Die Gildal Saga (Die Gildal Saga (Sammelband)) (German Edition)
die Annahme zuließ, dass sie sich hier wirklich mit jemanden treffen wollte. Aber ihre Antwort überraschte ihn dann doch.
„Ich habe gesehen, wie Ihr die Festung verlassen habt!“
„Ihr seid mir gefolgt?“
Das hatte Thad nicht erwartet. Er drehte sich zurück auf den Rücken und starrte in den Himmel. Hatte Thomas nicht genügend Eindruck hinterlassen? Obwohl, wenn sie nichts davon wusste, dass sie Drillinge waren, dann konnte er auch zu viel Eindruck hinterlassen haben!
Flora fühlte sich ein kleines bisschen unwohl. War sie zu dreist, einem Ritter zu gestehen, dass sie ihm gefolgt war? Ganz sicher! Sie war zu aufdringlich! Aber sie hörte Thad so gerne zu. Er hatte so eine angenehme Stimme. Und wie er von den Dingen berichtete, die er als Heiler erlebte, war ausgesprochen faszinierend.
Aber es sah wohl ganz danach aus, als hätte ihre Ehrlichkeit ihn überrascht. Nein, geschockt, vielleicht auch abgestoßen. Aber was sollte sie tun? Sie hatte keine Ahnung, wie man einen Mann dazu brachte, sich als Galan oder Bewerber für einen zu interessieren.
Flora warf einen vorsichtigen Blick auf den Ritter, der da im Moos lag. Sie war sich nicht sicher, was sie in seinem Gesicht erkennen konnte. Darum ging sie einen kleinen Schritt näher auf ihn zu. Jetzt stand sie fast schon neben seiner Schulter. Doch aus der Nähe wirkte sein Gesichtsausdruck auch nicht vielversprechender. Darum war es wohl das Beste, diese peinliche Situation so schnell wie möglich zu beenden.
„Verzeiht!“
Nur ein Wort der Entschuldigung, das musste reichen, dann wollte Flora den Ritter wieder sich selbst überlassen. Doch ihr erster Schritt, weg von ihm, wurde bereits durch eine Hand gestoppt, die sich um ihren rechten Knöchel schlang. Und ein Blick über die Schulter zeigte ihr, dass sich Thad blitzschnell aufgesetzt hatte, um sie noch zu fassen zu bekommen.
„Wohin so schnell, Lady Flo?“
Thad machte keine Anstalten, den erbeuteten Knöchel wieder freizugeben.
„Findet Ihr es vielleicht unterhaltsamer, mit mir zu sprechen, als dem Lautenspiel zu lauschen?“
Eine für Flora vollkommen unverständliche Frage. Aber das war nicht das Einzige, was sie verwirrte. Auch das Verhalten des Ritters machte für sie keinen Sinn. War es ihm lästig, dass sie da war?
„Es tut mir leid, dass ich Euch gestört habe. Bitte gebt meinen Knöchel frei.“
Flora versuchte, diesen Teil ihres Körpers an sich zu ziehen, verlor aber durch Thads Gegenzug das Gleichgewicht und fiel ihm praktisch in die Arme. Der Ritter lachte, während Flora hektisch versuchte, sich aus dieser misslichen Lage zu befreien. Aber weit kam sie dabei nicht, sondern blieb, dank ihres verschlungenen Rockes, ziemlich hilflos in Thads Schoß sitzen.
„Ich hätte nicht erwartet, dass Ihr die Heilkunst der Musik vorzieht. Aber wenn das so ist, werde ich diese Entscheidung nicht hinterfragen!“
Flora war so damit beschäftigt, alleine wieder hochzukommen, dass sie dieser Feststellung gar nicht richtig folgen konnte.
„Bitte, lasst mich aufstehen, bevor jemand uns in dieser unwürdigen Situation findet!“, flehte das Mädchen.
„Ihr findet, das sei eine unwürdige Situation, meine Lady? Ich glaube, da sind wir uns nicht ganz einig. Ich finde Eure Position eher vielversprechend!“, grinste Thad frech.
So viel Dreistigkeit sah ihm gar nicht ähnlich und rührte vor allem daher, weil er die Hoffnung vertrat, gegen einen seiner Brüder bei dieser Maid gewonnen zu haben. Und diesen Sieg wollte er natürlich auch auskosten.
Flora versuchte, Thad eine Ohrfeige zu verpassen. Scheiterte aber, da ihre Stellung es nicht zuließ, dass sie für einen Schlag den nötigen Schwung aufbrachte.
„Nicht doch!“, grinste Thad und fing ihre Hand mit seiner ein. Dann zog er sie an seine Lippen und hauchte einen Handkuss darauf.
Flora war von dieser zarten Geste wie erschlagen, oder eigentlich regelrecht betäubt. Darum bekam sie gar nicht richtig mit, dass er ihr nach diesem Akt ihre Hand wieder zurückgab. Dann erhob sich Thad mit ihr und stellte sie vorsichtig auf die Füße.
„So gerne ich auch noch mehr Zeit mit Euch hier verbringen würde, befürchte ich doch, wir müssen zurück zur Burg gehen. Leider kann ich mich nicht zu lange von dort fernhalten. Denn wenn Gillians Wehen einsetzten braucht sie mich.“
Flora nickte nur. Sie war nicht fähig, auch nur ein Wort von sich zu geben. Und sie hatte so das Gefühl, als ob sich daran nicht so schnell etwas ändern würde. Nicht
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