und deine Kleidung“, gab Luther ihr eine Gedächtnisstütze.
„Das Erste war ein Unfall und das Zweite, war wirklich weil es praktisch ist.“ Sie hoffte diese Information würde Luther genügen. Aber er fragte natürlich nach Einzelheiten.
„Was für ein Unfall und wofür ist es praktisch?“
Natürlich konnte er die Sache nicht auf sich beruhen lassen; zu Fionas Leidwesen.
„Habt Ihr Euch schon einmal mit einem Kleid von der Burgmauer abgeseilt? Ich schon, und ich kann Euch sagen, dass das nicht eben einfach ist.“ Diese Erklärung war leicht, die andere schon etwas schwerer. „Meine Haare sind einem kleinen Feuer zum Opfer gefallen“, versuchte Fiona diese Tatsache so harmlos wie möglich klingen zu lassen. Aber damit kam sie bei Luther nicht sehr weit.
„Was für ein Feuer?“
„Im Pferdestall war eine Öllampe umgefallen. Und ich konnte schlecht die Pferde dort umkommen lassen.“
Hätte er sich so etwas nicht denken können? Dieses Mädchen war zu wagemutig und zu sehr davon überzeugt, dass sie sich um alles selbst kümmern musste. Hätte er sich nicht in ein weniger kämpferisches Mädchen verlieben können?
Luther fühlte sich, als ob ihn gerade jemand mit aller Kraft in den Bauch getreten hätte. Das hatte er sich eben nicht gedacht! Er hatte sich gerade nicht gedacht, das dieses Mädchen, das da vor im stand, sein Mädchen war!
9
Für Luther verlief dieser Tag total beschissen. Nichts als Schwierigkeiten türmten sich vor ihm auf. Er war von der Idee, nein, von der Erkenntnis, die ihn so unerwartet überfallen hatte, so geschockt, dass er Fiona einfach stehen ließ. Nicht einmal eine Warnung, das Lager nicht zu verlassen, brachte er noch über seine Lippen.
Um sich nicht mit dem beschäftigen zu müssen, was einfach nicht sein konnte, machte er sich auf zur Burg. Vielleicht würde er ja jemanden begegnen, dem er die Zähne einschlagen konnte. Aber diese Hoffnung erfüllte sich leider nicht. Nur die Späher Konrad,
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